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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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und beschrieb detailliert, wie schwer es ihm gefallen war, dem komplexen, stark belasteten und wahrscheinlich labilen Geist Einzelheiten über Vietnam zu entlocken. Auf diese Weise erinnerte sich Carl Lee nicht an die Gespräche, aber pflichtbewußt schnitt er eine schmerzerfüllte Miene und fragte sich zum erstenmal in seinem Leben, ob in ihm wirklich etwas verkorkst sein mochte. Eine Stunde lang fand der Krieg in Fernost erneut statt, und seine Konsequenzen für den Angeklagten wurden in aller Deutlichkeit dargestellt. Dann beschloß Jake, das Thema zu wechseln. »Nun, Dr. Bass...«, sagte er und kratzte sich am Kopf. »Gibt es sonst noch wichtige Dinge in bezug auf die geistige Verfassung meines Klienten?«
    »Nein. Abgesehen von der Vergewaltigung seiner Tochter.«
    »Haben Sie darüber mit Carl Lee gesprochen?«
    »Sogar ziemlich ausführlich und bei allen drei Begegnungen.«
    »Bitte erklären Sie der Jury, wie sich die Vergewaltigung auf Carl Lee auswirkte.«
    Bass strich sich übers Kinn und blinzelte verwirrt. »Offen gestanden, Mr. Brigance: Es würde recht lange dauern, genau zu erläutern, welche Folgen sich daraus für Mr. Hailey ergaben.« Jake zögerte und schien gründlich über diese Antwort nachzudenken. »Könnten Sie es für die Geschworenen zusammenfassen?«
    Bass nickte ernst. »Ich versuche es.«
    Lucien verlor das Interesse an der Aussage des Psychiaters und wandte seine Aufmerksamkeit der Jury zu, in der Hoffnung, einen Blickkontakt mit Clyde Sisco herzustellen. Sisco hörte Bass nicht mehr zu, aber er bewunderte die Stiefel des Sachverständigen. Lucien behielt ihn unauffällig im Auge und wartete darauf, daß er zu ihm hinübersah.
    Bass schwafelte, und schließlich wandte Sisco den Kopf. Er blickte Carl Lee an, dann Buckley, dann einen der Reporter in der vordersten Reihe. Und dann schließlich den bärtigen alten Mann, der ihm einst achtzigtausend Dollar beza hlt hatte, damit er seine staatsbürgerliche Pflicht erfüllte und ein gerechtes Urteil sprach. Sisco und Lucien musterten sich gegenseitig, und beide deuteten ein dünnes Lächeln an. Wieviel? fragten Wilbanks' Augen. Clyde konzentrierte sich wieder auf den Zeugenstand, doch einige Sekunden später huschte sein Blick erneut zu Lucien, dessen Lippen ein lautloses Wieviel? formulierten.
    Sisco dachte über einen fairen Preis nach, während er Bass beobachtete. Einmal mehr sah er kurz zu Lucien, kratzte sich am Kinn, hob fünf Finger vors Gesicht und hüstelte. Kurz darauf hustete er erneut und gab vor, dem Zeugen zuzuhören. Fünfhundert oder fünftausend? fragte sich Lucien. Er kannte Sisco und wußte daher, daß er sich bestimmt nicht mit fünfhundert zufriedengab. Also fünf Riesen. Oder vielleicht sogar fünfzigtausend. Es spielte keine Rolle. Wilbanks war bereit, jede Summe zu zahlen, um eine Verurteilung zu verhindern.
    Bis um halb elf hatte Noose seine Brille hundertmal geputzt und zehn Tassen Kaffee getrunken. Der Druck in seiner Blase wuchs. »Zeit für eine Pause. Die Verhandlung wird um elf Uhr fortgesetzt.« Er klopfte mit dem Hammer und eilte hinaus. »Wie war ich bisher?« fragte Bass nervös. Er folgte Jake und Lucien zur Bibliothek im zweiten Stock.
    »Nicht schlecht«, erwiderte Brigance. »Aber Sie sollten die Stiefel nicht so deutlich zeigen.«
    »Die Stiefel sind wichtig«, beharrte Lucien.
    »Ich brauche einen Drink«, stieß Bass verzweifelt hervor. »Ich auch«, pflichtete ihm Wilbanks bei. »Ich schlage vor, wir machen einen kurzen Abstecher zu Ihrem Büro, Jake. Ein Gläschen kann bestimmt nicht schaden.«
    »Gute Idee!« freute sich Bass.
    »Ausgeschlossen.« Jake schüttelte den Kopf.
    »Sie sind nüchtern, und bisher ist Ihre Aussage einwandfrei.«
    »Wir haben dreißig Minuten Zeit«, betonte der Psychiater, als er und Lucien die Bibliothek in Richtung Treppe verließen.
    »Nein!« protestierte Jake. »Bitte nicht, Lucien!«
    »Nur einen Drink«, sagte Wilbanks und deutete mit dem Finger auf ihn. »Nur einen.«
    »Sie haben sich noch nie mit nur einem Glas begnügt.«
    »Begleiten Sie uns, Jake. Sie können ebenfalls einen Schluck vertragen. Beruhigt Ihre Nerven.«
    »Nur einen Drink«, wiederholte Bass und stürmte die Treppe hinunter.
    Um elf saß der psychiatrische Sachverständige wieder im Zeugenstand und blickte mit glasigen Augen zur Jury. Er lächelte und kicherte fast, bemerkte die Zeichner in der vordersten Reihe und versuchte, so expertenhaft wie möglich auszusehen. Mit seinen Nerven war jetzt

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