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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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unten. Noch immer strömte Blut aus den leblosen Körpern und floß über die sechs letzten Stufen der Treppe. Die rote Lache auf dem Boden dehnte sich in Richtung der Deputys aus, die langsam zurückwichen. Zwischen Cobbs Beinen auf der fünften Stufe lag eine M-16.
    Niemand gab einen Ton von sich, alle blickten auf die noch immer blutenden Leichen. Beißender Pulvergeruch wehte durchs Treppenhaus und durch den Flur zur Rotunde, wo Uniformierte die Evakuierung des Gebäudes fortsetzten.
    »Gehen Sie jetzt, Jake«, sagte Ozzie, ohne den Blick von Cobb und Willard abzuwenden.
    »Warum?«
    »Verschwinden Sie.«
    »Warum?«
    »Weil wir die Toten fotografieren und Beweismaterial sicherstellen müssen. Dabei ist Ihre Anwesenheit nicht erforderlich.«
    »Na schön. Aber wenn Sie ihn verhören, will ich dabei sein, verstanden?«
    Der Sheriff nickte.
    Man fotografierte den Tatort, sammelte das Beweismaterial und brachte die Leichen fort. Zwei Stunden später verließ Ozzie die Stadt, gefolgt von fünf Streifenwagen. Hastings fuhr, und die Kolonne rollte am See vorbei, passierte Bates' Lebensmittelladen und erreichte die Craft Road. Auf der Hailey-Zufahrt standen nur Gwens Wagen, Carl Lees Pickup und der rote Cadillac aus Illinois.
    Ozzie rechnete nicht mit Schwierigkeiten, als sie vor dem Haus parkten. Der Sheriff ging zur Veranda, während sich die Deputys hinter den Streifenwagen duckten. Nach einigen Schritten blieb er stehen. Die vordere Tür öffnete sich langsam, und Carl Lee kam nach draußen, mit Tonya in den Armen. Er starrte auf Ozzie hinab und blickte dann zu den anderen Uniformierten. Rechts von ihm stand Gwen, links seine drei Söhne. Der jüngste von ihnen weinte leise, aber die älteren wirkten stolz. Weiter hinten hob Lester den Kopf.
    Die beiden Gruppen musterten sich gegenseitig und warteten darauf, daß irgend etwas geschah. Alle wollten vermeiden, was sich nun anbahnte. Die einzigen Geräusche waren das Schluchzen des Mädchens, der Mutter und des jüngsten Bruders.
    Die Kinder versuchten noch immer, ihren Vater zu verstehen. Er hatte ihnen erklärt, warum es notwendig gewesen war, die beiden Weißen zu erschießen. Das sahen sie ein, aber sie begriffen nicht, warum ihr Daddy verhaftet und ins Gefängnis gebracht werden mußte.
    Ozzie trat nach einem Erdbrocken und beobachtete erst die Familie und dann seine Leute.
    »Sie sollten besser mit mir kommen«, sagte er schließlich. Carl Lee nickte, setzte sich jedoch nicht in Bewegung. Gwen und der Junge weinten lauter, als Lester das Mädchen aus den Armen seines Vaters nahm. Carl Lee kniete sich vor den drei Jungen hin und flüsterte ihnen noch einmal zu, daß er nun fort müsse, jedoch bald zurückkehren würde. Er umarmte sie, und einige Sekunden lang klammerten sie sich an ihm fest. Dann drehte er sich um, küßte seine Frau und ging die Treppe hinunter.
    »Wollen Sie mir Handschellen anlegen, Ozzie?«
    »Nein, Carl Lee. Steigen Sie nur ein.«
8
    C hief Deputy Moss Junior Tatum und Jake sprachen leise in Ozzies Büro, während sich Deputys, Reservisten, Kalfakter und andere Leute aus dem Gefängnis im großen Arbeitszimmer nebenan versammelten und dort ungeduldig auf die Ankunft des neuen Gefangenen warteten. Zwei Polizisten blickten durch die Jalousien zu den Reportern und Kameramännern auf dem Parkplatz zwischen Gefängnis und Highway. Die Fernsehwagen kamen von Memphis, Jackson und Tupelo, sie standen kreuz und quer. Das gefiel Moss nicht. Er ging nach draußen, schritt langsam über den Bürgersteig und befahl den Typen von der Presse, sich in einen bestimmten Bereich zurückzuziehen und die Übertragungswagen zur Seite zu fahren.
    »Geben Sie eine Erklärung ab?« rief ein Journalist. »Ja, wenn Sie Ihren Wagen wegfahren.«
    »Können Sie uns Einzelheiten im Hinblick auf den Mord nennen?«
    »Ja. Zwei Männer wurden erschossen.«
    »Was ist mit weiteren Details?«
    »Ich war nicht dabei.«
    »Haben Sie einen Verdächtigen?«
    »Ja.«
    »Wie heißt er?«
    »Das verrate ich Ihnen, wenn Sie Ihre Wagen wegfahren.« Innerhalb weniger Minuten rollten die Fahrzeuge fort.
    Aufgeregte Reporter eilten mit Mikrofonen und Kameras herbei. Moss regelte den Verkehr, bis er zufrieden war, und wandte sich dann an sein Publikum. Gelassen kaute er auf einem Zahnstocher und schob beide Daumen in Gürtelschlaufen. Sein Bauch wölbte sich ein ganzes Stück darüber hinweg.
    »Wer hat die beiden Kerle umgelegt?«
    »Ist er verhaftet?«
    »War die Familie des Mädchens

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