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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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fühle mich nur körperlich von Ihnen angezogen«, kommentierte Ellen.
    »Seien Sie vorsichtig«, warf Jake ein. »Seit Lucien dieses Büro verließ, gab es hier keinen Sex mehr.«
    »Viele Dinge verschwanden mit Lucien«, sagte Harry Rex. »Wer ist Lucien?«
    Jake und Harry Rex sahen sich an. »Sie lernen ihn bald kennen«, antwortete Brigance.
    »Sie haben eine nette Sekretärin«, meinte Ellen.
    »Ich wußte, daß Sie prima miteinander auskommen würden. Ethel ist ein Prachtstück, wenn man sie besser kennt.«
    »Wie lange dauert das?«
    »Ich kenne sie schon seit zwanzig Jahren und warte noch immer darauf, daß sie mir ihr wahres, freundliches Wesen offenbart«, sagte Harry Rex.
    »Wie kommen die Ermittlungen voran?« fragte Jake. »Langsam. Es gibt Dutzende von M'Naghten-Fällen, und alle sind sehr lang. Die Hälfte habe ich hinter mir, und den Rest wollte ich mir hier vornehmen. Vorausgesetzt, der Wachhund dort unten beißt mich nicht.«
    »Ich rede mit Ethel«, sagte Jake.
    Harry Rex ging zur Tür. »Hat mich sehr gefreut, Row Ark. Wir sehen uns bestimmt häufiger.«
    »Nochmals besten Dank!« rief ihm Jake nach. »Bis Mittwoch abend.«
    Auf dem Kiesparkplatz vor Tanks Tonk war kein Platz mehr frei. Jake fand den Schuppen erst nach Sonnenuntergang: Bisher hatte es keinen Grund für ihn gegeben, das Lokal zu besuchen, und auch jetzt kam er nicht gern. Etwa zehn Kilometer trennten die Spelunke von Clanton, und sie lag abseits – fast versteckt – neben einer ungepflasterten Straße. Er hielt ein ganzes Stück vor dem kleinen, aus Hohlziegeln errichteten Gebäude an und spielte mit dem Gedanken, den Motor laufen zu lassen – falls Tank nicht da war und eine rasche Flucht notwendig wurde. Aber er verbannte diese absurde Idee sofort aus seinen Überlegungen: Der Saab gefiel ihm, und er hielt Autodiebstahl hier nicht nur für möglich, sondern für wahrscheinlich. Er schloß den Wagen ab, ging einmal um ihn herum und rechnete fast damit, daß nach seiner Rückkehr wichtige Teile fehlen würden.
    Die Musikbox dröhnte durch offene Fenster, und Jake glaubte zu hören, wie eine Flasche zerbrach. Auf dem Boden? Auf einem Tisch? Oder am Kopf eines Gastes? Er zögerte neben dem Saab und dachte daran, wieder nach Clanton zurückzufahren. Nein, es ging um eine wichtige Angelegenheit. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen, atmete tief durch und öffnete die knarrende Holztür.
    Vierzig Schwarze starrten den Weißen an, der Mantel und Krawatte trug, blinzelte und versuchte, in der halbdunklen Kneipe etwas zu erkennen. Unsicher stand er auf der Schwelle und hielt ebenso verzweifelt wie vergeblich nach einem Freund Ausschau. Michael Jackson beendete einen Song, und eine halbe Ewigkeit lang herrschte völlige Stille. Jake entfernte sich nicht zu weit von der Tür, nickte, lächelte und trachtete danach, sich ungezwungen zu geben. Niemand erwiderte sein Lächeln.
    Plötzlich bewegte sich jemand hinter der Theke, und Brigance spürte, wie ihm die Knie weich wurden. »Jake! Jake!« rief jemand. Es waren die herrlichsten zwei Worte, die er jemals gehört hatte. Tank legte seine Schürze ab, trat auf den Anwalt zu und schüttelte ihm die Hand.
    »Was führt Sie hierher?«
    »Ich muß mit Ihnen reden. Können wir nach draußen gehen?«
    »Klar. Um was geht's?«
    »Um etwas Berufliches.«
    Tank betätigte einen Lichtschalter neben der Tür. »He!« wandte er sich an alle anwesenden Schwarzen. »Das ist Carl Lee Haileys Verteidiger, Jake Brigance. Ein guter Freund von mir. Begrüßt ihn.«
    Donnernder Applaus erklang; hier und dort ertönten Bravo-Rufe. Mehrere Typen klopften Jake auf die Schulter. Tank griff in eine Schublade hinter der Theke, holte einige von Brigances Visitenkarten hervor und verteilte sie wie Bonbons. Jake seufzte erleichtert, und die Farbe kehrte in sein Gesicht zurück.
    Draußen lehnten sie sich an die Kühlerhaube eines gelben Cadillac. Lionel Ritchie sang durch die Fenster, und die Schwarzen in der Kneipe setzten ihre Gespräche fort. Jake reichte Tank eine Kopie der Geschworenenliste.
    »Sehen Sie sich die Namen an. Ich möchte von Ihnen wissen, wie viele dieser Leute Sie kennen. Hören Sie sich um. Finden Sie soviel wie möglich heraus.«
    Tank hielt sich die Liste dicht vor die Augen. Das Licht einer Michelob-Reklame im Fenster glühte über seine Schulter hinweg. »Wie viele Schwarze?«
    »Keine Ahnung. Das ist einer der Gründe, warum ich Sie um Hilfe bitte. Markieren Sie die Namen der Schwarzen. Stellen

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