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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Deputys seinem Klienten die Handschellen abnahmen. Willards Anwalt, der Pflichtverteidiger Tyndale, ignorierte ihn.
    Die Schwarzen vom letzten Mittwoch waren zurückgekehrt und hatten Freunde mitgebracht. Aufmerksam beobachteten sie die Bewegungen der beiden weißen Vergewaltiger. Auch Lester, der sie zum erstenmal sah, tat das. Carl Lee fehlte im Saal. Bullard zählte die Deputys – insgesamt neun. Das mußte ein Rekord sein. Dann zählte er die Schwarzen. Es waren mehr als hundert. Sie saßen dicht beisammen und starrten zu den Angeklagten, die am gleichen Tisch zwischen ihren Anwälten hockten. Der Wodka fühlte sich gut an. Er trank einen Schluck – sein Plastikbecher schien Eiswasser zu enthalten – und rang sich ein schiefes Lächeln ab. Der Alkohol brannte ihm in der Kehle, und rote Flecken entstanden auf seinen Wangen. Er dachte daran, die Le ute des Sheriffs nach draußen zu schicken, Cobb und Willard den Niggern zu überlassen. Es wäre bestimmt lustig gewesen. Und auch gerecht. Bullard stellte sich vor, wie die dicken Negerinnen umherhüpfen würden, während ihre Männer die beiden Vergewaltiger in Stücke schnitten. Anschließend würden sie sich wieder beruhigen und in aller Ruhe den Saal verlassen. Der Richter schmunzelte.
    Er winkte Mr. Pate zu sich. »In der oberen Schublade meines Schreibtischs befindet sich eine Flasche mit Eiswasser«, flüsterte er. »Schenken Sie etwas davon in einen Becher.« Der Gerichtsdiener nickte und eilte fort.
    »Dies ist eine Kautionsverhandlung«, verkündete Bullard laut.
    »Und ich möchte nicht, daß sie lange dauert. Sind die Angeklagten bereit?«
    »Ja, Sir«, antwortete Tyndale.
    »Ja, Euer Ehren«, sagte Mr. Bernard.
    »Ist die Staatsanwaltschaft bereit?«
    »Ja, Sir«, entgegnete Childers, ohne sich zu erheben. »Gut. Rufen Sie Ihren ersten Zeugen auf.«
    Rocky wandte sich an den Richter. »Euer Ehren, die Staatsanwaltschaft wird keine Zeugen aufrufen. Sie wissen, was den Angeklagten zur Last gelegt wird; immerhin haben Sie am vergangenen Mittwoch die Voruntersuchung geleitet. Das Opfer ist inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen worden und daheim. Ich rechne also nicht mit einer Erweiterung der Anklageschrift. Am nächsten Montag wird das große Geschworenengericht aufgefordert, formelle Anklage wegen Vergewaltigung, Entführung und schwerer Körperverletzung zu erheben. Aufgrund der besonderen Abscheulichkeit dieser Verbrechen, des geringen Alters des Opfers sowie der Vorstrafen Mr. Cobbs verlangt die Staatsanwalt das Kautionsmaximum und keinen Cent weniger.«
    Richter Bullard verschluckte sich fast an seinem Eiswasser.
    Maximum? Was sollte das heißen? Es gab überhaupt keine maximale Kaution.
    »Welche Summe beantragen Sie, Mr. Childers?«
    »Jeweils eine halbe Million!« sagte Rocky stolz und setzte sich.
    Eine halbe Million! Was für eine Unverschämtheit, dachte Bullard, trank zornig und warf dem Ankläger einen finsteren Blick zu. Eine halbe Million! Warum hielt sich der Kerl nicht an die Vereinbarung? Der Richter beauftragte Mr. Pate, ihm noch mehr Eiswasser zu holen.
    »Die Verteidigung hat das Wort.«
    Cobbs neuer Anwalt stand auf, räusperte sich demonstrativ und nahm die sehr akademisch wirkende Hornbrille ab. »Ich möchte mich dem Gericht vorstellen, Euer Ehren. Mein Name lautet Peter K. Bernard. Ich komme aus Memphis, und Mr. Cobb hat mich gebeten, ihn zu vertreten...«
    »Haben Sie eine Lizenz, die es Ihnen erlaubt, in Mississippi zu praktizieren?« unterbrach ihn der Richter.
    Bernard blinzelte überrascht. »Nun, äh, nicht unbedingt, Euer Ehren.«
    »Ich verstehe. Meinen Sie mit ›nicht unbedingt‹ etwas anderes als nein? «
    Einige Anwälte auf der Geschworenenbank lachten leise. Bullard wurde seinem Ruf gerecht: Er haßte Juristen aus Memphis und forderte von ihnen einen Nachweis dafür, daß sie mit Kollegen aus der Ford County zusammenarbeiteten, bevor er ihnen erlaubte, in seinem Gerichtssaal zu erscheinen. Vor vielen Jahren, als er selbst praktiziert hatte, war er von einem Richter in Memphis fortgeschickt worden, weil ihm eine Tennessee-Lizenz fehlte. Seit seiner ersten Wahl versäumte er keine Gelegenheit, sich dafür zu rächen.
    »Euer Ehren, ich bin zwar nicht in Mississippi lizenziert, dafür aber in Tennessee.«
    »Das will ich auch stark hoffen«, fauchte Bullard. Erneut erklang leises Lachen von der Geschworenenbank. »Sind Sie mit den hiesigen Regeln vertraut?«
    »Äh, ja, Sir.«
    »Besitzen Sie eine schriftliche Kopie

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