Die Jury
auf dem Boden kniete und den Kopf gesenkt hielt, während seine Kinder vor ihm schluchzten. Viele Erwachsene weinten ebenfalls.
In der Küche stand ein regelrechtes Bankett bereit. Der Ehrengast setzte sich auf den üblichen Stuhl am oberen Ende des Tisches, umgeben von der Familie. Bischof Agee sprach ein kurzes Gebet der Hoffnung und Heimkehr. Hundert Freunde hörten zu. Ozzie und Hastings füllten Teller für sie und zogen sich dann auf die vordere Veranda zurück, wo sie nach Moskitos schlugen und ihre Strategie für den Prozeß planten. Der Sheriff war sehr um Carl Lees Sicherheit besorgt und dachte in diesem Zusammenhang daran, daß sie ihn jeden Tag vom Gefängnis zum Gericht und zurück fahren mußten. Der Angeklagte hatte bewiesen, wie gefährlich solche Fahrten sein konnten.
Nach dem Essen strömte die Menge auf den Hof. Die Kinder spielten, während die Erwachsenen auf der Veranda blieben, so nahe wie möglich bei Carl Lee. Er war ihr Held, der berühmteste Mann weit und breit, und sie kannten ihn persönlich. Ihrer Ansicht nach fand der Prozeß gegen ihn nur aus einem Grund statt. Sicher, er trug die Schuld am Tod der beiden Männer, aber darum ging es gar nicht. Als Weißer hätte er dafür eine Medaille bekommen. Er wäre zwar ebenfalls vor Gericht gestellt worden, doch mit einer weißen Jury hätte sich das Verfahren auf eine reine Formsache beschränkt. Carl Lee hingegen riskierte eine Verurteilung, weil er Schwarzer war. Andernfalls hätte er ganz sicher sein können, freigesprochen zu werden. Alle Anwesenden glaubten fest daran. Sie hörten aufmerksam zu, als er über den bevorstehenden Prozeß sprach. Er bat sie darum, für ihn zu beten, im Gerichtssaal zugegen zu sein und seine Familie zu schützen.
Stundenlang saßen sie draußen in der schwülen Hitze. Carl Lee und Gwen hatten nebeneinander in der Hollywoodschaukel Platz genommen, umgeben von Bewunderern, deren Blicke an dem illustren Mann klebten. Bevor sie gingen, umarmten sie ihn und versprachen, am Montag im Gericht zu sein. Sie fragten sich, ob sie es noch einmal würden sehen können, wie er so auf der Veranda seines Hauses saß.
Um Mitternacht meinte Ozzie, es sei Zeit, in die Stadt zurückzukehren. Carl Lee verabschiedete sich von Gwen und den Kindern und ging dann mit dem Sheriff zum Streifenwagen.
Bud Twitty starb in jener Nacht. Die Zentrale benachrichtigte Nesbit, der Jake anrief. Brigance nahm sich vor, Blumen zu schicken.
32
S onntag. Nur noch ein Tag bis zum Prozeßbeginn, Jake erwachte um fünf Uhr morgens mit einem flauen Gefühl in der Magengrube. Er führte es auf das Verfahren zurück, und den Grund für seine Kopfschmerzen sah er ebenfalls in der Gerichtsverhandlung – und in einer langen, feuchten Diskussion, die er am vergangenen Abend auf Luciens Terrasse geführt hatte, zusammen mit Ellen und seinem früheren Chef. Row Ark beschloß, in einem von Luciens Gästezimmern zu übernachten, und deshalb hielt es Jake für angebracht, zu seiner Praxis zu fahren und dort im Büro zu schlafen.
Er lag auf der Couch und hörte Stimmen von der Straße. Im Dunkeln taumelte er zum Balkon und blieb verblüfft stehen, als er die Szene vor dem Gerichtsgebäude sah. D-Day! Der Krieg hatte begonnen! Patton war eingetroffen! Transporter und Jeeps auf den Straßen, die den Platz säumten. Überall Soldaten, die bei dem Versuch hin und her eilten, sich zu organisieren und einen militärischen Eindruck zu erwecken. Funkgeräte piepten; dickbäuchige Kommandeure schrien ihre Männer an und befahlen ihnen, sich zu disziplinieren und militärisch zu wirken. In der Nähe des Pavillons auf dem Rasen wurde eine Leitstelle errichtet. Dutzende von Uniformierten hämmerten Pflöcke in den Boden, zogen Stricke und bauten drei große, in Tarnfarben gehaltene Zelte auf. An den vier Ecken des Platzes entstanden Absperrungen, und dort bezogen Wachtposten Aufstellung. Sie rauchten Zigaretten und lehnten sich an die Straßenlaternen.
Nesbit saß auf dem Kofferraum seines Wagens und beobachtete die Befestigung des Stadtzentrums. Er plauderte mit einigen Soldaten. Jake kochte Kaffee und brachte ihm einen Becher. Er war jetzt wach und in Sicherheit; Nesbit konnte nach Hause fahren und sich bis zum Abend ausruhen. Anschließend kehrte Brigance auf den Balkon zurück und sah den allgemeinen Aktivitäten bis zum Sonnenaufgang zu. Nach dem Transport der Truppen rollten die Laster zum Arsenal der Nationalgarde im Norden der Stadt; dort würden die Soldaten
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