Die Juliette Society: Roman (German Edition)
Möglichstes, um sie dazu zu ermutigen, hier und jetzt eine von drei Optionen wahrzunehmen.
Busenblitzer. Pussyschau. Schwanzlutschen.
Wenn’s gut läuft, alles auf einmal.
Wenn’s schlecht läuft – und es soll nicht verschwiegen werden, dass es an den meisten Tagen schlecht läuft – gibt sich Bundy auch mit weniger zufrieden. Er gibt sich mit weniger zufrieden, weil weniger besser als gar nichts ist, und da ist Bundy nun wirklich nicht wählerisch. Wenn’s schlecht läuft, kriegt er, was in der Branche als Sneak Shot bekannt ist: ein Foto, das ohne das Wissen des Fotografierten geschossen wird. Ein Genre, in dem es eine ganze Reihe von Unterkategorien gibt: den Blusenverrutscher, den Rockhochrutscher, den Pussyschuss, den Nippelausbüchser, den Muschischlüpfer und vieles mehr.
Bundy scheint sich für den Simon Cowell des Internetpornos zu halten. Für einen Kurator der Erwachsenenunterhaltung, einen Svengali der Sextalente – denn so nennt er die Mädchen, die seinem dubiosen Charme erliegen: Talente .
Doch in Wirklichkeit treibt Bundy eher Folgendes:
Er erkauft sich durch sein umfangreiches Portfolio an Mädchen in expliziten Posen Kontakte und Beziehungen, Zugang zu Menschen, Orten und Dingen. Für ihn ist das eine Sache von Angebot und Nachfrage, die Logik des Marktes. Er ist ein echter Kapitalist.
Aber er hat viel zu viel Stolz und ein zu großes Ego, um sich selbst als Pornofuzzi zu bezeichnen. Bundy hält sich für einen Künstler. Einen furchtlosen Chronisten, der über Sex und den Singlemann – also sich selbst – in der modernen Welt berichtet.
In Wahrheit besteht jedoch eine tiefe Kluft zwischen dem, wofür Bundy sich hält, und dem, was er wirklich ist.
Er hält sich für einen professionellen Fotografen, ist aber nichts als ein Hobbyknipser.
In der Theorie ist er ein Paparazzo. In der Praxis ein Triebtäter mit einer Kamera.
Bundy nennt sich gern einen Internetunternehmer und Social-Media-Pionier.
Ich tendiere dazu, ihn einen armseligen Hipster zu nennen.
Sie hassen ihn jetzt schon?
Nicht so voreilig.
Anna erzählt mir, dass Bundy auch viele tolle Eigenschaften hat. Sie sind bloß nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Aber es gibt sie, wenn man hinter das schmierige Grinsen schaut, den lüsternen Blick und den extremen Zynismus in allem, was er tut. Weil er ein Freund von Anna ist, will ich ihn auch mögen. Gleichzeitig ist mir durchaus klar, dass Bundy genau die Art von Kerl ist, vor dem einen seine Mutter immer gewarnt hat, den sie wohl als »schlechten Umgang« bezeichnet hätte.
Zumindest gibt es bei solchen Typen keine Heuchelei. Das, was man sieht, bekommt man auch. Und auf jeden Fall ist Bundy sehr engagiert. Bloß womöglich für die ganz falschen Sachen.
Eines muss ich ihm lassen, es macht Spaß, mit ihm rumzuhängen. Man weiß nie, was als nächstes passieren wird und wo man unter Umständen landet oder mit wem.
Wir sind in einer Bar. Einem von Bundys Lieblingsläden. Das Bread & Butter, eine gewöhnliche Eckkneipe, die wie eine Suppenküche heißt. Der Boden ist dreckig, die Wände sind dreckig, zur Einrichtung gehören gesprungene Plastikstühle, angeschlagene Gläser und eine Toilette, bei der die Spülung nicht funktioniert; der über Jahre angehäufte Dreck wirkt authentisch auf Leute, die nicht authentisch sind – Leute nach Bundys Geschmack, die in dieses einstmals unprätentiöse Trinklokal eingefallen sind und es übernommen haben.
Das Bread & Butter wird von einem Typen betrieben, der bloß einen Vornamen besitzt: Sal, ein mürrischen Italo-Amerikaner und Kriegsveteran, der schon hier war, als das Lokal eröffnet wurde, und der abgrundtief hasst, wie sich das ganze Viertel verändert hat, besonders seine Kneipe. Also hat Sal beschlossen, dass er seine Gäste lieber beleidigt, anstatt ihnen Getränke auszuschenken. Er äußert sich abfällig über ihr Aussehen, ihr Benehmen, ihre Eltern. Wenn auch das noch nichts nützt, behauptet er sogar, sie wären das Resultat inzestuöser Beziehungen; alles nur, um eine Reaktion zu provozieren. Doch seine Gäste halten das für einen Teil des Flairs, was ihn nur noch wütender macht. Schließlich hat sich jedoch selbst Sal dem Unvermeidlichen gebeugt, weil er jetzt viel mehr Umsatz macht als je zuvor. Er scheffelt geradezu Geld, auch wenn er nicht versteht, warum, denn soweit er das beurteilen kann, hat keiner dieser jungen Leute einen Job.
Sal behandelt seine Gäste wie Scheiße, aber für Bundy hat er eine
Weitere Kostenlose Bücher