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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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er mich sofort abholen solle.«
    Danio öffnete schon den Mund, um ihr zu sagen, daß ihr Vater tot sei, doch ein warnender Blick Didos ließ ihn schweigen. Wußte er denn, ob es stimmte, was Dido zuvor behauptet hatte?
    »Und zu meinem Vater möchte ich gar nicht«, fuhr Virginia fort, sie sprach mit dieser neuen Sicherheit, die sie sich seit neuestem zugelegt hatte. »Ob er nun mein Vater ist oder nicht, er will mich auf keinen Fall bei sich haben, das weiß ich sehr gut. Nein, wirklich«, und nun blickte sie Dido an, »wenn ich dich nicht störe, ich würde am liebsten hierbleiben.«
    Dido lachte, sie war gerührt. »Ah, ma petite! Du störst mich nicht. Aber im Winter ist es sehr langweilig hier. Außerdem muß ich in nächster Zeit einmal verreisen. Du kannst doch hier nicht allein bleiben.«
    »Warum nicht?«
    »Du würdest dich fürchten.«
    »Ich? Fürchten?« Virginia lachte. »Wovor denn? Hier ist doch niemand, der einem etwas tun könnte. Du hast gesagt, du hast lange hier allein gelebt. Du hast dich doch auch nicht gefürchtet.«
    Manchmal schon, hätte Dido antworten mögen, in den dunklen Nächten, allein zwischen Wäldern und Bergen, allein mit meinen Gedanken an das, was geschehen war, mit dem Gedanken an Vater, an Alain, an Meliza, an ihr eigenes ausgestoßenes Leben, ohne Familie, ohne Freunde. Sie hatte sich einmal aus Nizza einen Hund mitgebracht, um nicht so allein zu sein, vielleicht auch, um ein wenig bewacht zu werden. Schon in der folgenden Jagdzeit hatte jemand den Hund in den Wäldern erschossen. Daraufhin kaufte sie sich nie mehr einen Hund.
    »Und Chariot ist ja da«, fuhr Virginia fort. »Er kommt jeden Tag und würde mir helfen. Die Ziegen melken und so. Ich kann es noch nicht richtig, aber ich lerne es schon. Du kannst ruhig verreisen, Dido, wirklich. Ich passe schön auf alles auf, auch auf deinen Garten.«
    Danio lehnte sich zurück und lachte. Das war ja kaum zu glauben. Alles war ganz, ganz anders gekommen, als er es sich vorgestellt hatte. Diese fade Klosterpflanze fand es auf einmal schön hier oben auf dem Berg, in der einsamen Ferme zu leben, noch dazu bei Dido, vor deren Temperamentsausbrüchen er sich immer gefürchtet hatte. Aber nun war Dido sanft und lieb geworden wie das Kätzchen, das da drüben zusammengerollt auf dem Sofa lag, nachdem es eine ansehnliche Portion Kaninchenragout verspeist hatte.
    An Vater und Mutter, geschweige denn an ihm war Virginia nicht im geringsten interessiert.
    Er war sehr schweigsam, als Dido ihn eine Stunde später wieder hinunterfuhr.
    »Nun?« fragte sie.
    »Ich gestehe, ich bin ratlos. Es scheint, von hier müßte ich sie wirklich mit Gewalt entführen.«
    Die Ferme Confiance, dachte Dido, und ihr Herz war erfüllt von Zärtlichkeit und Abschiedsschmerz, keiner geht gern von hier weg.
    »Du mußt unbedingt herausbringen, wo Anita steckt«, sagte sie energisch. »Sonst müßte ich glatt Pierre wieder einspannen.«
    »Ach, dieser geheimnisvolle Pierre! Ist er dein Liebhaber?«
    »Spar dir die albernen Fragen.«
    Als Danio aus dem Wagen stieg, haßte er sie geradezu. Sie, und diese fade Blonde oben dazu.
    Aber nun endlich meinte das Schicksal es wieder gut mit ihm. Zwei Tage später rief Anita an. Am Nachmittag, er saß gerade auf der Terrasse, rauchte eine Zigarette, trank einen Fine und überlegte, was er eigentlich mit sich anfangen sollte. Nicht einmal ins Casino konnte er fahren, er hatte kein Geld. Es sei denn, er nahm etwas von ihrem Schmuck, der zum Teil achtlos in den Schubladen des Toilettentisches herumlag. Aber das wagte er nicht, Rose kannte jedes einzelne Stück. Er traute sich nicht einmal, vor ihren Augen Anitas Schlafzimmer oder auch nur ihr Boudoir zu betreten.
    Er hörte, daß im Haus das Telefon klingelte, und kurz darauf erschien Rose auf der Terrasse, um ihm mitzuteilen, daß Madame ihn zu sprechen wünsche.
    Finalmente!
    Er erhob sich mit Würde und schritt betont langsam zum Telefon, darauf gefaßt, furchtbare Dinge zu erfahren.
    Aber es war alles ganz einfach und ganz wunderbar.
    »Oh, mein Liebling«, gurrte Anita durch das Telefon, »sei mir bitte nicht böse, daß ich so lange nichts habe hören lassen. Ich hatte meine Gründe. Aber nun ist alles wieder gut.«
    »Ist alles wieder gut«, wiederholte er dümmlich. »Kannst du mir vielleicht erklären …«
    »Ja, ich werde dir alles erklären, und dann wirst du mich verstehen. Ich mußte operiert werden, weißt du. Und ich wußte ja nicht, wie es ausgehen wird. Aber

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