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Die Jungfrau Im Eis

Die Jungfrau Im Eis

Titel: Die Jungfrau Im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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nur ging... ja, sie hatte Bromfield sicher erreicht. Unbefleckt von Sünde, gewissenhaft, mutig - wer war in diesem Augenblick sicherer als Schwester Hilaria, eine unschuldige Seele, die geradewegs in den Himmel gekommen war?
    »Aber dann war da noch eine merkwürdige Sache«, sagte Druel. »Am nächsten Tag nämlich, als wir hier erzählten was geschehen war und diese Leute uns als gute Christen in ihre Häuser aufnahmen, kam ein junger Mann zu Fuß auf dem Weg, der von der Straße heraufführt, und erkundigte sich nach der Reisegesellschaft, die wir beherbergt hatten.
    Er fragte, ob irgendeiner von uns etwas von einer jungen Nonne aus Worcester wüßte, die in Begleitung zweier Geschwister aus adeliger Familie auf dem Weg nach Shrewsbury sei. Wir hatten unsere eigenen Sorgen, aber wir sagten ihm alles, was wir wußten, und daß sie uns schon vor dem Überfall verlassen hätten. Er hörte uns aufmerksam zu und zog dann weiter. Zuerst zu der Ruine meines Hofes, aber wohin dann, das weiß ich nicht.«
    »Und niemand hier kannte ihn?« fragte Beringar und sah die Umstehenden, die sich versammelt hatten, an. Inzwischen waren auch die Frauen herbeigekommen und hörten aufmerksam zu.
    »Nein, wir haben ihn nie gesehen«, antwortete der Gemeindevorsteher mit Bestimmtheit. »Wie sah er aus?«
    »Nun, er trug braune, handgesponnene Kleider und war wohl Bauer oder Schafhirte wie alle anderen hier auch. Nicht über dreißig Jahre, eher fünf-oder sechsundzwanzig. Er war größer als Ihr, Herr, aber von Eurer Statur, schlank und sehnig. Dunkle Augen, mit einem goldenen Fleck in der Mitte - wie bei einem Falken. Und unter der Kapuze hatte er schwarzes Haar.«
    Die Frauen waren näher herangetreten. Ihr Blick war ruhig, aber ihre Ohren waren gespitzt. Ihr Interesse an dem Fremden war um so deutlicher, als keine von ihnen etwas sagte oder sich anbot, eine genauere Beschreibung zu geben. Wer immer er gewesen war - auf die Frauen von Cleeton hatte er einen großen Eindruck gemacht, und sie hatten nicht die Absicht, sich die kleinste Kleinigkeit, die ihn betraf, entgehen zu lassen oder irgend etwas über ihn preiszugeben.
    »Ein dunkelhäutiger Mann«, sagte Druel, »mit einer Adlernase. Ein hübscher Bursche.« Ja, das stimmt, sagten die aufmerksamen Augen der Frauen. »Da fällt mir ein: er sprach ein wenig langsam...«
    Sofort hakte Beringar ein. »Als sei ihm das gemeine Englisch nicht geläufig?«
    Daran hatte John noch nicht gedacht; er überlegte eine kleine Weile. »Das könnte sein. Oder vielleicht hatte er auch einen kleinen Sprachfehler.«
    Nun, wenn Englisch nicht seine Muttersprache war, welche dann? Walisisch? Gut möglich, hier im Grenzland, aber warum sollte ein Waliser nach Flüchtlingen fragen? Aus An jou also?
    Dann freilich lag die Sache anders.
    »Wenn er sich wieder sehen läßt und ihr von ihm hört« sagte Beringar, »so laßt es mich in Ludlow oder Bromfield wissen, und es soll euer Schaden nicht sein. Und dir, mein Freund, will ich offen sagen, daß es nur eine kleine Chance gibt, alles oder das meiste dessen, was du verloren hast wieder herbeizuschaffen, aber einen Teil deines Viehs können wir dir wohl wiederbringen, wenn es uns gelingt, das Nest dieser Räuber aufzuspüren. Wir werden unser Bestes tun, darauf kannst du dich verlassen.«
    Er wendete sein Pferd und ritt voraus auf dem Weg ins Tal.
    Die anderen folgten ihm, aber er hatte es nicht eilig, denn eine der jungen Frauen ging ebenfalls in diese Richtung und warf ihm über ihre Schulter bedeutungsvolle Blicke zu. Als Hugh sie erreicht hatte, ging sie neben seinem Pferd her und legte eine Hand auf den Steigbügel. Sie schien zu wissen, was sie tat, denn sie hatte sich so weit von den anderen entfernt, daß diese sie nicht hören konnten.
    »Herr...«, sie sprach gedämpft und sah mit klaren blauen Augen zu ihm auf, »... ich muß Euch noch etwas über diesen schwarzhaarigen Mann erzählen, etwas, das kein anderer bemerkt hat. Ich habe vorhin nichts gesagt, aus Angst sie würden sich gegen ihn stellen, wenn sie es erfahren. Er sah sehr gut aus, ich habe ihm vertraut, auch wenn er nicht war, was er zu sein schien...«
    »In welcher Hinsicht?« fragte Hugh ebenso leise. »Er hatte seinen Umhang eng um sich geschlagen, Herr, und das war nichts besonderes, denn schließlich war es sehr kalt. Aber als er fortging, folgte ich ihm ein Stückchen und ich sah, daß die Falten des Umhangs an der linken Seite tiefer herabhingen als rechts. Er mag ein

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