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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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Polizei war, was dann? Der Detektiv vielleicht, den Anita beschäftigte und der den beiden gefolgt war? Es war immer noch dunkel, zu dunkel, um sein Gesicht zu erkennen, sie sah nur, daß er einen Bart trug. Also keiner aus dem Dorf. Einer aus Lassange, der Fallen gestellt hatte?
    Sie gingen aufeinander zu, Schritt für Schritt, ganz langsam, zwanzig Schritte trennten sie noch, fünfzehn, zehn, Dido zögerte, tat noch zwei Schritte, dann warf sie die Arme empor und öffnete den Mund wie zu einem Schrei, aber sie brachte keinen Ton heraus. Sie brach in die Knie, und da war er bei ihr, kniete neben ihr, umschloß sie fest mit den Armen.
    »Alain!« schluchzte Dido. »Alain! Mein Bruder!«

Ermittlungen
    Wie Danio richtig vermutet hatte, erlebte das Kloster vor den Bergen einen bewegten Abend.
    Die Zwillinge waren pünktlich zum Angelus droben und erwarteten eigentlich, Virginia schon vorzufinden, da sie, wie angekündigt, im Café am Markt vorbeigeschaut hatten und das Paar dort nicht mehr sitzen sahen. Auf die Idee, der Bedienung eine Frage zu stellen, waren sie allerdings nicht gekommen, und warum sollten sie auch. Das geschah erst am nächsten Tag, wobei sich herausstellte, das Virginia und ihr Begleiter sich überhaupt nicht im Café aufgehalten hatten.
    Als das Abendessen aufgetragen wurde, fehlte Virginia. Die Zwillinge, zunächst befragt von Schwester Serena, blickten einander an und waren sich, ohne Worte zu verlieren, klar darüber, daß etwas Schlimmes geschehen sei und daß es sinnlos war, nach Ausreden zu suchen. Also erzählten sie knapp und klar, wie sich alles zugetragen hatte, an diesem und am vorigen Tag.
    Kurz darauf standen sie vor der Oberin und mußten das Ganze wiederholen, ausführlich. Da sie klug waren und außerdem vier Ohren und Augen besaßen, war ihr Bericht perfekt. So wurde nun auch ziemlich deutlich, daß Virginia bei der ersten Begegnung mit dem fremden Mann so gut wie kein Wort gesprochen hatte.
    »Hattet ihr den Eindruck, daß sie diesen Mann kennt?«
    »Wenn ich es mir heute genau überlege …«, begann Sabine. »Sie kannte ihn, aber sie wußte nicht, wer er war«, fuhr Barbara fort.
    »Das müßt ihr mir bitte näher erklären.«
    »Na ja, so«, formulierte Barbara langsam. »Sie muß ihn schon mal gesehen haben. Denn als er plötzlich vor uns stand, da bei dem Schuhgeschäft, und uns ansprach, konnte man ihr anmerken, daß er kein ganz Fremder für sie war.«
    »Weil nämlich«, fuhr Sabine fort, »bei einem ganz Fremden schaut man ja erst mal gleichgültig. Und wenn man dann so einfach angesprochen wird, weist man das kühl zurück.«
    Das hatte sie hübsch gesagt, fand Barbara und nickte ihrer Schwester zu.
    »Das wollte ich meinen«, sagte die Oberin. »Aber das tat Virginia nicht, und das tatet auch ihr nicht.«
    »Wir dachten ja, sie kennt ihn. Und was er so erzählte, von Virginias Vater und daß er mit dem mitgekommen war, klang ja ganz plausibel.«
    »Aber das hat Virginia nicht bestätigt.«
    »Nein, eigentlich nicht. Sie hat aber auch nicht widersprochen.« Sabine wurde lebhaft. »Wenn das geschwindelt war, dann hätte sie ja sagen müssen: Was fällt Ihnen ein, mein Herr?«
    »Sie hätte sagen müssen, was Sie reden, davon ist kein Wort wahr, und dann hätte sie sich umdrehen müssen und wäre gegangen. Und wir natürlich auch.«
    »Statt dessen seid ihr Eis essen gegangen mit einem wildfremden Mann.«
    »Es wirkte ja nicht so, als sei es ein wildfremder Mann«, verteidigte Sabine ihr Vergehen, »jedenfalls nicht soweit es Virginia betraf.«
    Die Tatsachen waren bekannt, viel anfangen ließ sich damit nicht.
    Die Zwillinge standen vor dem Schreibtisch der Oberin, rechts von ihnen stand Schwester Justina, links Schwester Serena, die Hände gefaltet, im Gesicht Angst und Schrecken.
    Schwester Justina dagegen trug eine höchst grimmige Miene zur Schau. Sie war immer dagegen gewesen, den Mädchen zuviel Freiheit zu lassen. Schwimmen gehen, einkaufen gehen, wozu denn das? Auch wenn nie eines der Mädchen allein gehen durfte, nützte es gar nichts, wenn man sie zu dritt losschickte, wie dieses Beispiel zeigte.
    »Ist irgend etwas bekannt davon, daß Virginia sich mit einem Mann getroffen hat?« fragte die Oberin.
    »Nein«, rief Schwester Serena überzeugt, »das täte sie nie.«
    »Wie können Sie so etwas behaupten«, fuhr die Oberin sie an, »da es ja ganz offensichtlich geschehen ist. Und wer weiß, wie oft schon.«
    Und zu den Zwillinge gewandt, fuhr sie streng fort:

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