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Die Jungfrau Im Eis

Die Jungfrau Im Eis

Titel: Die Jungfrau Im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Windungen des Stoffes waren blutverkrustet. Ein dünner, dunkler Blutstreifen, der zu den Seiten hin verblaßte, markierte einen langen Schnitt von einer Stelle über dem Herzen bis zur Unterseite des Arms. Hier ging Cadfael äußerst behutsam vor und stützte den Arm. Langsam legte er die Wunde unter dem verkrusteten Verband frei.
    Der Hieb hätte tödlich sein können, war aber nach außen abgelenkt worden und hatte den Arm getroffen. Die Wunde war weder tief noch gefährlich, aber vermutlich hatte es eine Weile gedauert, bis die Blutung gestillt war und da er noch in derselben Nacht eilig zu Pferd hatte fliehen müssen, war es kein Wunder, daß er durch den Blutverlust geschwächt war. Die Verletzung verheilte jetzt zufriedenstellend von beiden Enden her, aber sie hatte gewiß - sei es durch Erschöpfung oder durch etwas Schmutz, der hineingelangt war - geeitert, und auch jetzt noch sah das offenliegende Fleisch rötlich und gereizt aus.
    Cadfael reinigte die Wunde mit einem Zipfel des Leintuchs, trug frische Salbe auf und legte einen neuen Verband an. Die ganze Zeit über sah ihn der bleiche junge Mann, ohne einmal zu zucken, stumm und verwundert an.
    »Sonst habt Ihr keine Wunden?« fragte Cadfael, während er die letzten Lagen des Verbandes anlegte. »Nun, dann schont diesen Arm noch ein oder zwei Tage und macht Euch keine Sorgen, denn wir verfolgen ja dasselbe Ziel wie Ihr. Wenn die Sonne scheint, dürft Ihr gegen Mittag an die frische Luft gehen, aber hütet Euch vor Kälte und gebt Eurem Körper Zeit zum Heilen. So, nun schlüpft in den Ärmel... Ihr tätet auch gut daran, diese Stiefel auszuziehen. Packt Euch warm ein und macht es Euch gemütlich.«
    Die müden Augen folgten ihm als er aufstand. Erst als sie sich anschickten zu gehen, fand Boterei Worte des Dankes.
    »Ihr seid ein begnadeter Arzt, Bruder. Ich fühle mich schon viel besser. Gott sei mit Euch!«
    Als sie hinaus zu ihren Pferden gingen, hatte die Abenddämmerung bereits eingesetzt. Yves war verwirrt. Er hatte die Absicht gehabt, den Liebhaber seiner Schwester zur Rede zu stellen, aber nun empfand er, fast gegen seinen Willen, Sympathie für ihn. Wunden, Schmerzen, Krankheit waren ihm neu. Bis zum Schrecken der Plünderung von Worcester hatte er das Leben eines behüteten Kindes geführt.
    Er machte sich Sorgen um seine Schwester und war gleichzeitig tief enttäuscht von ihr, und er wollte nicht, daß ein anderer diese Last für ihn trug.
    »Was er gesagt hat stimmt«, sagte Bruder Cadfael als sie das Tal hinter sich ließen und bergab auf den Wald zuritten. »Er hat eine Verwundung über dem Herzen, die später wieder aufgebrochen ist und sich durch etwas Schmutz entzündet hat.
    Er hat ganz sicher Fieber gehabt und ist sehr geschwächt. Sein Zustand bestätigt seine Worte.«
    »Aber das Mädchen haben wir immer noch nicht gefunden«, bemerkte Beringar.
    Am Abendhimmel begannen sich Wolken zu sammeln, die sich immer tiefer herabsenkten, und ein drohender Wind kam auf. Sie ritten so schnell sie konnten, um Bromfield zu erreichen, bevor der Schneefall einsetzte.

7. Kapitel
    In dieser Nacht schwoll der Wind nach der Vesper zum Sturm an, und die Schneeflocken, die zuerst noch ziellos in der Luft getanzt hatten, verwandelten sich in winzige Geschosse, die vom Sturm waagrecht vorwärts gepeitscht wurden, gegen Mauern prallten und sich dort zu hohen Schneewehen auftürmten. Nach dem Abendessen, als Bruder Cadfael über den großen Hof eilte, um im Krankenquartier nach seinem Patienten zu sehen, schien die Welt nur noch aus einer wirbelnden, blendenden Masse von Schneeflocken zu bestehen, die immer dichter fielen. Ja, heute Nacht würde es einen Schneesturm geben. Vielleicht würde das Mordgesindel wieder unterwegs sein. Diese Männer kannten sich in dieser Gegend ausgezeichnet aus, und ein Wetter, vor dem unschuldige Menschen sich in ihre Häuser verkrochen, schreckte sie nicht.
    Bruder Elyas hatte heute zum erstenmal aufstehen dürfen und nun saß er, gegen die Kissen gelehnt, in seinem Bett. In seiner weiten Kutte wirkte er abgemagert und ausgezehrt.
    Seine Kopfwunden waren bereits zugeheilt und die Genesung des Körpers machte gute Fortschritte, aber sein Geist schien nicht dieselbe Kraft zu besitzen. Mit stummer Ergebenheit tat er alles, worum man ihn bat, mit leiser, teilnahmsloser Stimme bedankte er sich demütig für alles, was für ihn getan wurde, aber immer wieder starrte er mit tief in den Höhlen liegenden Augen und gerunzelter Stirn ins

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