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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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dieser Regeln?«
    »Ja, Sir.«
    »Haben Sie alle Hinweise sorgfältig gelesen, bevor Sie meinen Gerichtssaal betraten?«
    »Äh, ja, Sir. Die meisten.«
    »Verstehen Sie die Bedeutung von Regel 14?«
    Cobb musterte seinen neuen Anwalt argwöhnisch.
    »Äh, ich – ich erinnere mich nicht ganz genau daran«, gestand Bernard.
    »Das dachte ich mir. Regel 14 verlangt von nicht lizenzierten Rechtsanwälten, die aus anderen Staaten kommen, daß sie mit Mississippi-Juristen zusammenarbeiten.«
    »Ja, Sir.«
    Aussehen und Gebaren deuteten darauf hin, daß Bernard ein guter, gebildeter Anwalt war – einen solchen Ruf genoß er zumindest in Memphis. Doch hier, in einem kleinen Provinzort, mußte er es ertragen, von der flinken Zunge eines Redneck-Richters gedemütigt zu werden.
    »Ja, Sir – was? « fragte Bullard scharf.
    »Ja, Sir, ich glaube, ich habe von dieser Regel gehört.«
    »Wo ist dann Ihr hiesiger Partner?«
    »Es gibt keinen. Aber ich hatte vor...«
    »Sie sind also von Memphis hierhergekommen, haben sorgfältig meine Regeln gelesen und beschlossen, ihnen keine Beachtung zu schenken. Stimmt das?«
    Bernard senkte den Kopf und starrte auf den Tisch. Tyndale erhob sich langsam. »Fürs Protokoll, Euer Ehren: Ich erkläre mich bereit, mit Mr. Bernard bei dieser Verhandlung und zu keinem anderen Zweck zusammenzuarbeiten.«
    Bullard lächelte. Ein guter Schachzug, Tyndale, dachte er.
    Wirklich nicht übel. Der Wodka wärmte ihn innerlich, und er entspannte sich. »Na schön. Rufen Sie Ihren ersten Zeugen auf.« Bernard straffte sich. »Euer Ehren, ich möchte Mr. Cobbs Bruder, Mr. Fred Cobb, in den Zeugenstand rufen.«
    »Ich hoffe, die Aussage dauert nicht zu lange«, brummte Bullard.
    Cobbs Bruder wurde vereidigt und setzte sich auf den Zeugenstuhl. Bernard trat hinter dem Tisch der Verteidigung hervor und begann mit einer detaillierten Vernehmung. Er hatte sich gut vorbereitet und bewies, daß Billy Ray Cobb erwerbstätig war sowie Grund und Boden in Ford County besaß.
    Er betonte, sein Mandant sei hier aufgewachsen. Die meisten Freunde und Verwandten lebten in oder in der Nähe von Clanton – es gab also keinen Grund für ihn, die County zu verlassen. Bernard beschrieb den Angeklagten als einen Bürger, der fest in seiner Heimat verwurzelt war und viel zu verlieren hatte, wenn er floh, als einen Mann, von dem man erwarten konnte, daß er beim Prozeß erschien. Daher sei eine geringe Kaution angemessen.
    Richter Bullard trank, klopfte mit seinem Kugelschreiber und beobachtete von seinem erhöhten Sitz herab die Reaktionen der Schwarzen.
    Childers stellte keine Fragen. Bernard rief Cobbs Mutter Cora in den Zeugenstand, und sie wiederholte, was ihr Sohn Fred über Billy Ray gesagt hatte. Es gelang ihr sogar, einige Tränen zu vergießen, und der Richter schüttelte den Kopf.
    Dann kam Tyndale an die Reihe und präsentierte dem Gericht ähnliche Schilderungen in Hinsicht auf Willard.
    Eine halbe Million! Weniger würde dem schwarzen Publikum sicher nicht gefallen. Bullards Haß auf Childers wuchs. Er mochte die Schwarzen, weil sie ihn gewählt hatten. In der ganzen County bekam er einundfünfzig Prozent der Stimmen, aber alle Nigger sprachen sich für ihn aus.
    »Sonst noch etwas?« fragte er, als Tyndale fertig war. Die drei Anwälte wechselten einen stummen Blick und sahen den Richter an. Bernard stand auf. »Euer Ehren, ich möchte die Aussagen hinsichtlich meines Klienten zusammenfassen und für eine niedrige Kaution plä...«
    »Das wäre reine Zeitverschwendung. Ich habe genug von Ihnen gehört. Setzen Sie sich.«
    Bullard zögerte und verkündete dann hastig: »Hiermit wird die Kaution für Pete Willard auf hunderttausend und die für Billy Ray Cobb auf zweihunderttausend Dollar festgesetzt. Die Angeklagten bleiben in der Obhut des Sheriffs, bis sie in der Lage sind, den genannten Betrag zu hinterlegen. Die Verhandlung ist beendet.« Er schlug mit dem Hammer und zog sich in sein Büro zurück, wo er die erste Flasche Eiswasser leerte und eine zweite öffnete.
    Lester nickte zufrieden. In seinem Fall, für die Ermordung von Monroe Bowie, hatte man fünfzigtausend verlangt. Nun, Bowie war ein Schwarzer gewesen, und wenn's um Nigger-Opfer ging, setzte man nie hohe Kautionen fest.
    Die Zuschauer wand ten sich dem Ausgang zu, aber Lester rührte sich nicht von der Stelle. Er beobachtete, wie man den beiden Angeklagten Handschellen anlegte und sie abführte. Als sie im Nebenzimmer verschwanden, hob er die Hände

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