Die Jungfernbraut
Jene andere Sache will ich aber nicht. Du bist einfach viel zu groß.«
»Ich habe dir schon hundertmal gesagt, daß du davon keine Ahnung hast. Es ist geradezu zum Lachen, daß ein Mädchen, das so intelligent und gebildet ist wie du, in dieser Angelegenheit eine derartige Unwissenheit an den Tag legt. Ich werde mit dir schlafen, Joan, und ich werde dich in Besitz nehmen, denn so läuft die Vereinigung von Mann und Frau nun einmal ab, schon seit Adam und Eva im Paradies.«
»Also gut, wie ich sehe, bist du dazu fest entschlossen. Ich wollte ja auch nur die Lage überprüfen und schlage dir jetzt einen Kompromiß vor. Ein einziges Mal werde ich die Prozedur wohl ertragen können. Aber mehr als einmal ist einfach ausgeschlossen. Es wäre grausam von dir, darauf zu bestehen.«
Er mußte lachen, er konnte einfach nicht anders. O Gott, er hatte sie vermißt, diese verdammte Engländerin, und er hatte den unzweideutigen Einladungen mehrerer Damen in Edinburgh widerstanden. Nein, er hatte keine andere Frau angerührt, und er hatte viel an Joan gedacht, an ihre langen weißen Beine und noch mehr an ihre absolute Ehrlichkeit. Natürlich hatte er keine Sekunde lang geglaubt, daß sie jemals im Zorn die Hand gegen ein Kind erheben würde, nicht einmal gegen Dahling, die wirklich eine Nervensäge sondergleichen sein konnte.
»Nein, wir werden es richtig machen. Ich habe jetzt lange genug Enthaltsamkeit geübt, und ich werde dich nehmen, sooft ich will, und du wirst es genießen, Joan. Du brauchst mir nur zu vertrauen.«
Sie zuckte nicht mit der Wimper. »Du zwingst mich, alle Karten offen auf den Tisch zu legen, obwohl es mir peinlich ist.« Sie holte tief Luft und blickte ihm in die Augen. »Ich bin nicht schwanger, Colin.«
»Das finde ich gar nicht weiter schlimm, Joan, im Gegenteil. Wir müssen uns besser kennenlernen und mehr Verständnis füreinander aufbringen, bevor wir Kinder in die Welt setzen. Und du mußt vor allem lernen, was ich von dir als meiner Frau erwarte.«
»Nein, ich meine ... Ich bin in diesem Augenblick nicht schwanger.«
Seine Enttäuschung war so groß, daß er hätte weinen können, doch er sah noch einen winzigen Hoffnungsschimmer. »Hast du vielleicht schon letzte Woche gemerkt, daß du nicht schwanger bist?«
»Nein, erst jetzt, während unserer Unterhaltung.«
Seltsamerweise glaubte er ihr, und so blieb ihm nichts anderes übrig als herzhaft zu fluchen. »So ein gottverfluchter Mist!«
»Das sagen meine Brüder auch immer«, kicherte sie, »alle außer Tyson, dem frommen Kleriker.«
»Wem sagst du das?« knurrte er. »Dieses >gottverflucht< kam bei allen Angriffen deiner lieben Brüder auf mich vor.«
»Sie lieben mich eben.« Beide schwiegen eine Weile, und schließlich murmelte Sinjun: »Ja, es ist wirklich ein gottverfluchter Mist!«
»Komm her, damit ich dich wenigstens einmal küssen kann.«
Sie ging erwartungsvoll auf ihn zu, war dann aber ein wenig enttäuscht, weil er sich mit einem flüchtigen Kuß begnügte, während es sie nach leidenschaftlichen Küssen wie in der Hochzeitsnacht verlangte. Er schob sie etwas von sich weg, hielt sie aber sanft an den Oberarmen fest und spürte ihre weiche Haut unter den Fingern.
Den Blick unverwandt auf seinen Mund gerichtet, sagte sie: »Edinburgh ist nur einen halben Tag von hier entfernt.«
»Ja, ich weiß.«
»Du könntest alle paar Tage nach Hause kommen, Colin.«
»Ja, aber ich werde es nicht tun — nicht, bevor alles zu meiner voller Zufriedenheit erledigt ist.«
»Wo ist Robert MacPherson? Hast du mit seinem Vater gesprochen?«
»Ich habe keine Ahnung, wo Robbie sich zur Zeit aufhält. Vielleicht ist er mir hierher gefolgt. Aber ich halte es für wahrscheinlicher, daß er versuchen wird, mich in Edinburgh zur Strecke zu bringen. Bisher hat er allerdings nichts unternommen. Ich habe mit seinem Vater, dem alten Latham, gesprochen, und er versteht nicht, warum Robbie sich wie ein feiger Schuft aufführt. Na ja, warten wir ab, früher oder später wird er bei mir auftauchen.«
»Warum bringst du ihn nicht einfach um?«
Colin blinzelte. »Du bist eine Frau«, sagte er langsam. »Frauen sind angeblich sanft und verabscheuen Gewalt und Krieg. Willst du wirklich, daß ich ihn umbringe?«
Sie nickte nach kurzem Nachdenken. »Ja, dir bleibt vermutlich gar nichts anderes übrig. Ich will nicht in ständiger Furcht leben, daß er dich verletzen oder töten könnte, und er scheint gänzlich unberechenbar zu sein. Ja, du solltest ihn
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