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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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gewesen.«
    »Ich weiß nicht. Es hat nie besonders gut geklappt.«
    »Sie sind doch Arzt, oder? Dann verhalten Sie sich wie einer. Seien Sie stolz, eitel und arrogant. Treten Sie wie ein Experte auf. Legen Sie Ihr Gutachten vor. Wenn es jemand in Frage stellt, so weisen Sie einfach darauf hin, die Skeptiker verstünden nichts davon.«
    »Ich weiß nicht. Es hat nie besonders gut geklappt.«
    »Wiederholen Sie vor Gericht, was ich Ihnen sage. Dann geht nichts schief.«
    »Zweimal habe ich vor Gericht Ihre Worte wiederholt. Beide Angeklagten wurden verurteilt und sind noch immer in Parchman.«
    »Es handelte sich um hoffnungslose Fälle. Diesmal sieht die Sache ganz anders aus.«
    »Hat Hailey eine Chance?«
    »Eine kleine.«
    »Sie haben doch gerade gesagt, diesmal sähe die Sache ganz anders aus.«
    »Er ist ein anständiger Mann, der einen guten Grund hatte, zwei andere Männer zu erschießen.«
    »Warum hat er dann nur eine kleine Chance und keine große?«
    »Weil das Gesetz seinen Grund nicht für gut genug hält.«
    »Leider kommt es in erster Linie auf das Gesetz an.«
    »Außerdem ist er ein Schwarzer in einer weißen County. Ich traue den hiesigen Frömmlern nicht.«
    »Und wenn er Weißer wäre?«
    »Wenn er als Weißer die beiden schwarzen Vergewaltiger seiner Tochter umgelegt hätte, würden ihm die Geschworenen eine Medaille verleihen.«
    Bass trank sein Glas aus und füllte das nächste. Ein weiteres Glas und ein Eiskübel standen auf dem Korbtisch zwischen ihm und Lucien.
    »Was ist mit Haileys Anwalt?« fragte er.
    »Müßte gleich hier sein.«
    »Er hat für Sie gearbeitet?«
    »Ja, aber ich glaube, Sie kennen ihn nicht. Kam zwei Jahre vor meinem Lizenzentzug in die Praxis. Jung, Anfang Dreißig. Engagiert und aggressiv. Gibt sich Mühe.«
    »Und er hat für Sie gearbeitet?«
    »Das habe ich Ihnen gerade bestätigt. Für sein Alter hat er bereits umfangreiche Gerichtserfahrungen. Dies ist nicht sein erster Mordfall. Aber wenn ich mich nicht irre, vertritt er zum erstenmal einen Mörder, der zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig war.«
    »Freut mich, das zu hören. Ich möchte nicht, daß jemand zu viele Fragen stellt.«
    »Ihre Zuversicht gefällt mir. Warten Sie nur, bis Sie dem Bezirksstaatsanwalt begegnen.«
    »Mir ist dabei nicht besonders wohl zumute. Wir haben es zweimal versucht, und zweimal ging's schief.«
    Lucien schüttelte erstaunt den Kopf. »Sie sind der bescheidenste Arzt, den ich kenne.«
    »Und der ärmste.«
    »Sie sollten hochmütig und arrogant sein. Immerhin sind Sie der Fachmann. Verhalten Sie sich wie einer. Wer könnte Ihre fachliche Meinung in Clanton, Mississippi, bezweifeln?«
    »Bestimmt ruft die Staatsanwaltschaft eigene Experten in den Zeugenstand.«
    »Vermutlich einen Psychiater aus Whitfield. Er wird den Angeklagten einige Stunden lang untersuchen, dann zum Gericht fahren und aussagen, daß er nie einen geistig gesünderen Mann gesehen hat. Fälle von Unzurechnungsfähigkeit sind ihm völlig unbekannt. Er bescheinigt allen perfekte geistige Gesundheit. In Whitfield gibt es nur Leute, die völlig normal sind. Es sei denn, man erhofft sich finanzielle Unterstützung von der Regierung dann ist der halbe Staat dem Wahnsinn anheimgefallen. Man würde den Kerl entlassen, wenn er plötzlich sagte, daß Angeklagte zum Tatzeitpunkt übergeschnappt gewesen wären. Sie brauchen sich also überhaupt keine Sorgen zu machen.«
    »Warum sollte die Jury mir glauben?«
    »Das klingt so, als hätten Sie noch nie ein solches Verfahren erlebt.«
    »Ich habe zwei entsprechende Prozesse hinter mir, erinnern Sie sich? Eine Vergewaltigung und ein Mord. Keiner der beiden Angeklagten war verrückt, obwohl ich das Gegenteil behauptete. Man verfrachtete sie nach Parchman, und dort gehörten sie auch hin.«
    Lucien trank erneut, betrachtete die hellbraune Flüssigkeit und die darin schwimmenden Eiswürfel. »Sie haben versprochen, mir zu helfen. Und Sie wissen ganz genau, daß Sie mir diesen Gefallen schulden. Denken Sie nur an die von mir geregelten Scheidungsfälle.«
    »Insgesamt drei. Und nachher war ich jedesmal pleite.«
    »Sie verdienten es nicht besser. Und Sie hatten keine Wahl: Entweder gaben Sie den Forderungen nach, oder Sie mußten damit rechnen, daß vor Gericht gewisse Angewohnheiten zur Sprache kamen.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Wie viele meiner Klienten – beziehungsweise Patienten habe ich Ihnen im Lauf der Jahre geschickt?«
    »Nicht genug, um die Alimente zu

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