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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Mikrofon nahm, einen Zettel aus der Tasche zog und mit seiner Predigt begann.
    Lucien verspätete sich und kam halb betrunken – Jake hatte es nicht anders erwartet. Er brachte eine Flasche mit und bot Brigance, Harry Rex und Atcavage zu trinken an, doch sie lehnten ab.
    »Es ist Viertel vor neun, Lucien«, sagte Jake. »Wir warten seit fast einer Stunde auf Sie.«
    »Bezahlt man mich für die Teilnahme an der Besprechung?« erwiderte Wilbanks.
    »Nein. Aber wir haben Sie gebeten, um Punkt acht hier zu sein.«
    »Außerdem meinten Sie, Alkohol sei hier verboten. Woraufhin ich Sie daran erinnerte, daß mein Großvater dieses Haus gebaut hat. Sie sind nicht der Eigentümer dieses Büros. Sie haben es nur gemietet, für einen Spottpreis, wenn ich das hinzufügen darf. Ich komme und gehe, wie es mir gefällt. Mit oder ohne Whisky.«
    »Schon gut. Ich hoffe, Sie...«
    »Was machen die Schwarzen dort draußen? Warum marschieren sie im Dunkeln ums Gerichtsgebäude?«
    »Man bezeichnet so etwas als Nachtwache«, erklärte Harry Rex. »Sie haben geschworen, mit Kerzen ums Gerichtsgebäude zu wandern, bis Carl Lee auf freien Fuß gesetzt wird.«
    »Das könnte eine verdammt lange Nachtwache werden. Ich meine, vielleicht müssen die armen Kerle marschieren, bis sie tot umfallen. Ich meine, vielleicht dauert ihre Nacht wache zwölf oder fünfzehn Jahre. Vermutlich ein neuer Rekord. Zum Schluß reicht ihnen das Kerzenwachs bestimmt bis zum Hintern. Guten Abend, Row Ark.«
    Ellen saß am Rollschreibtisch, unter dem Bild von William Faulkner. Sie betrachtete eine mit vielen Anmerkungen versehene Kopie der Geschworenenliste, hob den Kopf, sah Lucien an und lächelte.
    »Ich habe großen Respekt vor Ihnen, Row Ark«, sagte Wilbanks. »Ich halte Sie für gleichberechtigt. Ich glaube an Ihr Recht, gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu empfangen. Ich glaube an Ihr Recht, eine Schwangerschaft zu unterbrechen, wenn Sie kein Kind zur Welt bringen wollen. Ja, ich glaube an all diesen Unsinn. Wirklich, Sie sind eine Frau und haben es nicht nötig, aufgrund Ihres Geschlechts Privilegien zu beanspruchen. Man sollte Sie so behandeln wie einen Mann.« Lucien griff in die Tasche und holte einige Geldscheine hervor. »Da Sie hier als Assistentin arbeiten und in meinen Augen ein Neutrum sind, schlage ich vor, Sie gehen jetzt los und kaufen Coors.«
    »Nein«, sagte Jake.
    »Klappe halten.«
    Ellen stand auf und nickte Lucien zu. »Meinetwegen. Aber ich bezahle.«
    Sie verließ das Büro.
    Jake schüttelte den Kopf und warf Lucien einen verärgerten Blick zu. »Es könnte ein langer Abend werden.«
    Harry Rex überlegte es sich anders und schüttete Whisky in seine Kaffeetasse.
    »Bitte trinken Sie nicht zuviel von dem Zeug«, stöhnte Jake. »Wir müssen arbeiten.«
    »Ich arbeite besser, wenn ich betrunken bin«, meinte Lucien. »Ich auch«, pflichtete ihm Harry Rex bei.
    »Das könnte interessant werden«, sagte Atcavage.
    Jake legte die Füße auf den Schreibtisch und paffte an seiner Zigarre. »Na schön. Entscheiden wir zuerst über den besten denkbaren Geschworenen.«
    »Schwarz«, brummte Lucien.
    »So schwarz wie möglich«, bestätigte Harry Rex.
    »Finde ich auch«, sagte Jake. »Aber ich fürchte, dazu bekommen wir keine Chance. Buckley wird sein Einspruchsrecht bei den Schwarzen nutzen. Das wissen wir. Deshalb müssen wir uns auf die Weißen konzentrieren.«
    »Frauen«, meinte Lucien. »Mit Frauen liegt man bei Strafprozessen nie verkehrt. Sie haben mehr Mitgefühl, mehr Verständnis. Wählen Sie Frauen.«
    »Nein«, widersprach Harry Rex. »Nicht in diesem Fall. Frauen kapieren nicht, warum sich jemand eine Waffe schnappt und damit Leute umnietet. Sie brauchen Väter, junge Väter, die sich ebenso verhalten würden wie Hailey. Väter von kleinen Mädchen.«
    »Seit wann sind Sie ein Experte für die Auswahl von Geschworenen?« fragte Lucien. »Ich habe Sie immer für einen hinterhältigen Scheidungsanwalt gehalten.«
    »Ich bin ein hinterhältiger Scheidungsanwalt, aber ich weiß auch, wie man eine gute Jury zusammenstellt.«
    »Darüber hinaus verstehen Sie sich darauf, ihre Beratungen zu belauschen.«
    »Und wenn schon.«
    Jake hob die Arme. »Ich bitte Sie. Zur Sache. Was ist mit Victor Onzell? Kennen Sie ihn, Stan?«
    »Ja. Er hat ein Konto bei uns. Etwa vierzig, verheiratet, drei oder vier Kinder. Weiß. Kommt aus dem Norden. Ihm gehört die Raststätte am Highway; seine Gäste sind überwiegend Lastwagenfahrer. Wohnt seit etwa

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