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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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Tochter geholt? Kommt dir das nicht merkwürdig vor?«
    »Wie meinst du das?«
    »Er ist ein ausgehaltener Liebhaber. Es kann ihm eigentlich gar nicht so viel daran liegen, daß plötzlich eine Tochter auftaucht.«
    »Wie meinst du das?« wiederholte Juschi, diesmal klang ihre Stimme hoch und erschrocken.
    »Na, überleg mal. Ich frage mich, ob man nicht doch zur Polizei gehen sollte.«
    »Was willst du denen denn sagen?«
    »Ich fürchte nur, daß es hier gar nichts nützt. Wenn Virginia überhaupt noch lebt, ist sie nicht in Frankreich, sondern in Italien.«
    »Wenn sie noch lebt! Du bist ja verrückt!«
    »Ich muß noch mehr über Danio Carone wissen. Zum Beispiel, wo er herstammt. Wo seine Familie lebt. Vielleicht hat er Virginia dort untergebracht. So eine italienische Sippe hält ja zusammen. Und dann müssen wir einfach herausbringen, wo Anita sich aufhält. Es muß doch noch ein paar Leute geben, die sie kennen. Wenn sie so eine auffallende Frau ist, wie ich immer höre. Friseur, Kosmetik, Modegeschäfte. Ein paar Bekannte müßte sie hier doch auch haben. Danio ist ein Spieler. Kann sein, sie spielt auch.«
    »Was dir alles so einfällt«, sagte Juschi bewundernd.
    Was Clemens nicht einfallen konnte, war Dido. War die Existenz einer Frau, die nicht weit von hier, doch verborgen und unauffindbar in den Bergen lebte. Auf Dido hatte ihn keiner hingewiesen, was bewies, wie sorgfältig Danio dieses Geheimnis gewahrt hatte. Zumindest seit er Anita kannte. Der Maler Castellone zum Beispiel, der hätte Clemens von Dido erzählen können, er hatte sie früher oft mit Danio gesehen. Früher. Daß sie in den letzten Jahren in Danios Leben noch eine Rolle gespielt hatte, wußte Castellone nicht.
    »Weißt du was, wir essen morgen mal zusammen im Eden Roc. Ein italienischer Kellner dürfte einen anderen italienischen Kellner kennen, zumal wenn der so eine phantastische Karriere gemacht hat.«
    »Was, mein Sohn, nennst du eine phantastische Karriere? Der ausgehaltene Liebhaber einer reichen Frau zu sein?«
    »Geliebte Mutter, das kommt immer auf den Ausgangspunkt an. Sei nicht so schrecklich bürgerlich. Und nun werde ich mich bekleiden. Wir fahren heute mal nach Cannes zum Essen. In irgendein hübsches Bistro in der Altstadt.«
    »Ich habe gar keine Lust, schon wieder zu essen.«
    »Doch, das hast du. Wenn du erst siehst, was es dort alles gibt.«
    »Ich verstehe dich nicht, Clemens. Essen! Ich habe überhaupt keine Ruhe, ehe ich nicht weiß, was aus Virginia geworden ist. Mein Gott, wäre ich doch früher in dieses verdammte Kloster gefahren!«
    Clemens schüttelte tadelnd den Kopf.
    »Aber! Aber! Verdammtes Kloster! So etwas darf man nun wirklich nicht sagen, als anständige Katholikin. Am besten gehst du morgen mal zur Beichte.«

Danio
    Danio kam ungefähr zum gleichen Zeitpunkt wie der ihm unbekannte Clemens Landau auf die Idee mit seiner Familie. Sie lagen nebeneinander auf dem breiten Bett, Anitas weiches, goldblondes Haar floß über seine Hand, die er um ihre Schulter gelegt hatte. Sie war so zärtlich, so anschmiegsam wie nie zuvor; eine Frau, die Liebe, Trost, Kraft und Stütze bei einem Mann suchte. Das gefiel ihm. Bisher war sie nie so gewesen, sondern sehr selbständig, dominierend, und außer im Bett hatte er nie das Gefühl gehabt, daß er ihr wirklich etwas bedeutete. Die Krankheit, wohl mehr noch die Angst vor einer bösartigen Krankheit hatte sie verändert. Sie war nie im Leben krank gewesen, sondern gesund, vital, egoistisch, und abgesehen von jenen Jahren, in denen es ihr finanziell schlecht ging, hatte sie ihr Leben ohne Bedenken, ja, ohne Skrupel gelebt. Sie war weder ein besonders sensibler noch ein kontemplativer Mensch, und seit sie über Sicherheit, das heißt über Geld verfügte, hatte sie wirklich nur noch dem Genuß gelebt. Aber nun hatte sie erstmals erfahren, wie fragwürdig das Leben an sich war. Geld zu haben, war gut, aber es schützte nicht vor Krankheit, Verlassenheit und Tod. Eine Binsenwahrheit, die sie aber für sich jetzt neu entdeckt hatte. Auch, was für ein einsamer Mensch sie im Grunde war. Ein paar Bekannte zum Ausgehen, für den Spielsaal, für einen Drink, aber keine echten Freunde. Da war nur Danio, ein hübscher Junge fürs Bett und zum Amüsement. Konnte es nicht mehr sein?
    Konnte es nicht etwas wirklich Eigenes sein, ein Mensch, der zu ihr gehörte?
    Vielleicht war das, unbewußt, der Grund gewesen, daß sie plötzlich begann, nach der unbekannten Tochter zu fragen,

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