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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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waren der Ansicht, es sei besser, die Summe für Carl Lees Verteidigung auszugeben. Doch er lehnte es ab, sich von den NAACP-Anwälten vertreten zu lassen. Daraufhin fragte ich Mr. Reinfeld, was mit dem Geld geschehen solle. Er riet mir, es in der Bank zu lassen, weil Carl Lee es sicher für das Berufungsverfahren braucht.«
    Jake neigte den Kopf zur Seite und biß die Zähne zusammen. Alles in ihm drängte danach, diesen eingebildeten Narren scharf zurechtzuweisen, aber wahrscheinlich wußte er gar nicht, was er sagte. Brigance preßte die Lippen zusammen und schwieg.
    »Ich verstehe nicht«, erwiderte Gwen.
    »Es ist ganz einfach.« Der Bischof lächelte erneut »Mr. Reinfeld glaubt, daß Ihr Mann verurteilt wird, weil er sich weigerte, ihn mit der Verteidigung zu beauftragen. Anschließend steht ein Berufungsverfahren bevor, oder? Nachdem Jake den Prozeß verloren hat, hält Carl Lee natürlich nach einem anderen Anwalt Ausschau, der ihn vor dem Tod bewahrt. Dann benötigen wir Reinfeld und das Geld. Um zu verhindern, daß Carl Lee in der Gaskammer endet. Sie sehen also: Es ist nach wie vor für ihn bestimmt.«
    Jake schüttelte den Kopf und fluchte stumm. Er verfluchte Reinfeld mehr als Agee.
    Es blitzte in Gwens Augen, und sie ballte die Fäuste. »Ich verstehe nichts davon, und ich will es auch gar nicht verstehen. Ich weiß nur eines: Ich habe es satt, um Lebensmittel zu betteln und von anderen Leuten abhängig zu sein. Ich habe es satt, mich dauernd davor zu fürchten, das Haus zu verlieren.«
    Agee maß sie mit einem kummervollen Blick. »Es tut mir sehr leid, Gwen, aber...«
    »Es ist falsch, uns das Spendengeld vorzuenthalten. Wir sind vernünftig genug, es für den richtigen Zweck auszugeben.«
    Carl Lee jr. und Jarvis standen neben ihrer Mutter und trösteten sie. Beide Jungen starrten Agee finster an.
    »Es ist für Carl Lee«, wiederholte der Bischof.
    »Gut«, sagte Jake. »Haben Sie Carl Lee gefragt, wozu das Geld seiner Meinung nach verwendet werden sollte?«
    Das hochmütige Lächeln verschwand aus Agees Gesicht. Er rutschte im Sessel hin und her. »Er hat Vertrauen zu uns«, entgegnete er, doch es klang nicht sehr überzeugend.
    »Danke. Das ist keine Antwort. Haben Sie Carl Lee gefragt, wozu das Geld seiner Meinung nach verwendet werden sollte?«
    »Ich glaube, man hat darüber mit ihm gesprochen«, log Agee.
    »Ach, tatsächlich?« Jake stand auf und ging zur Tür des kleinen Arbeitszimmers neben dem Konferenzraum. Der Bischof beobachtete ihn nervös und schien der Panik nahe zu sein, als Brigance die Tür öffnete und jemandem zunickte. Carl Lee und Ozzie schlenderten herein. Die Kinder jauchzten und liefen zu ihrem Vater. Agee wirkte betroffen und bestürzt.
    Nach Dutzenden von Umarmungen und Küssen holte Jake zum entscheidenden Schlag aus. »Nun, Bischof, jetzt bietet sich Ihnen eine gute Gelegenheit, Carl Lee zu fragen, wie die sechstausend Dollar ausgegeben werden sollten.«
    »Sie gehören nicht unbedingt ihm«, sagte Agee.
    »Und sie gehören nicht unbedingt Ihnen«, erwiderte Ozzie.
    Carl Lee schob Tonya sanft von seinem Knie herunter und schritt zu Agee. Er setzte sich auf die Tischkante, musterte den Bischof und schien bereit zu sein, ihn zu packen. »Ich möchte mich ganz einfach ausdrücken, so daß Sie mich richtig verstehen. Sie haben das Geld in meinem Namen gesammelt, für meine Familie. Sie bekamen es von den Schwarzen in dieser County, und Sie nahmen es mit dem Versprechen, mir und meiner Familie zu helfen. Aber Sie haben gelogen. Sie sammelten es, um die NAACP zu beeindrucken. Es ging Ihnen gar nicht darum, meiner Familie zu helfen. Sie haben in der Kirche gelogen, in den Zeitungen, überall!«
    Agee blickte sich im Zimmer um und stellte fest, daß ihn alle Anwesenden – auch die Kinder – ansahen und langsam nickten.
    Carl Lee stützte den Fuß auf Agees Sessel und beugte sich vor. »Wenn Sie uns das Geld nicht geben, sage ich allen Schwarzen, daß Sie ein verdammter Lügner sind. Ich gehöre zu Ihrer Kirche und rufe alle anderen Gemeindemitglieder an, um ihnen mitzuteilen, daß wir keinen Cent bekommen haben. Anschließend bringt Ihnen die Kollekte am Sonntagmorgen keine zwei Dollar mehr ein. Dann müssen Sie sich von Ihrem teuren Cadillac und den teuren Anzügen verabschieden. Vielleicht verlieren Sie sogar die Kirche, denn ich werde alle auffordern, nicht mehr Ihren Gottesdienst zu besuchen.«
    »Sind Sie fertig?« fragte Agee. »Wenn das der Fall ist, möchte ich Ihnen

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