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Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Titel: Die Juliette Society: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sasha Grey
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wahres Ich kennenlernen sollen.
    »Bob hat uns eingeladen, ein Wochenende in seinem Haus zu verbringen«, sagt Jack und starrt weiter wie gebannt auf den Bildschirm, auf Bob.
    »Ach ja?«, erwidere ich überrascht, aber erfreut.
    »Ich dachte, wir könnten dort ein bisschen Zeit zusammen verbringen«, meint er.
    Ich fange innerlich zu strahlen an. Es klingt nach einem Friedensangebot, als wolle er uns noch eine Chance geben.
    »Das wäre schön – wann denn?«
    »Dieses Wochenende«, sagt er.
    Insgeheim freue ich mich sehr, denn es ist das Wochenende um den Columbus Day – ein langes Wochenende, der letzte Feiertag vor der Wahl – und wir können endlich mal wieder für ein paar Tage am Stück zusammen sein. Und dafür tue ich alles, auch wenn es bedeutet, dass ich vor seinem Chef die pflichtbewusste Freundin spielen muss.

18. Kapitel

    Auf dem Weg zu den DeVilles scheint es tatsächlich so, als würden Jack und ich all unseren Problemen entfliehen und einem neuen Horizont entgegenfahren. Ich möchte alles hinter mir lassen und noch mal neu beginnen. Ein paar Mal ertappe ich ihn sogar dabei, wie er mich von der Seite ansieht, wenn er glaubt, dass ich es nicht merke.
    Bob DeVille und seine Frau Gena leben in einem umwerfenden, weitläufigen Haus mit offenen Wohnbereichen auf mehreren Ebenen an einem Hang, umgeben von hektarweise Land. Von der Sonnenterrasse mit Swimmingpool überblickt man ein saftig-grünes Tal, durch das sich ein Fluss schlängelt, und in der Ferne sieht man die Berge. Dieses traumhafte Panorama scheint sich meilenweit zu erstrecken, und mit dem bloßen Auge sind weit und breit nur wenige andere Häuser zu erkennen.
    Als Bob uns kurz nach unserer Ankunft mit auf die Terrasse nimmt, um uns den Ausblick zu zeigen, bin ich überwältigt.
    »Hier möchte ich auch wohnen«, flüstere ich Jack zu.
    »Hier?«, fragt er.
    »An einem Ort genau wie diesem«, erwidere ich. »Nur du und ich und weit und breit nur tolle Aussicht.«
    »Ich schätze, dann sollte ich zusehen, dass etwas aus mir wird.« Er lächelt.
    Ich bezweifle nicht, dass er das schaffen wird, und ich will auf dem Weg dorthin an seiner Seite sein.
    »Was für ein unglaublicher Ort«, fahre ich fort. »Ich wusste ja, dass Bob reich ist, aber mir war nicht klar, dass er so reich ist.«
    »Er ist ziemlich gut im Geschäft«, meint Jack. »Einer der Besten. Er führt Prozesse für Ölfirmen.«
    Ich treffe Bob zum ersten Mal persönlich. Bisher kannte ich ihn nur von den riesigen Wahlkampfplakaten, mit denen die Front seines Kampagnenbüros gepflastert ist. Plakate, die aussehen wie Werbung für ein Hygieneprodukt. Geschönt bis zur Perfektion. Bob wirkt darauf markant und gut aussehend und smart. Als würde der Marlboro-Mann Werbung für Zahnpasta machen. Aber es ist alles bloß Image, denn in Wirklichkeit ist er überhaupt nicht wie die Person auf dem Plakat. Er ist so steif, dass er schon fast linkisch wirkt, und er ist ein bisschen tollpatschig, was ihn mir ein wenig sympathischer macht.
    Gena ist eine Südstaatenschönheit, anmutig und mit einem Auftreten, das nur das Produkt einer strengen Privatschulerziehung sein kann. Sie sieht aus wie ein glamouröses Relikt der Sixties; ihr blondes Haar ist zu einem Flip gestylt, als wäre er nie aus der Mode gekommen. Sie trägt einen türkisen Hosenanzug, wie man ihn immer an Hillary Clinton sieht, ein repräsentativer und zugleich eleganter Look.
    Vor dem Mittagessen sitzen Bob und Jack zusammen auf der Couch und führen ein Gespräch von Mann zu Mann, über Politik und den Zustand der Welt. Ich überfliege die Fotos auf dem Kaminsims, und mein Blick bleibt an einem alten Schwarz-Weiß-Foto von Gena hängen.
    Ich schätze, sie muss in meinem Alter gewesen sein, als dieses Foto gemacht wurde. Sie sieht aus wie Ingrid Bergman in Liebe ist stärker . Genauso schön, genauso elegant. Aber es sind ihre Augen, die mich anziehen, erfüllt von einer faszinierenden Sehnsucht und Wärme.
    »Was für schöne Augen«, murmle ich vor mich hin, als ich das Bild in die Hand nehme, ohne zu merken, dass Gena hinter mir steht.
    »Oh, danke«, sagt sie. »Bob sagt immer, dass es meine Augen waren, die ihm sein Herz gestohlen haben, und dass er mich heiraten musste, um es zurückzubekommen.«
    Und als sie das sagt, wandert mein Blick von dem Foto zu ihren tatsächlichen Augen, und ich merke, dass es nicht mehr die gleichen Augen sind. Genas Blick ist getrübt, als stehe sie unter zu vielen verschreibungspflichtigen

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