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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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alles in bester Ordnung.
    »Dr. Bass, kennen Sie die M'Naghten-Regel und ihre Anwendung im Strafrecht?«
    »Selbstverständlich!« bestätigte Bass mit plötzlicher Überheblichkeit.
    »Bitte erklären Sie den Geschworenen, was damit gemeint ist.«
    »Gern. Die M'Naghten-Regel gilt als Maßstab für die Schuld des Angeklagten, und sie wird nicht nur hier in Mississippi berücksichtigt, sondern auch im Strafrecht von fünfzehn anderen Staaten. Sie stammt aus England: Im Jahr 1843 versuchte dort ein Mann namens Daniel M'Naghten den Premierminister Sir Robert Peel umzubringen, doch er erschoß versehentlich den Sekretär Edward Drummond. Während des Prozesses stellte sich heraus, daß M'Naghten an paranoider Schizophrenie litt, und die Geschworenen sprachen ihn nicht schuldig. Auf diese Weise entstand die M'Naghten-Regel. Sie wird noch heute in England und bei uns angewendet.«
    »Was bedeutet sie?« fragte Jake.
    »Eigentlich ist sie ganz einfach. Man nimmt zunächst an, daß der Angeklagte geistig gesund ist. Um ihn auf der Basis von Unzurechnungsfähigkeit zu verteidigen, muß nachgewiesen werden, daß er zum Tatzeitpunkt geistesgestört war, was ihn daran hinderte, die Konsequenzen seines Handelns zu überblicken beziehungsweise zu erkennen, daß er gegen das Gesetz verstieß.«
    »Könnten Sie das etwas einfacher ausdrücken?«
    »Ja. Wenn ein Angeklagter nicht zwischen Richtig und Falsch unterscheiden kann, gilt er juristisch als unzurechnungsfähig.«
    »Bitte definieren Sie den Begriff Unzurechnungsfähigkeit.«
    »In medizinischer Hinsicht hat er keine Bedeutung. Es geht dabei nur darum, ob eine Person für ihr Verhalten vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden kann.«
    Jake atmete tief durch. »Nun, Doktor«, fuhr er fort, »sind Sie aufgrund Ihrer Untersuchungen des Angeklagten imstande, seinen geistigen Zustand zum Tatzeitpunkt am 20. Mai dieses Jahres zu beurteilen?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Bitte nennen Sie uns Ihre Ansicht.«
    »Meiner Meinung nach verlor Mr. Hailey durch die Vergewaltigung seiner Tochter den Bezug zur Realität«, antwortete Bass langsam. »Als er das Mädchen kurze Zeit später sah, erkannte er es nicht wieder. Und als ihm jemand erzählte, es sei mehrfach vergewaltigt, brutal zusammengeschlagen und fast erdrosselt worden, zerbrach etwas in ihm. Nun, ich benutze sehr einfache Worte, um diesen Vorgang zu beschreiben, aber sie treffen den Kern der Sache. Irgend etwas zerbrach in ihm, und seine Distanz zur Wirklichkeit wuchs. Die Täter mußten sterben. Er sagte mir folgendes: Als er sie zum erstenmal hier im Gerichtssaal sah, konnte er nicht verstehen, warum einige Deputys die beiden Männer schützten.
    Er wartete darauf, daß ein Polizist seine Dienstwaffe zog und sie erschoß. Einige Tage verstrichen, und niemand brachte die Vergewaltiger um. Daraufhin gelangte Carl Lee Hailey zu dem Schluß, es sei seine Pflicht, für Gerechtigkeit zu sorgen. Ich meine, er glaubte fest daran, daß Cobb und Willard für ihr abscheuliches Verbrechen den Tod verdient hatten.
    Geistig verließ er uns, Mr. Brigance. Zu jenem Zeitpunkt lebte er in einer völlig anderen Welt. Er schnappte über und litt an Wahnvorstellungen.«
    Bass wußte, daß er gut klang. Er sprach jetzt nicht mehr zu dem Anwalt, sondern zur Jury.
    »Einen Tag nach der Vergewaltigung besuchte er seine Tochter im Krankenhaus. Wegen ihres gebrochenen Kiefers konnte sie kaum reden, aber Tonya erzählte doch: ›Ich habe gesehen, wie du durch den Wald gelaufen bist, um mich zu retten; warum warst du plötzlich nicht mehr da?‹ Können Sie sich vorstellen, wie ein Vater auf so etwas reagiert? Später sagte sie ihm, sie hätte nach ihrem Daddy gerufen, woraufhin die beiden Männer gelacht und geantwortet hätten, von ihrem Vater dürfe sie keine Hilfe erwarten.«
    Jake gab den Zuhörern einige Sekunden lang Zeit, um über die letzten Worte nachzudenken. Er sah auf Ellens Entwurf und las die letzten beiden Fragen.
    »Sie haben Carl Lee Hailey gründlich untersucht und seinen geistigen Zustand zum Tatzeitpunkt diagnostiziert. Läßt sich auf dieser Grundlage eine medizinisch zuverlässige Aussage darüber treffen, ob Carl Lee Hailey zwischen Richtig und Falsch unterscheiden konnte, als er die beiden Vergewaltiger seiner Tochter erschoß?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Wie lautet Ihre Meinung?«
    »Als psychiatrischer Sachverständiger glaube ich, daß Mr. Hailey keine Möglichkeit hatte, die Konsequenzen seines Handelns rational

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