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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Jungs, der verdammte Nigger wird vielleicht freigesprochen, wenn der Prozeß gegen ihn woanders stattfindet; ihr solltet mit dem Richter reden und ihn zur Vernunft bringen.‹ Aus diesem Grund fühlt sich Noose unter Druck gesetzt.«
    Einige Minuten lang tranken sie schweigend und ließen ihre Schaukelstühle langsam wippen. Das Bier schmeckte köstlich.
    »Das ist noch nicht alles«, sagte Lucien.
    »Was meinen Sie?«
    »Noose.«
    »Heraus damit.«
    »Man hat ihm gedroht. Es sind keine politischen Drohungen – sie beziehen sich auf ihn persönlich, auf sein Leben. Wie ich hörte, hat er einen Riesenbammel. Bat die Polizei, sein Haus zu überwachen. Führt jetzt immer eine Waffe bei sich.«
    »Ich kenne das Gefühl«, murmelte Jake.
    »Ja, ich weiß.«
    »Sie wissen was?«
    »Vom Dynamit. Wer steckt dahinter?«
    Jake war sprachlos. Er starrte Lucien verblüfft an und brachte keinen Ton hervor.
    »Fragen Sie nicht. Ich habe gute Beziehungen. Wer steckt dahinter?«
    »Keine Ahnung.«
    »Muß ein Profi sein.«
    »Vielleicht.«
    »Sie können sich hier bei mir einquartieren. Ich habe fünf Schlafzimmer.«
    Die Sonne war untergegangen, als Ozzie um Viertel nach acht seinen Streifenwagen hinter dem Saab auf Wilbanks Zufahrt parkte. Er ging zur Verandatreppe, und Lucien sah ihn zuerst.
    »Hallo, Sheriff«, sagte er. Die Zunge schien ihm dabei im Weg zu sein.
    »Guten Abend, Lucien. Wo ist Jake?«
    Wilbanks nickte zum Ende der Terrasse. Brigance lag dort in der Hollywoodschaukel.
    »Macht ein Nickerchen«, erklärte Lucien.
    Ozzie schritt über die leise knirschenden Planken und blickte auf den schnarchenden Brigance hinab. Er stieß ihn vorsichtig an. Jake öffnete die Augen und stemmte sich mühsam hoch.
    »Carla hat mich in meinem Büro angerufen. Sie ist außer sich vor Sorge. Den ganzen Nachmittag über hat sie versucht, Sie zu erreichen. Überall bekam sie die Auskunft, niemand hätte Sie gesehen. Sie hält sich bereits für eine Witwe.«
    Jake rieb sich die Augen, und die Schaukel unter ihm erzitterte. »Sagen Sie ihr, daß ich nicht tot bin. Sagen Sie ihr, Sie hätten mit mir gesprochen und seien daher völlig sicher, daß ich noch lebe. Sagen Sie ihr, ich rufe sie morgen an. Bitte sagen Sie ihr das, Ozzie. Bitte.«
    »Kommt nicht in Frage. Sie sind doch schon ein großer Junge. Sprechen Sie selbst mit ihr.« Ozzie ging fort. Er war ganz und gar nicht amüsiert.
    Jake stand auf und taumelte zur Tür. »Wo ist das Telefon?« fragte er Sallie. Als er wählte, hörte er, wie Lucien auf der Veranda schallend lachte.
26
    A n seinem letzten Kater hatte Jake als Student gelitten, vor sechs oder sieben Jahren. An das Datum konnte er sich nicht erinnern, doch das Pochen hinter der Stirn, der trockene Mund, die Kurzatmigkeit und die brennenden Augen weckten lebhafte Erinnerungen an lange und unvergeßliche Zechereien mit seinen damaligen Freunden.
    Als er das linke Auge öffnete, wußte Jake sofort, daß er in Schwierigkeiten war. Das rechte Lid klebte fest und ließ sich nur heben, wenn er die Finger zur Hilfe nahm, doch derzeit wagte er es nicht, sich zu bewegen. Er lag in einem dunklen Zimmer auf der Couch – voll angekleidet, sogar mit Schuhen –, lauschte dem Hämmern in seinen Schläfen und beobachtete, wie sich der Deckenventilator drehte. Übelkeit peinigte ihn. Sein Nacken schmerzte, weil ein Kissen fehlte. Die Füße prickelten unangenehm, weil er es versäumt hatte, die Schuhe auszuziehen. Das Rumoren in der Magengrube wurde immer stärker. Jake wünschte sich den Tod herbei.
    Er hatte wie schon früher Katerprobleme, weil es ihm nie gelang, den Rausch auszuschlafen. Sobald er die Augen öffnete, sobald sich die mentalen Zahnräder in Bewegung setzten und das Pochen hinter der Stirn begann, konnte er nicht mehr schlafen. Der Grund dafür war ihm noch immer ein Rätsel. Seine Studentenfreunde hatte nach einem Gelage tagelang geschlafen, ganz im Gegensatz zu Jake: Er erwachte bereits einige Stunden nach dem Leeren der letzten Flasche oder letzten Dose.
    Warum? Diese Frage stellte er sich immer am nächsten Morgen. Warum hatte er soviel getrunken? Ein kaltes Bier war erfrischend, vielleicht auch zwei oder drei. Aber zehn, fünfzehn oder gar zwanzig? Er hatte nicht mitgezählt. Nach sechs Dosen verlor das Bier seinen Geschmack, und von jenem Zeitpunkt an trank man nur noch um des Trinkens willen. In dieser Hinsicht hatte ihm Lucien sehr geholfen. Gegen Abend beauftragte er Sallie, eine ganze Kiste Coors zu holen. Er

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