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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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also keinen Grund für Sie, sich zu beklagen.«
    »Ja, Ma'am. Leiden Sie an Kopfschmerzen?«
    »Seit ich heute morgen aufgewacht bin. Zehn Stunden lang habe ich an der Schreibmaschine gesessen, und jetzt brauche ich einen Drink. Gibt es hier irgendwo einen Mixer?«
    »Einen was?«
    »Ich meine einen Mixer. Ein Küchengerät. Eine der neuen Erfindungen im Norden.«
    »Ich glaube, im Regal neben dem Mikrowellenherd steht einer.«
    Ellen verschwand. Es war fast dunkel, und der Verkehr im Bereich des Platzes ließ nach, als die Sonntagsfahrer den Anblick der Soldaten am Gerichtsgebäude nicht mehr interessant fanden. Nach zwölf Stunden erdrückender Hitze und einer dunstartigen Luftfeuchtigkeit im Zentrum von Clanton waren die Truppen müde. Sie saßen unter Bäumen oder auf Klappstühlen und vertrieben sich die Zeit damit, den Gouverneur zu verfluchen. Als das Tageslicht verblaßte, verlegten die Soldaten Kabel und stellten Scheinwerfer an den Zelten auf. Am Postamt hielt ein Bus, und Schwarze mit Plastikstühlen und Kerzen stiegen aus, um die Nachtwache zu beginnen. Sie wanderten über den Bürgersteig neben der Jackson Street, beobachtet von zweihundert plötzlich mißtrauischen Nationalgardisten. Die Anführerin der Gruppe war Miß Rosia Alfie Gatewood, eine hundert Kilo schwere Witwe, die elf Kinder aufgezogen und neun zum College geschickt hatte. Man kannte sie als erste Schwarze, die kaltes Wasser aus dem öffentlichen Brunnen auf dem Platz getrunken und überlebt hatte, um davon zu erzählen. Sie warf den Soldaten finstere Blicke zu. Niemand von ihnen sprach ein Wort. Ellen kehrte mit zwei großen Biergläsern mit den Wappen des Boston College zurück, die eine hellgrüne Flüssigkeit enthielten, stellte sie auf den Tisch und nahm Platz.
    »Was ist das?«
    »Trinken Sie. Es hilft Ihnen, sich zu entspannen.«
    »Ich bin durchaus bereit, das Zeug zu schlucken. Aber ich möchte gern wissen, was ich meinem Magen anvertraue.«
    »Margaritas.«
    Jake betrachtete den Rand seines Glases. »Und das Salz?«
    »Ich mag sie ohne Salz lieber.«
    »Offenbar bleibt mir nichts anderes übrig, als Ihrem Beispiel zu folgen. Warum Margaritas?«
    »Warum nicht?«
    Jake schloß die Augen und trank einen großen Schluck. Dann noch einen. »Row Ark, Sie sind eine talentierte Frau.«
    »Ich bin ein talentierter Laufbursche.«
    Brigance setzte das Glas erneut an die Lippen. »Seit acht Jahren habe ich keine Margarita mehr getrunken.«
    »Das tut mir leid.« Ellens Glas war schon halb leer. »Welcher Rum ist hier drin?«
    »Ich würde Sie Blödmann nennen, wenn Sie nicht mein Chef wären.«
    »Danke.«
    »Bei Margaritas verwendet man keinen Rum, sondern Tequila, Zitronensaft und Cointreau. Ich dachte, das wüßten alle Jurastudenten.«
    »Unverzeihlich von mir. Bestimmt wußte ich darüber Bescheid, als ich noch zur Uni ging.«
    Ellen blickte zum Platz.
    »Unglaublich! Sieht wie ein Kriegsschauplatz aus.« Jake leerte sein Glas und leckte sich die Lippen. Die Soldaten in den Zelten spielten Karten und lachten, andere flohen vor den Moskitos ins Gerichtsgebäude. Die Kerzen erreichten eine Gebäudeecke und wandten sich der Washington Street zu. »Ja«, sagte Jake und lächelte. »Prächtig, nicht wahr? Stellen Sie sich unsere unvoreingenommenen Geschworenen vor, wenn sie Montag morgen kommen und damit konfrontiert werden. Ich beantrage noch einmal die Verlegung des Verhandlungsortes, und der Richter lehnt ab. Ich beantrage eine neue Geschworenenauswahl, und auch diesen Wunsch wird mir Noose nicht erfüllen. Dann sorge ich dafür, daß jenes Spektakel dort drüben im Prozeßprotokoll erwähnt wird.«
    »Warum sind die Soldaten hier?«
    »Ozzie Walls und der Bürgermeister haben mit dem Gouverneur telefoniert und ihn davon überzeugt, daß die Nationalgarde notwendig ist, damit in Ford County kein Chaos ausbricht. Sie sagten ihm, unser Krankenhaus sei nicht groß genug.«
    »Woher kommen die Gardisten?«
    »Aus Booneville und Columbus. Gegen Mittag müssen es etwa zweihundertzwanzig gewesen sein.«
    »Und sie waren den ganzen Tag über hier?«
    »Um fünf bin ich von ihnen geweckt worden. Stundenlang habe ich den Truppenbewegungen zugeschaut. Einige Male gerieten sie in Bedrängnis, aber es traf rechtzeitig Verstärkung ein. Eben begegneten sie dem Feind, als Miß Gatewood und ihre Gefährten mit den Kerzen kamen. Ein Blick von ihr genügte, um die Soldaten einzuschüchtern, und jetzt spielen sie Karten.« Ellen trank aus und ging in die

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