Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
Vom Netzwerk:
sie an.
    »Red nicht so einen Unsinn«, sagte sie, und ihre Stimme klang belegt.
    Sabine und Barbara lächelten sich an. Also das war doch höchst interessant. Und natürlich war da ein richtiger Flirt im Gange, man brauchte Virginia nur anzusehen, die war ja ganz weggetreten.
    Wie immer verständigten sich die Zwillinge mit Blicken. »Wir werden sehen, wie wir das morgen deichseln«, sagte Sabine, »wir können hier auch noch ein bißchen sitzen bleiben, und ihr beide geht noch ein wenig spazieren. Nur müssen wir um sechs oben sein. Und du weißt ja, Virginia, wir müssen schieben.«
    »Schieben?« fragte Danio verständnislos.
    »Unsere Räder. Es geht meist bergauf. Und die feinen Schuhe ziehst du dazu auch besser wieder aus, Virginia.«
    »Ich könnte ja …« Danio verschluckte gerade noch, was er sagen wollte. Ich könnte sie ja hinauffahren. Aber da war der Wagen mit der italienischen Nummer, das würde schwierig zu erklären sein. Wenn auch sicher nicht unmöglich. Aber so weltfremd, wie er sich das gedacht hatte, waren diese Mädchen hier keineswegs.
    In Virginias Kopf hatte sich plötzlich etwas in Bewegung gesetzt. Da war doch … war doch einmal eine Bemerkung gewesen …
    »Mein Vater hat einen Freund in München«, sagte sie langsam. »Davon hat er gesprochen.«
    Danio lächelte, das Eis war glatt, auf dem er sich bewegte.
    »Ja. Warum auch nicht?«
    Aber sie machte es ihm ja so leicht.
    »Er hat mir nie gesagt, wie dieser Freund heißt.«
    »Nun wissen Sie es, Virginia.«
    »Wir müssen leider gehen«, sagte Sabine, »sonst gibt es Ärger.« Zurück zum Schuhgeschäft, wo die Räder der drei Mädchen parkten, nicht einmal abgeschlossen. In Gollingen gab es keine Diebe.
    »Sehen wir uns also morgen?« fragte Danio, als er zum Abschied ihre Hand in seiner hielt, und er sah nur sie an, und die Zwillinge verstanden, daß sie nicht gemeint waren.
    »Oh, ich … ich weiß nicht …«, murmelte Virginia.
    »Etwas früher vielleicht. So gegen drei. Wieder in diesem hübschen Café. Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich zum ›Klosterhof‹ hinaufkäme, da haben Sie nicht so einen weiten Weg.«
    »Nein, nein«, sagte Virginia rasch. »Lieber hier. Es ist kein weiter Weg.«
    »Jedenfalls bergabwärts nicht«, meinte Sabine.
    »Ich fahre Sie dann mit dem Wagen hinauf.«
    Virginia, die heute einen blauen Leinenrock und eine weiße Bluse trug und eben die weißen Schuhe mit den Turnschuhen vertauschte, dachte: ich werde das Weiße mit den Blümchen anziehen, und die neuen Schuhe, hinunter geht das schon, wenn er mich dann hinauffährt, aber was mache ich denn mit dem Rad, und was mache ich überhaupt, ich bin eine elende Lügnerin, ich bin so schlecht, und irgendwann werde ich das beichten müssen, was wird Pater Vitus bloß von mir denken, ach, wenn doch bloß Teresa da wäre, und natürlich gehe ich morgen nicht, das ist ja klar …
    »Um drei«, sagte sie. »Im Café.«
    »Danke, Virginia.« Er lächelte. Sein Blick hielt sie fest. Es ging alles wunderbar. Bis morgen mußte er sich ausdenken, was nun weiter geschehen sollte.
    Nur eins mußte er heute noch wissen, eines mußte er sofort wissen.
    Ob sie den Brief erhalten hatte.
    »Und Ihre Mutter?« fragte er. »Sie ist zu Ihrem Geburtstag nicht gekommen?«
    Sie wurde ganz blaß.
    »Wen meinen Sie? Die Frau meines Vaters? Sie kommt nie. Meine Mutter, meine richtige Mutter, ist tot. Sie starb, als ich noch ganz klein war.«
    Also so war das. Danio schaltete schnell …
    »Gewiß, das weiß ich. Ich dachte auch an die Frau ihres Vaters. Entschuldigen Sie, daß ich sie Mutter nannte.«
    Er sah den Mädchen nach, die losstrampelten. Hier im Ort ging es noch sehr gut auf den Rädern.
    Also das war es. Warum hatten sie sich das eigentlich nicht denken können. Wie dumm Anita war! Er hatte dem Kind einfach erzählt: Deine Mutter ist tot. Virginia hatte nie gewußt, daß sie eine höchst lebendige Mutter besaß. Und den Brief hatte er ihr demnach nicht gegeben.
    Das war eine ganz neue Situation. Er mußte nachdenken, was sich damit anfangen ließ.

Die Patientin
    Anita setzte sich gerade auf.
    »Sie sagen mir nicht die Wahrheit, Doktor. Ich werde sterben. Ich habe Krebs.«
    »Sterben müssen wir alle. Und ob Sie ein Karzinom haben und in welchem Stadium, kann ich erst wissen, wenn ich es sehe. Ich muß Sie operieren, Anita, und zwar sofort.«
    »Das geht nicht.«
    »Seien Sie nicht so eigensinnig. Sie sind eine freie Frau ohne irgendeine Verpflichtung, Ihr Haus

Weitere Kostenlose Bücher