Die Jury
vergewaltigt hätte, Will?« fragte Lela.
»Ich würde es dem Gericht überlassen, den Burschen zu verurteilen. Wenn wir hier einen Vergewaltiger erwischen, insbesondere einen Nigger, so sperren wir ihn ein. In Parchman wimmelt's von Vergewaltigern, die den Rest ihres Lebens hinter Gittern verbringen. Wir sind hier nicht in New York oder Kalifornien, wo Verbrecher freigelassen werden. Unsere Justiz funktioniert, und der alte Richter Noose verhängt harte Strafen. Die Gerichte müssen sich um so etwas kümmern. Die hiesige Justiz gerät aus den Fugen, wenn wir erlauben, daß irgendwelche Leute vor allem Nigger – das Gesetz selbst in die Hand nehmen. Eine derartige Vorstellung entsetzt mich. Angenommen, der Nigger wird für nicht schuldig befunden und verläßt den Gerichtssaal als freier Mann. Das ganze Land erfährt davon, und alle Schwarzen flippen aus. Wenn jemand einem Nigger auf den Fuß tritt, schnappt er sich eine Waffe, ballert los und behauptet später, er sei unzurechnungsfähig gewesen. Das ist so gefährlich an diesem Fall.«
Joe Frank nickte. »Man muß die Nigger unter Kontrolle halten.«
»Ganz meine Meinung. Wenn Hailey freigesprochen wird, sind wir nicht mehr sicher. Dann trägt jeder Nigger in der County eine Waffe und hat den Finger am Abzug.«
»Darüber habe ich noch nicht nachgedacht«, gestand Joe Frank ein.
»Ich hoffe, Sie treffen die richtige Entscheidung, wenn Sie zur Jury gehören. Wir brauchen vernünftige Leute auf der Geschworenenbank.«
»Warum habe ausgerechnet ich eine Vorladung bekommen?«
»Soweit ich weiß, sind insgesamt hundertfünfzig ausgestellt worden. Man rechnet damit, daß am Montagmorgen etwa hundert mögliche Geschworene im Gerichtssaal erscheinen.«
»Und die Chancen, daß man mich für die Jury auswählt?«
»Eins zu hundert«, sagte Lela.
»Das klingt schon besser. Ich muß mein Land bestellen und habe keine Zeit für irgendwelche Prozesse.«
»Wir benötigen Sie in der Jury«, betonte Tierce noch einmal. Einige Minuten lang sprachen sie dann noch über Kommunalpolitik und kritisierten den neuen Vorsitzenden des Kreisverwaltungsvorstands, weil er die Straßen vernachlässigte.
Dunkelheit bedeutete für die Perrymans, daß es Zeit wurde, ins Bett zu gehen. Tierce verabschiedete sich und fuhr nach Hause.
Dort saß er mit einer Tasse Kaffee am Küchentisch und betrachtete die Geschworenenliste. Sein Freund Rufus konnte stolz auf ihn sein. Auf Wills Liste waren sechs Namen markiert.
Er hatte die betreffenden Personen besucht und wußte, daß sie gute Jurymitglieder sein würden; Rufus durfte sich auf ihre Bereitschaft verlassen, für Recht und Ordnung in Ford County einzutreten. Zwei von ihnen waren ihm zunächst mit kühler Ablehnung begegnet, aber Tierce hatte ihnen die Aufgaben der Justiz erklärt, und daraufhin waren sie bereit gewesen, den Angeklagten zu verurteilen.
Ja, Rufus konnte stolz auf ihn sein. Und er hatte versprochen, daß Wills Neffe Jason Tierce nicht befürchten mußte, wegen Drogenhandel vor Gericht gestellt zu werden.
Jake schnitt ein Stück vom fettigen Schweinekotelett ab, schob es sich zusammen mit schwarzen Bohnen in den Mund und beobachtete, wie die auf der anderen Seite sitzende Ellen seinem Beispiel folgte. Lucien hatte am anderen Ende des Tisches Platz genommen, ignorierte das Essen, nippte an seinem Whisky, blätterte die Geschworenenliste durch und kommentierte ihm bekannte Namen. Er war betrunkener als sonst. Die meisten Namen sagten ihm nichts, aber er kommentierte sie trotzdem. Ellen schmunzelte amüsiert und zwinkerte ihrem Chef mehrmals zu.
Schließlich ließ Lucien die Liste fallen und stieß die Gabel vom Teller.
»Sallie!« rief er.
»Wissen Sie, wie viele Bürgerrechtler es hier in Ford County gibt?« wandte er sich an Ellen.
»Mindestens achtzig Prozent der Bevölkerung«, sagte sie. »Nur eines.« Luden richtete den Zeigefinger auf sich selbst.
»Ich bin das erste Mitglied in der Geschichte dieser County, und wahrscheinlich werde ich auch das letzte sein. Die Einheimischen sind Narren, Row Ark. Sie wissen die Bürgerrechte überhaupt nicht zu schätzen. Es handelt sich ausnahmslos um rechte Konservative, um republikanische Fanatiker wie zum Beispiel Jake.«
»Das stimmt nicht«, verteidigte sich Brigance. »Mindestens einmal pro Woche esse ich bei Claude.«
»Und dadurch werden Sie zu einem Progressiven?« fragte Lucien.
»Nein. Zu einem Radikalen.«
»Ich halte Sie trotzdem für einen
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