Die Jungfrau im Lavendel
zu seinem Auto.
Rose runzelte die Stirn und blickte Clemens tadelnd an, als hätte er das Bild gebracht.
Clemens hatte es auf einmal eilig.
»Sicher ein schönes Bild. Grüßen Sie Madame von mir«, er zog seinen Hut, sprintete zu seinem Auto und versuchte, den Lieferwagen einzuholen.
Das gelang bei der übernächsten Ampel. Er winkte, kurbelte das Fenster herunter, der junge Mann lächelte fragend. »Pardon, Monsieur, Sie brachten gerade ein Bild für Madame Henriques. Von Castellone, wie ich zufällig hörte. Ich bin schon lange scharf auf ein Bild von Castellone. Wo finde ich ihn denn?«
»Na, wo Sie ihn immer finden. In St. Paul de Vence.«
Damit brauste er davon, denn hinter ihnen hupte es schon.
Von St. Paul de Vence war Juschi entzückt. Clemens ließ sie allein durch die malerischen Gassen streifen und machte sich auf die Suche nach dem Maler Castellone. Das war nicht schwer, Leone Castellone schien hier gut bekannt zu sein, man wies Clemens schon nach der ersten Frage den Weg zu seinem Atelier. Der Maler war noch jung, ein kleiner dicklicher Mann mit kurzen Beinen, dafür mit einem abnorm großen Kopf, der dazu noch mit einem struppigen Bart geschmückt war. Nicht gerade eine Schönheit, aber glücklicherweise kein verschlossener Typ.
»Ich war gerade im Mas Maurice, als Ihr Bild für Madame Henriques kam. Wunderbar! Ganz herrlich!«
Der Maler lächelte geschmeichelt.
»Ist Madame zurück?«
»Noch nicht. Aber sie kommt wohl in den nächsten Tagen.«
»Ah, sie rief an, aus Paris. Vor einer Woche, zwei Wochen. September, sie wird sein wieder da. Und dann sie möchte, daß Bild hängen an die Platz, wir haben ausgesucht. Habe ich nur gemalt ganze Woche Bild für bella Signora. Et voilà, è finito. Tutto perfetto.«
»Das Bild ist herrlich«, wiederholte Clemens und hoffte, der Künstler würde ihn nicht nach näheren Eindrücken fragen. »Darf ich mich ein wenig umsehen, Signore?«
»Prego. Naturalmente.«
Das Gespräch über die bella Signora entwickelte sich dabei ganz mühelos. Der Maler schwärmte von ihren grünen Augen und ihrem so vollkommen geschwungenen Mund. Er würde gar zu gern einmal ein Porträt von ihr machen. Vier Bilder habe er nun schon für die Signora gemalt, eine wirklich gute Kundin. »Sie sind Italiener«, stellte Clemens fest, denn Castellone sprach nicht besonders gut französisch und mischte ständig italienische Worte in seine Rede. Und weiterhin, ohne viele Fragen stellen zu müssen, erfuhr Clemens, daß Castellone die bezaubernde Signora durch seinen Freund Danio kennengelernt hatte.
»Sie kam schon früher herauf nach St. Paul«, erzählte der Maler. »Und sie hat gekauft zwei Bilder von Margaux. Oh, Madonna!« Er bekreuzigte sich, was sich wohl auf Margaux' Malweise beziehen sollte. »Ma poi, Danio sie bringen zu mir.«
»Ach ja, Danio«, sagte Clemens in schwärmerischem Ton.
»Wir sind Freunde. Amici, Danio et moi. Als ich hatte gar kein Geld, keinen Erfolg, Danio hat mich durchgefüttert. Das war, als er noch im ›Negresco‹ arbeitete. Heute, er braucht nicht arbeiten mehr. War sein Glück, er lernte kennen Signora Anita. So schön und so reich.«
»Ah ja, ich weiß. Dann verließ er das ›Negresco‹.«
»Das tat er vorher. Er war ein guter Kellner, aber immer spielen, immer wollen in Casino. Er nicht dürfen als Kellner. Heute er kann spielen, soviel er will.«
»Ein gutaussehender Mensch, Danio.«
»Si, si. Er hat, was Frauen gefällt. Was mir fehlt.«
»Dafür können Sie wunderbare Bilder malen. Ein Mensch kann nicht alles haben.«
»E vero. Chi troppo abbraccia, nulle stringe.«
Nach dieser Weisheit schieden sie als gute Freunde. Der Rest war ein Kinderspiel, nämlich im ›Negresco‹ zu erfahren, daß dort ein Jahr lang ein italienischer Kellner namens Danio Carone gearbeitet hatte. Von seinem weiteren Verbleib wisse man nichts, sagte der Hotelmanager hochnäsig, was Clemens ihm nicht glaubte. Sicher wußten viele hier, zumindest aus den gastronomischen Betrieben, was aus dem schönen Danio geworden war, wie er jetzt lebte.
»Na gut, na schön«, sagte Juschi und blickte auf ihren Sohn, der, nur mit einer Badehose bekleidet, neben ihr im spärlichen Sand lag. »Ich gebe zu, du bist tüchtig. Fabelhaft, was du alles herausgebracht hast. Aber was nützt uns das?«
»Dieser Carone war es, der Virginia eingesammelt hat. Und ich vermute, ohne Wissen von Anita. Wir hören immer nur, daß sie seit Wochen verreist ist. Warum hat Danio Anitas
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