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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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bezahlen.«
    »Erinnern Sie sich an die Anzeige, die Ihnen gewissenloses Praktizieren vorwarf? Eine Dame klagte darüber, daß ihre wöchentlichen Sitzungen meistens im Bett stattfanden. Die Ärztevereinigung wollte keinen Anwalt für Sie stellen, und deshalb riefen Sie Ihren guten Freund Lucien an. Er verhinderte, daß es zu einem Prozeß kam. Er brachte die Sache für einen Apfel und ein Ei in Ordnung.«
    »Es gab keine Zeugen.«
    »Nur die Patientin. Und diverse Gerichtsakten, aus denen hervorging, daß Ihre Frauen die Scheidung aufgrund von wiederholtem Ehebruch verlangten.«
    »Die Anklage konnte nichts beweisen.«
    »Sie bekam gar keine Gelegenheit, etwas zu beweisen. Wir wollten damals eine Verhandlung vermeiden, nicht wahr?«
    »Schon gut, schon gut. Ich helfe Ihnen. Was ist mit meinen Referenzen?«
    »Sind Sie ein zwanghafter Schwarzseher?«
    »Nein. Ich werde nur nervös, wenn ich an Gerichtssäle denke.«
    »Ihre Referenzen sind in Ordnung. Man hat Sie schon früher als Sachverständigen zugelassen. Seien Sie unbesorgt.«
    »Und das dort?« Bass deutete auf die Flasche.
    »Sie sollten nicht soviel trinken«, sagte Luden tadelnd.
    Der Psychiater ließ sein Glas fallen und lachte schallend. Er rutschte vom Stuhl, kroch zum Ende der Veranda und schüttelte sich vor Lachen.
    »Sie sind betrunken«, sagte Lucien und stand auf, um eine weitere Flasche zu holen.
    Als Jake eine Stunde später kam, saß Lucien in seinem großen Schaukelstuhl. Der Arzt schlief in der Hollywoodschaukel am anderen Ende der Veranda. Er trug weder Schuhe noch Socken, und seine Zehen ragten ins nahe Gebüsch. Jake ging die Treppe hoch, und Lucien zuckte zusammen.
    »He, Jake, wie geht's Ihnen?« lallte er.
    »Gut. Wie ich sehe, haben Sie ein wenig gefeiert.« Brigance deutete auf eine leere Flasche und eine zweite, die nur noch drei Fingerbreit enthielt.
    »Ich möchte Ihnen jemanden vorstellen.« Lucien versuchte, sich aufzusetzen.
    »Den Mann dort drüben? Wer ist er?«
    »Unser Psychiater. Dr. W. T. Bass aus Jackson. Ein Freund von mir. Er wird bescheinigen, daß Hailey verrückt war, als er die beiden Typen umnietete.«
    »Ist er gut?«
    »Der beste. Wir haben bei mehreren Fällen zusammengearbeitet, in denen es um Unzurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt ging.«
    Jake ging in Richtung Hollywoodschaukel, doch nach einigen Schritten blieb er stehen. Der Arzt lag auf dem Rücken, mit aufgeknöpftem Hemd und offenem Mund. Er schnarchte laut und gab dabei ein kehliges, gurgelndes Schnaufen von sich. Eine Bremse – so groß wie ein kleiner Spatz – schwirrte vor seiner Nase und wich bei jedem keuchenden Ausatmen zurück. Alkoholdunst umhüllte den Mann, hing wie unsichtbarer Nebel über dem Ende der Veranda.
    »Er ist Arzt?« fragte Jake, als er neben Lucien Platz nahm.
    »Ein Psychiater«, verkündete Wilbanks stolz.
    »Hat er Ihnen dabei geholfen?« Jake deutete noch einmal zu den Flaschen.
    »Ich habe ihm geholfen. Er säuft wie ein Loch, aber vor Gericht ist er immer nüchtern.«
    »Das beruhigt mich.«
    »Er gefällt Ihnen bestimmt. Kostet Sie keinen Cent. Schuldet mir einen Gefallen.«
    »Ich mag ihn bereits.«
    Luciens Gesicht war ebenso rot wie seine Augen. »Möchten Sie einen Drink?«
    »Nein. Es ist halb vier nachmittags.«
    »Tatsächlich? Halb vier an welchem Tag?«
    »Mittwoch, 12. Juni. Seit wann haben Sie beide getrunken?«
    »Seit etwa dreißig Jahren.« Lucien lachte und ließ die Eiswürfel in seinem Glas klirren.
    »Ich meine heute.«
    »Wir tranken unser Frühstück. Was spielt's für eine Rolle?«
    »Praktiziert er?«
    »Nein. Er ist pensioniert.«
    »War seine Pensionierung freiwilliger Natur?«
    »Sie wollen wissen, ob er ebenfalls einen Ausschluß aus der Anwaltschaft hinter sich hat, sozusagen?«
    »Das stimmt. Sozusagen.«
    »Nein. Er hat noch immer eine Lizenz, und seine Referenzen sind tadellos.«
    »Er sieht tadellos aus.«
    »Hängt seit einigen Jahren an der Flasche. Wegen der Alimente. Ich habe drei Scheidungen für ihn über die Bühne gebracht. Irgendwann erreichte er den Punkt, an dem sein ganzes Einkommen für Unterhaltszahlungen draufging, und daraufhin zog er sich in den Ruhestand zurück.«
    »Wie kommt er jetzt klar?«
    »Nun, äh, er hat was auf die hohe Kante gelegt. Seine Ex-Frauen und ihre geldgierigen Anwälte wissen nichts davon. Eigentlich geht es ihm nicht schlecht.«
    »Das sieht man.«
    »Darüber hinaus verkauft er Drogen. Ab und zu. Und nur an reiche Kunden. Nun, kein Rauschgift in

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