Die Jungfrau im Lavendel
Nach einer Weile kam sie zurück.
»Schläft sie?«
»Sie schlief schon im Stehen. Ein dürftiges kleines Ding. Viel haben sie da offenbar nicht zu essen bekommen in dem Kloster.«
»Du kannst sie ja herausfüttern.«
»Soll sie denn hierbleiben?«
»Wo sonst? Darüber müssen wir jetzt sprechen. Ich muß vor allen Dingen wissen, ob Anita zurück ist.«
»Sie ist nicht zurück.«
Sie erzählte von dem Telefongespräch mit Rose, und er wurde sofort ärgerlich.
»Ich habe dir verboten, in der Villa anzurufen.«
»Ich habe dir erzählt, wie ich es gemacht habe. Diese alberne Rose hat keinerlei Verdacht. Außerdem hast du mir nichts zu verbieten, merk dir das. Du schon gar nicht, du Nichtstuer.«
Er winkte ab. »Wir haben auch keine Zeit, uns zu streiten. Als erstes muß der Wagen zurück nach Milano. Natürlich kann ich ihn in Nizza am Flughafen abgeben, aber ich will keinerlei Spur, die nach Frankreich führt. Außerdem muß Anitas Wagen wieder her. Aber ich wage es nicht, mit diesem Wagen noch einmal über die Grenze zu fahren. Ich habe nicht dort in dem Ort gewohnt, wo das Kloster ist, sondern in einer kleinen Stadt etwa dreißig Kilometer entfernt. Trotzdem kann sich jemand die Wagennummer gemerkt haben. Es ist ein auffallender Wagen.«
»Du hättest besser einen kleinen Fiat genommen.«
»Da hätte ich die Fahrt heute nicht geschafft.«
»Und warum denkst du, daß sie nach dem Wagen suchen?«
»Das ist doch klar. In dem Kloster wird es einen großen Aufruhr geben, Virginia ist verschwunden, sie ist mit einem Mann verschwunden. Wer ist das? Hat er sie entführt? Ist sie freiwillig mitgefahren? Es gibt zwei andere Mädchen, die mich gesehen haben und beschreiben können. Man wird den Vater benachrichtigen. Vielleicht bringt er dann alles mit Anita in Verbindung, dann haben wir sowieso die Polizei bald hier in der Gegend. Siehst du jetzt, wie wichtig es ist, wenn ich immer sage, daß dich keiner unten sehen darf am Cap?«
»Und wie stellst du dir das vor? Willst du dieses Mädchen bis an ihr Lebensende hier verstecken?«
»Ich stelle mir noch gar nichts vor. Sie ist jedenfalls hier. Wir haben sie, bevor Anita sie haben kann. Das war es doch, was wir wollten. Oder nicht?«
»Sicher«, murmelte Dido. Im Moment hatte sie auch keine Vorstellung, was daraus werden sollte. Es war verhältnismäßig einfach, irgendwelche Pläne zu machen, jedoch mit Tatsachen umzugehen, erwies sich als weitaus schwieriger.
»Angenommen, Anita erfährt nun, daß ihre Tochter verschwunden ist. Und sie erfährt, wie der Mann aussieht, mit dem sie verschwunden ist. Dann weiß sie doch sofort Bescheid.«
Danio fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar und stöhnte. Was hatte er nur getan? Er goß sich Wein ein und sagte: »Ich muß sofort hinunter. Ich muß wissen, ob sie da ist.«
»Du kannst nicht mit diesem Wagen zum Cap fahren. Marcel würde sofort mißtrauisch werden. Und erst diese Rose. Du mußt Anitas Wagen haben. Dann werde ich eben nach Milano fahren und den Wagen holen.«
»Das kommt nicht in Frage.«
»Warum nicht?«
»Falls der Alfa an den Grenzen gemeldet ist, würde man dich sofort festnehmen. Du kannst nur den Wagen auf dem Flugplatz von Nizza abgeben, nach Milano fliegen oder mit dem Zug hinfahren und dann mit Anitas Wagen herkommen. Und das kannst du vor morgen abend auch nicht schaffen. Das dauert alles zu lange. Ich muß heute wissen, ob Anita zurück ist.«
»Das ist doch kein Problem. Du fährst mit mir hinunter, nimmst dir ein Taxi, und dem Personal erzählst du, der Wagen hat einen Schaden, er ist in Reparatur, und du bekommst ihn erst in zwei Tagen.«
»Ja, so geht es.«
»Es ist sowieso blödsinnig, daß du keinen eigenen Wagen hast. Ja, schon gut, ich weiß, du hast ihn verkauft, um deine Schulden zu zahlen.«
»Und ich habe ihren Wagen, wann immer ich will. Sie fährt selbst nicht gern, sie läßt sowieso immer mich oder Marcel fahren.«
»Erzähl mir das noch von dem Paß, ich hab das nicht verstanden.«
»Ach, das ist ganz einfach. Ich bin auf der Hinfahrt zu Hause vorbeigefahren und habe mir Lucias Paß ausgeliehen, sie ist zwanzig. Ich hatte ja von Anfang an den Plan, das Mädchen mitzubringen. Ich wußte allerdings nicht, wie das gehen sollte.«
»Na, nun ist sie da. Gratuliere. Betrunken, leicht lädiert und schlafend.«
»Darum können wir auch nicht beide hier weg. Was ist, wenn sie aufwacht? Wenn sie eine Erklärung verlangt? Sie darf nicht allein bleiben.«
»Was denkst du,
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