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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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gemächlich die Auffahrt hinab, die etwas verbreitert und mit neuen Kieseln bestreut worden war — natürlich aufgrund der Versicherung, daß der Graf nach seiner Rückkehr alles bezahlen werde. Sinjun lächelte — sie hatte auch noch andere Aufträge erteilt, kaum daß Colin das Haus verlassen hatte. Drei der Pächterkaten bekamen neue Dächer. Für die Pächter mit kleinen Kindern hatte sie sieben Ziegen gekauft. Sie hatte Mr. Seton — der nie abgeneigt war, Nachbarn und Geschäftsleute mit seiner Wichtigkeit zu beeindrucken — nach Kinross geschickt, um Korn und dringend benötigte Ackergeräte zu besorgen. Mehrere Dutzend Küken waren gerecht unter den Pächtern verteilt worden. O ja, sie war sehr fleißig gewesen und hatte ihre Nase nach Herzenslust in alle möglichen Angelegenheiten gesteckt, und wenn Colin nicht bald nach Hause käme, könnte sie versucht sein, sogar einen neuen Hügel ans Schloß anbauen zu lassen. Die Näherin war schon dabei, Fahnen für die vier Burgtürme anzufertigen. Das Tartanmuster derer von Kinross war rot, dunkelgrün und schwarz. Sie wünschte, sie könnte Colin in einem Kilt sehen, aber nach der Schlacht von Culloden im Jahre 1746 waren sie verboten worden. Das war jammerschade, aber bald würden immerhin die Fahnen stolz im Wind wehen.
    Sinjun ließ Fanny den ganzen Weg bis zum Loch Leven galoppieren und lockerte dort die Zügel, damit die Stute sich am kalten Wasser laben konnte. Ihr Blick schweifte über die Lomond Hills im Osten, ödes und wildes Heideland. Sogar aus dieser Entfernung war das purpurrote Heidekraut zu sehen, das überall zwischen den Felsen wuchs. Im Westen erstreckte sich hingegen fruchtbares Ackerland, wogende Kornfelder, so weit das Auge reichte. Dies war ein Land der Gegensätze, ein Land von geradezu überwältigender Schönheit, und es war jetzt ihre Heimat.
    Sie tätschelte zärtlich Fannys schlanken Hals. »Ich bin eine Romantikerin, und du bist fett«, sagte sie und sog begierig die klare Luft ein, die nach Heidekraut, Disteln und Geißblatt duftete. »Du warst von jeher ein Vielfraß, und Douglas hat wohl nicht aufgepaßt, was? Mein liebes Mädchen, was du jetzt brauchst, ist ein guter Galopp!«
    »Das sage ich meinen Frauen auch manchmal.«
    Sinjun drehte sich langsam im Sattel um. Keine zwei Meter von ihr entfernt saß ein Mann auf einem prachtvollen rotbraunen Berber. Sie betrachtete den Fremden ruhig und sagte: »Seltsam, daß meine Stute nicht gewiehert hat, als Sie hier auftauchten.«
    Er runzelte die Stirn. Ihm hätte es gefallen, wenn sie Furcht oder wenigstens Überraschung gezeigt hätte. Aber vielleicht war sie schwer von Begriff und hatte seinen kleinen Scherz gar nicht verstanden.
    »Ihre Stute hat Sie nicht gewarnt, weil sie aus dem See trinkt, und dieses Wasser hat Zauberkräfte, wie man sagt, und Pferde trinken es, bis sie fast platzen.«
    »Dann sollte ich ihr wohl lieber Einhalt gebieten.« Sinjun zog sanft die Zügel an, bis Fanny widerwillig das Maul aus dem Wasser hob. »Wer sind Sie, Sir? Ein Nachbar?«
    »So ist es. Und Sie sind die neue Gräfin von Ashburnham.«
    Sie nickte.
    »Sie sind sehr hübsch. Ehrlich gesagt, hatte ich eine Hexe mit Karnickelzähnen erwartet, nachdem Sie ja eine blaublütige Erbin sind. Colin ist wirklich ein Glückspilz.«
    »Ich bin heilfroh, keine Hexe zu sein, denn dann hätte Colin mich nie geheiratet, selbst wenn ich die Königin von Saba gewesen wäre. Ob er sich indessen als Glückspilz fühlt, kann ich nicht sagen.«
    »Colin ist ein Narr. Keine Frau sollte etwas auf ihn geben.«
    Sie sah ihn sich jetzt genauer an. Er war groß, vielleicht sogar noch größer als Colin, obwohl man das bei einem Reiter nur schwer beurteilen konnte, und seine Kleidung war von bester Qualität und ausgezeichneter Paßform. Er war auffallend schlank, fast schon zartgliedrig, obwohl man das von einem Mann eigentlich nicht sagte, und er hatte eine hohe breite Stirn und dichtes, weiches blondes Haar. Seine Gesichtszüge waren zart, fast feminin, speziell die Mund- und Kinnpartie, und er hatte eine helle Haut und hellblaue Augen. Und dieser hübsche Mann sollte ein Bösewicht sein?
    »Wer sind Sie?« fragte sie sicherheitshalber.
    »Robert MacPherson.«
    »Das dachte ich mir schon.«
    »So? Nun, das macht die Sache einfacher. Was hat dieser Bastard über mich erzählt?«
    Sinjun schüttelte den Kopf. »Haben Sie versucht, Colin in London umzubringen?«
    Sie sah, daß das nicht der Fall war, denn seine überraschte

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