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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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verschiedene Standpunkte vertreten?«
    »Natürlich.«
    »Nun, für wen arbeiten Sie, Doktor?«
    »Für den Staat Mississippi.«
    »Und seit wann?«
    »Seit elf Jahren.«
    »Wer hat Anklage gegen Mr. Hailey erhoben?«
    »Der Staat Mississippi.«
    »Wie oft haben Sie während Ihrer elfjährigen Tätigkeit für den Staat ausgesagt, wenn die Verteidigung bei Prozessen auf Unzurechnungsfähigkeit plädierte?«
    Rodeheaver dachte kurz nach. »Ich glaube, dies ist mein dreiundvierzigstes Verfahren.«
    Jake sah in einer Akte nach, wandte sich wieder an den Zeugen und lächelte humorlos. »Sind Sie sicher, daß Sie nicht zum sechsundvierzigsten Mal als psychiatrischer Sachverständiger im Zeugenstand sitzen?«
    »Das ist möglich, ja. Ich bin mir nicht sicher.«
    Es wurde still im Saal. Buckley und Musgrove gaben sich den Anschein, die Notizen auf ihren Blöcken zu lesen, aber sie ließen Rodeheaver nicht aus den Augen.
    »Sie haben sechsundvierzigmal bei Unzurechnungsfähigkeitsprozessen für den Staat ausgesagt?«
    »Mag sein.«
    »Und sechsundvierzigmal haben Sie behauptet, der Angeklagte sei ohne Einschränkungen zurechnungsfähig. Stimmt das, Doktor?«
    »Ich bin nicht sicher.«
    »Ich möchte es einfacher ausdrücken. Sechsundvierzigmal sagten Sie vor Gericht als Sachverständiger aus, und sechsundvierzigmal bescheinigten Sie dem Angeklagten uneingeschränkte Zurechnungsfähigkeit. Können Sie das bestätigen?«
    Rodeheaver rutschte ein wenig zur Seite, und ein oder zwei Sekunden lang zeigte sich Unbehagen in seinen Zügen. »Ich bin nicht sicher.«
    »Sie haben noch nie einen unzurechnungsfähigen Angeklagten gesehen, oder?«
    »Ganz im Gegenteil.«
    »Na schön. Dann nennen Sie uns den Namen des betreffenden Angeklagten und den Ort seines Verfahrens.«
    Buckley stand auf und knöpfte seine Jacke zu. »Euer Ehren, die Staatsanwaltschaft erhebt Einspruch gegen diese Fragen. Man kann von Dr. Rodeheaver nicht verlangen, sich an alle Prozesse zu erinnern, bei denen er ausgesagt hat.«
    »Abgelehnt«, erwiderte Noose. »Setzen Sie sich. Beantworten Sie die Frage, Doktor.«
    Rodeheaver atmete tief durch und starrte zur Decke. Jake blickte zu den Geschworenen. Sie waren wach und warteten auf eine Antwort.
    »Ich erinnere mich nicht«, sagte der Psychiater schließlich. Jake griff nach einigen Unterlagen und streckte sie dem Zeugen entgegen. »Besteht der Grund für Ihren plötzlichen Gedächtnisschwund vielleicht darin, daß Sie in elf Jahren und bei sechsundvierzig Prozessen nie zugunsten eines Angeklagten ausgesagt haben, Doktor?«
    »Ich erinnere mich wirklich nicht.«
    »Können Sie uns auch nur ein Verfahren nennen, bei dem Sie die Unzurechnungsfähigkeit des Angeklagten festgestellt haben?«
    »Ich bin sicher, es gibt einige.«
    »Ja oder nein, Doktor. Ein einziger Prozeß?«
    Der Sachverständige sah kurz zum Bezirksstaatsanwalt.
    »Nein. Derzeit fällt mir keiner ein.«
    Jake schritt langsam zum Tisch der Verteidigung und nahm eine dicke Akte.
    »Dr. Rodeheaver, entsinnen Sie sich daran, im Dezember 1975 in McMurphy County beim Prozeß gegen Danny Booker ausgesagt zu haben? Es ging dabei um einen ziemlich scheußlichen Doppelmord.«
    »Ja, ich erinnere mich daran.«
    »Sie behaupteten, der Angeklagte sei vollkommen zurechnungsfähig, nicht wahr?«
    »Ja«.
    »Wissen Sie noch, wie viele Psychiater zugunsten von Danny Booker aussagten?«
    »Ich glaube, es waren mehrere.«
    »Hilft es Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge, wenn ich die Namen Noel McClacky, Dr. med., O. G. McGuire, Dr. med., und Lou Watson, Dr. med., nenne?«
    »Ja.«
    »Es handelt sich um Psychiater, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und sie sind qualifiziert, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Sie alle haben Mr. Booker untersucht und bescheinigten dem armen Mann Unzurechnungsfähigkeit, stimmt's?«
    »Ja.«
    »Aber Sie behaupteten vor Gericht, der Angeklagte sei geistig völlig gesund?«
    »Ja.«
    »Wie viele andere Ärzte bestätigten Ihre Ansicht?«
    »Keiner, soviel ich weiß.«
    »Ihre Aussage stand also allein gegen die von drei Psychiatern.«
    »Ja, aber ich bin nach wie vor davon überzeugt, daß ich recht hatte.«
    »Ich verstehe. Welches Urteil sprach die Jury?«
    »Sie befand den Angeklagten für nicht schuldig und führte als Begründung Unzurechnungsfähigkeit an.«
    »Danke. Nun, Dr. Rodeheaver, Sie leiten die Nervenklinik von Whitfield?«
    »Ja«.
    »Sind Sie direkt oder indirekt für die Behandlung aller dortigen Patienten verantwortlich?«
    »Ich bin

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