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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Landkarte. Carl Lee ist deshalb ziemlich sauer. Soweit ich weiß, ruht der Fall seit einer Woche.«
    »Hat Ozzie mit ihm geredet?«
    »Ja, aber Sie kennen ihn – er sagt nicht viel. Er weiß, daß Bruster und Marscharfski Ganoven sind, aber wir können wohl kaum von ihm erwarten, daß er Carl Lee zur Vernunft bringt.«
    »Mann o Mann. Der reinste Wahnsinn. Er irrt sich gewaltig, wenn er glaubt, die Rednecks seien bereit, irgendeinen Winkeladvokaten aus Memphis ernst zu nehmen. Lieber Himmel, Jake, sie trauen nicht einmal den Anwälten aus Tyler County, und das ist praktisch nebenan. Mann o Mann.«
    Brigance lächelte. Bisher ist nichts unethisch gewesen. »Was raten Sie mir, Jake?«
    »Keine Ahnung, Lester. Ihr Bruder braucht Hilfe, und Sie sind der einzige, auf den er hört. Sie wissen ja, wie stur er sein kann.«
    »Ich sollte ihn besser anrufen.«
    Nein, dachte Jake. Am Telefon fiel es Carl Lee zu leicht, mit einem glatten Nein zu antworten. Eine direkte Konfrontation war notwend ig. Lester wurde in Clanton gebraucht.
    »Ich schätze, ein Anruf allein reicht nicht aus. Sein Entschluß steht fest. Nur Sie können ihn umstimmen, aber nicht am Telefon.«
    Lester zögerte einige Sekunden lang, und Jake wartete gespannt. »Was ist heute für ein Tag?«
    »Donnerstag, 6. Juni.«
    »Mal sehen... Die Fahrt dauert zehn Stunden. Morgen arbeite ich von sechzehn Uhr bis Mitternacht, am Sonntag ebenfalls. Ich könnte morgen um vierundzwanzig Uhr aufbrechen und um zehn am Samstagmorgen in Clanton sein. Wenn ich mich früh am Sonntagmorgen wieder ans Steuer setze, bin ich rechtzeitig zur Arbeit zurück. Ich muß zwar auf eine Menge Schlaf verzichten, aber damit werde ich irgendwie fertig.«
    »Es geht um etwas sehr Wichtiges, Lester. Ich glaube, es ist die Reise wert.«
    »Wo sind Sie am Samstag, Jake?«
    »Hier in meinem Büro.«
    »In Ordnung. Ich fahre direkt zum Gefängnis. Wenn ich Sie brauche, rufe ich im Büro an.«
    »Einverstanden. Noch etwas, Lester: Carl Lee hat mir verboten, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen. Lassen Sie unser Gespräch besser unerwähnt.«
    »Welche Erklärung soll ich ihm anbieten?«
    »Sagen Sie ihm, Sie hätten mit Iris telefoniert und alles von ihr erfahren.«
    »Wen meinen Sie mit Iris?«
    »Ich bitte Sie, Lester. Hier wissen schon seit Jahren alle Leute davon. Nur ihr Mann hat keine Ahnung. Aber irgendwann kommt er dahinter.«
    »Hoffentlich nicht. Sonst passiert noch ein Mord. Dann bekommen Sie einen neuen Klienten.«
    »Ich kann nicht einmal jene behalten, die mich bereits um ihre Verteidigung baten. Rufen Sie mich Samstag an.«
    Um halb elf verspeiste Jake das vom Mikrowellenherd erwärmte Abendessen. Hanna schlief längst. Er sprach mit Carla über Leroy Glass und den jungen Weißen, den man am Steuer des gestohlenen Pickup erwischt hatte. Auch über Carl Lee. Das Thema Lester schnitten sie nicht an. Carla fühlte sich viel sicherer mit dem Wissen, daß ihr Mann nichts mehr mit dem Fall Hailey zu tun hatte. Keine anonymen Anrufe mehr. Keine brennenden Kreuze. Keine finsteren Blicke in der Kirche. »Du bekommst andere gute Gelegenheiten«, versprach sie Jake. Er schwieg die meiste Zeit über, aß und lächelte.
19
    K urz bevor das Gericht am Freitag schloß, rief Jake an und fragte, ob ein Verfahren stattfände. Nein, lautete die Antwort. Noose war bereits nach Hause gefahren, ebenso wie Buckley und Musgrove. Niemand befand sich im Verhandlungssaal. Zufrieden mit dieser Auskunft verließ Jake seine Praxis, schlenderte über die Straße, betrat das Gerichtsgebäude durch die Hintertür und erreichte kurz darauf den Verwaltungstrakt. Dort flirtete er mit den Sekretärinnen, während er Carl Lees Akte suchte. Er hielt den Atem an, als er darin blätterte. Seine Hoffnungen erfüllten sich. Seit einer Woche war den Unterlagen nichts hinzugefügt worden, sah man von seinem Brief ab, in dem er um Freistellung von dem Fall bat. Marscharfski und sein örtlicher Partner hatten die Akte nicht angerührt. Der Fall ruhte tatsächlich seit einer Woche. Jake flirtete noch etwas mehr und kehrte dann in sein Büro zurück.
    Leroy Glass saß noch immer im Gefängnis. Die Kaution betrug zehntausend Dollar, und seine Familie hatte keine Möglichkeit, die Tausend-Dollar-Prämie für den Bürgen aufzubringen. Aus diesem Grund teilte er auch weiterhin die Zelle mit Carl Lee.
    Jake war mit einem Bürgen befreundet, der sich um seine Fälle kümmerte. Wenn er wollte, daß jemand aus der Untersuchungshaft

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