Die Jungfrau im Lavendel
wirklich aus wie ein Algerier, fand Danio. Ob das der neue Liebhaber war? Na, über Geschmack ließ sich nicht streiten.
»Dies ist Danio«, sagte Dido lässig. »Pierre.« Mehr an Vorstellung war überflüssig.
Pierre nickte kurz, Danio setzte eine arrogante Miene auf.
»Tut mir leid, wenn ich störe. Ich wollte dich nur kurz sprechen, weil ich morgen verreise.«
»Gleich«, sagte Dido. »Pierre wollte sowieso gerade gehen.«
Sie begleitete Pierre vor die Tür, umarmte ihn.
»Ich danke dir. Ich werde an alles denken, was du mir gesagt hast.«
Hatte sie noch vor kurzem gedacht, Pierre sei ein Verräter? Seit Alain zu ihr von ihm gesprochen hatte, als sie beide Männer hier erlebt hatte, war jedes Mißtrauen geschwunden. Und heute war Pierre extra den weiten Weg von Marseille gekommen, um ihr zu sagen, daß Alain aus London angerufen hatte. Er war gut angekommen, arbeitete schon wieder, das Zimmer im Hotel für Dido war bereit.
»Er hat gesagt, du sollst nun nicht mehr lange überlegen, du sollst kommen. Darum habe ich dir das Flugticket gleich mitgebracht. Alain sagt, es sei Zeit, euer neues Leben zu beginnen. Man wird nicht jünger, hein? Und wenn ihr wirklich nach Südafrika geht, und wenn es euch gefällt, dann laßt es mich wissen. Kann sein, ich komme auch.«
Jetzt, vor der Tür, sagte er: »Dein Danio macht einen sehr zufriedenen Eindruck, wie es scheint.«
»Kam mir auch so vor. Ich nehme an, Anita ist wieder aufgetaucht«, meinte Dido freundlich. »Ich wäre nur froh, denn dann wäre ich die Verantwortung für das Mädchen los.«
»Fühlst du dich verantwortlich?«
»Nun, ich brauchte es nicht. Aber ein wenig tue ich es doch. Er hat sie nun einmal zu mir gebracht.«
»Nun kann er sie mitnehmen und der Mama präsentieren, und dann sind hoffentlich alle zufrieden.«
Er küßte Dido auf beide Wangen.
»Au revoir, Dido. Ich wünsche dir viel Glück. Dir und Alain.«
»War das dieser Pierre, der ab und zu für dich … eh, Geschäfte erledigt?« fragte Danio, als Dido wieder hereinkam.
»Das war er.«
»Ist er dein neuer Freund?«
Dido seufzte nur.
»Laß uns nicht mehr über meine Angelegenheiten sprechen. Warum bist du gekommen?«
»Anita hat angerufen. Ich habe lange mit ihr gesprochen. Es war sehr dumm von mir, nicht zu begreifen, was mit ihr los war.«
»Und was war los?«
Er berichtete kurz, und Dido nickte.
»Ja, das war wirklich dumm. Auch von mir. Sie war seltsam in letzter Zeit, sie sah schlecht aus, du hast es immer gesagt, sie fuhr nach Paris, um einen Arzt zu konsultieren. Wie schön, daß es ihr besser geht.«
Kein Neid mehr, kein Haß, keine Eifersucht – wie anders sah Didos Leben aus, jetzt, da sie kurz vor dem Aufbruch stand. Sie kam gleich zur Sache.
»Und Virginia?«
»Ich muß Anita erst darauf vorbereiten, das verstehst du. Ich fahre morgen zu ihr und werde sehen, wie es ihr geht. Ich kann ihr erst einmal von Virginia erzählen.«
»Sie wird auch nicht wissen, daß ihr früherer Mann tot ist. Willst du es ihr sagen?«
»Nein, ich weiß es ja auch nicht gewiß.«
»Und wann wirst du Virginia hier abholen?«
»Sobald ich zurück bin.«
»Wann wird das sein?«
»Ich weiß es nicht. Ich bleibe sicher ein paar Tage bei Anita. Es hörte sich an, als freue sie sich auf mich. Vielleicht kommen wir auch gemeinsam zurück.«
»Ich reise nächsten Dienstag ab, Danio. Ich bin dann nicht mehr hier.«
»Ich werde dich vermissen, Dido«, sagte er höflich.
»Das kann schon sein. Aber was wird mit Virginia, falls du bis dahin nicht wieder zurück bist?«
»Sie hat selbst gesagt, es mache ihr nichts aus, hier ein paar Tage allein zu bleiben.«
»Das möchte ich aber nicht gern.«
»Hör zu, sie fühlt sich wohl hier. Ich kann sie nicht in die Villa bringen, ehe Anita zurück ist, das mußt du einsehen. Falls Anita sie gleich sehen will, hole ich sie einfach. Und sonst geht es ihr doch gut hier. Dieser Chariot ist ja auch noch da und kümmert sich um sie. Wo ist sie denn eigentlich?«
»Oben auf dem Berg. Bei der Ruine. Eine alte Römerburg soll es sein, sagt Chariot. Seit er ihr die gezeigt hat, ist sie ganz versessen darauf. Sie malt da oben. Es wäre ein wunderbarer Ausblick, sagt sie. Man sieht ganz neue Berge, und überhaupt sei es das Schönste, was sie je gesehen hat.« Dido lachte. »Ich bin selber noch nie droben gewesen. Danio!«
»Ja, meine Teure?«
»Ich habe eine Bitte.«
»Alles, was in meiner Macht steht, tue ich für dich«, sagte er
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