Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
Knochen festgebissen hat und auf keinen Fall mehr loslassen will. Sinjun riß die Geduld. »Die rissigen Steine ersetzen zu lassen, hat sehr wenig gekostet. Warum hast du das nicht längst machen lassen?«
    »Das geht dich überhaupt nichts an. Ich bin dir über mein Tun und Lassen keine Rechenschaft schuldig. Dies ist mein Haus, mein Schloß, und was du getan hast, war falsch.«
    »Ich bin deine Frau, und Vere Castle ist jetzt auch mein Zuhause. Ich bin dafür mitverantwortlich.«
    »Du bist nur das, was ich dir zu sein erlaube.«
    »Himmelherrgott, du bist wirklich ein Narr! Ich habe sehnlichst auf deine Rückkehr gewartet, aber du hast in fast drei Wochen kein Wort von dir hören lassen. Offenbar vergißt du völlig, daß du hier gewisse Pflichten hast — daß du beispielsweise für deine Kinder verantwortlich bist.«
    »Meine Kinder! Sie lehnen dich noch genauso ab wie ganz am Anfang, und dafür gibt es wahrscheinlich gute Gründe. Du hast gegen sie die Hand erhoben, stimmt's? Nur weil das ganze vermaledeite Geld dir gehört, maßt du dir das Recht an, meinen Platz einzunehmen, und offenbar hast du die Vorstellung, daß ein Mann ständig Befehle erteilen muß und wehrlose Kinder schlägt, wenn sie nicht sofort parieren.«
    Die Erstausgabe von Shakespeares Werken war natürlich zu wertvoll, um als Waffe herzuhalten. Sinjun wählte statt dessen einen dicken Band mit Predigten irgendeines obskuren Kirchenmannes aus dem sechzehnten Jahrhundert und schleuderte ihn mit aller Kraft nach ihrem Mann.
    Der Wälzer traf ihn mit solcher Wucht am Brustkorb, daß er fast das Gleichgewicht verlor. Er starrte sie völlig entgeistert an. Sie hatte ihn angegriffen! Und wenn sie nun ein Schwert zur Hand gehabt hätte?
    Er hatte sich gefreut, nach Hause zu kommen, wenigstens für ein, zwei Tage, er hatte sich auf das Wiedersehen mit seiner Frau gefreut, und sie griff ihn mit einem Buch an! Er hatte sich ausgemalt, wie sie alle harmonisch am großen Eßtisch säßen, die Kinder fröhlich plaudernd und lachend, ein Herz und eine Seele mit ihrer Stiefmutter. Statt dieser Idylle nun das! Er rieb sich die schmerzende Brust. Verdammt, das Recht war eindeutig auf seiner Seite. Sie hatte sich seine Rolle angemaßt, und das konnte er nicht dulden.
    »Ich glaube, ich werde dich im Schlafzimmer einsperren. Dann kannst du wenigstens kein Unheil mehr stiften.«
    Sie blickte ihm in die Augen, in diese herrlichen dunkelblauen Augen, die jetzt zornig funkelten. »Du willst mich also dafür bestrafen, daß ich versucht habe, eine Kinross zu werden?«
    »Eine echte Kinross würde niemals alle herumkommandieren, sondern auf die Gefühle anderer Rücksicht nehmen und ihrem Mann gehorchen. Nur weil du die reiche Erbin bist, darfst du dich noch lange nicht als Herr im Haus aufspielen.«
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, machte sie auf dem Absatz kehrt, und gleich darauf hörte er ihre leichten Schritte auf der renovierten Treppe.
    »So ein gottverdammter Mist!« knurrte er vor sich hin..
    Sinjun begab sich auf direktem Wege zu den Stallungen. Sie wünschte verzweifelt, daß Fanny hier wäre, aber bisher waren weder ihre Koffer und Truhen noch ihre Stute eingetroffen. Als Murdock der Bucklige ihr angespanntes bleiches Gesicht und ihre verstörten Augen sah, sattelte er rasch die Stute, die sie seit ihrer Ankunft ritt, ein grobknochiges rotbraunes Pferd namens Carrot.
    Sinjun trug kein Reitkostüm, aber das störte sie genausowenig wie die Tatsache, daß Murdock keinen Damensattel aufgelegt hatte. Sie packte die Stute bei der Mähne und schwang sich in den Sattel, wobei ihr die Röcke bis zu den Knien hochrutschten und die weißen Seidenstrümpfe und schwarzen Schuhe zum Vorschein kamen.
    Sie galoppierte davon und war bald nicht mehr zu sehen.
    »Herrlich! Sie ist endlich weg.«
    Colin starrte Tante Arleth an. »Was soll das heißen?«
    »Sie ist weggeritten, ohne ein Reitkostüm anzuziehen. Man konnte sogar ihre Strümpfe sehen. Ich habe sie von den Eßzimmerfenstern aus beobachtet.«
    »Wirst du ihr Geld behalten können, Colin?« erkundigte sich Serena, während sie durch die Halle tänzelte und sich in allen spiegelnden Flächen betrachtete.
    Ihm blieb keine Zeit zu antworten, denn in diesem Augenblick tauchte Murdock auf der Schwelle auf, die abgeschabte rote Mütze in der schwieligen Hand.
    »Ich mach mir 'n bißchen Sorgen, Mylord«, murmelte er.
    Colin fluchte so herzhaft und grob, daß der Bucklige ihn mißbilligend anstarrte, stürmte dann aber

Weitere Kostenlose Bücher