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Die Jungfrau Im Eis

Die Jungfrau Im Eis

Titel: Die Jungfrau Im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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sie in Bromfield abholen. Das Vieh und die Schafe werden wir später nach Ludlow treiben, wenn der Bauer in Cleeton sich seine eigenen herausgesucht hat. Aber jetzt bringt Bruder Elyas so schnell wie möglich nach Hause, sonst könnte es sein Tod sein. Es ist ein Wunder, daß er überhaupt noch am Leben ist.«
    Cadfael gab seinen Helfern die nötigen Anweisungen, suchte aus dem Haufen der Gegenstände, die man aus dem brennenden Saal gerettet hatte, Decken für Bruder Elyas heraus und ließ eine Trage bauen, die zwischen zwei Pferden aufgehängt wurde. Er dachte auch daran, von dem Futter, das man aus den Vorratshäusern geborgen hatte, zwei Säcke mitzunehmen, für den Fall, daß das unerwartete Eintreffen von sieben Pferden in Bromfield Schwierigkeiten aufwerfen könnte.
    Die Kraft und Energie, die Elyas im entscheidenden Moment durchströmt hatte, war verebbt, sobald er sein Werk getan und den Jungen gerettet hatte. Nun ließ er fügsam alles mit sich geschehen und hing, halbtot vor Kälte, zwischen Teilnahmslosigkeit und Erschöpfung. Cadfael behielt ihn besorgt im Auge. Wenn es nicht gelang, sein inneres Feuer wieder zu entfachen und ihn mit derselben Lebenskraft zu erfüllen, die ihn beseelt hatte, als er Yves bedroht sah, würde Elyas sterben.
    Wie schon einmal setzte Cadfael Yves vor sich auf den Sattel, denn der Junge war nun so müde, daß er beim Gehen ins Stolpern geriet und wenn man ihn allein reiten ließ, würde er wahrscheinlich im Sattel einschlafen. Er war in eine dicke Decke gehüllt und noch bevor sie, so schnell wie es die Dunkelheit zuließ, den Bergpfad hinunter in ebenerdiges Gelände geritten waren, lag sein Kinn auf seiner Brust und sein Atem ging tief und ruhig. Sanft rückte Cadfael ihn zurecht, so daß Yves' Kopf an seiner Schulter ruhte. Der Junge streckte sich ein wenig, vergrub sein Gesicht in den Falten von Bruder Cadfaels Kutte und schlief den ganzen Weg nach Bromfield.
    Als sie den Berg hinter sich gelassen hatten, sah Cadfael sich noch einmal um. Gekrönt von dem Feuer auf seinem Gipfel, ragte er dunkel auf. Beringar und Dinan würden den Rest der Nacht damit beschäftigt sein, ihre Gefangenen zusammenzutreiben und das Vieh erst nach Cleeton, wo John Druel seine eigenen Tiere heraussuchen konnte und dann weiter nach Ludlow zu bringen. Der Schrecken war vorüber, und es hatte weniger Verluste gegeben, als man erwartet hatte.
    Ja, fürs erste war es vorbei, dachte Cadfael. Diese Grafschaft mochte nun vielleicht Ruhe haben, wenn Prescote und Hugh auch in Zukunft mit fester Hand durchgriffen. Aber wo Könige sich um die Krone streiten, würden geringere Männer nur ihren Vorteil zu sichern suchen, ohne Skrupel und ohne Gnade.
    Und wo das geschah, fuhr er mit seinen Überlegungen fort, schob man diesen Männern die Schuld an allen Verbrechen zu, die im meilenweiten Umkreis verübt worden waren, obwohl sie manche davon vielleicht gar nicht begangen hatten. Auch Verbrecher sollten nur für die Taten büßen, die sie auf dem Gewissen hatten. Und Alain le Gaucher würde sich nun nie mehr verteidigen und sagen können: »Ich habe viele Verbrechen begangen - aber nicht dies, nicht die Schändung und Ermordung einer jungen Nonne.«
    Zur Prim erreichten sie Bromfield und ritten durch das Tor auf den freigefegten Hof. Es war kein Schnee gefallen in dieser Nacht. Ein Wetterumschwung kündigte sich an und gegen Mittag mochte es vielleicht sogar kurz tauen. Yves erwachte, gähnte und reckte sich, dann fiel ihm wieder ein, was in den vergangenen Stunden geschehen war. Im nächsten Moment war er hellwach, warf seine Decke ab und sprang vom Pferd, um Bruder Elyas in sein Bett zu helfen. Beringars Bewaffnete brachten die Pferde in die Ställe und Bruder Cadfael warf einen Blick zur Gästehalle und sah, daß die Tür aufgerissen wurde und Ermina auf den dämmrigen Hof starrte.
    Im Schein der Fackel über der Tür sah ihr Gesicht sehr verletzlich aus - Angst vermischte sich mit Hoffnung. Sie hatte die Pferde gehört und war so wie sie war - barfuß, mit aufgelöstem Haar - herbeigestürzt. Ihr Blick fiel auf Yves, der gerade Bruder Elyas' Bahre losband. Ihr Gesicht entspannte sich und plötzlich ging so viel Freude und Dankbarkeit von ihm aus, daß Bruder Cadfael seine Augen nicht von ihm abwenden konnte. Die sorgenvollen Schatten hoben sich hinweg wie ein auffliegender Vogel und waren verschwunden: Ihr Bruder war am Leben.
    Vielleicht war es ganz gut, daß Yves von seinem Schützling und Retter so in

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