Die Juweleninsel
sind bereits auf dem Wege zum Tode.«
»Wo sterben sie?«
»Du bist meine Herrscherin, und ich befolge Deine Befehle, noch ehe Du sie mir gegeben hast. Was soll mit der Leiche Deines Bruders Madpur Singh geschehen?«
»Ich werde Dich bitten sie heute verbrennen zu lassen.«
»So laß Dir sagen, daß ich ein Floß gebaut habe, auf welchem ein Scheiterhaufen errichtet ist. Auf demselben liegt der Todte und über ihm hängen seine Feinde, der Sultan, der Rajah, und die Engländer, welche wir tödteten. Das Floß wird von dem besten meiner Leute nach Augh geleitet und dort in Brand gesteckt, und die Inglis sollen erfahren, daß der Maharajah von Augh nicht ungerächt ermordet worden ist.«
»Das wolltest Du thun?«
»Ich habe es bereits gethan; das Floß ist schon längst abgegangen und wird nun bald in Augh ankommen.«
»Wird das Alles auch wirklich glücken?«
»Es glückt, dafür bürgt mir der Mann, welcher das Floß führt. Er wird sogar die Inglis auf dasselbe aufmerksam zu machen wissen, ehe er es verbrennt.«
»Ich danke Dir für diese Rache und für die Treue, die Du mir bewahrst. Ich möchte niemals Deine Feindin sein, denn Du gebietest über Leben und Tod, ohne einem Volke oder der öffentlichen Stimme Rechenschaft geben zu müssen.«
»Ich bin mächtiger als ein Fürst, aber meine Macht will ich Dir leihen, bis Du den Engländern entronnen bist und Dich in Sicherheit befindest.«
»So meinest Du, daß ich Augh verlassen und mich vor den Inglis flüchten soll?«
»Ja.«
»Warum?«
»Weil ihnen Augh gehören wird. Auch Symoore und Kamooh werden sie erobern.«
»Weißt Du dies gewiß?«
»Ich weiß es. Sie haben Gold genug, um Länder zu erkaufen, und auch Menschen genug, um das Leben derselben ihren Eroberungen zu opfern. Was sie heute nicht erhalten, das werden sie sich morgen nehmen. Augh ist für Dich für immer verloren.«
»Und ich?«
»Sie werden damach trachten, Dich in ihre Hände zu bekommen.«
»Das wird ihnen, so lange ich lebe, nimmermehr gelingen!« betheuerte Maletti.
Der Thug lächelte leise, ja beinahe ein wenig geringschätzend.
»Du würdest für Deine Herrin sterben, ohne ihr nützen zu können,« antwortete er. »Was wolltest Du thun, um sie vor Gefangenschaft und Schande zu bewahren?«
»Ich thue Alles, was sie mir gebietet.«
»Das kann jeder Diener und jeder Sklave thun; jetzt aber ist ihr ein Mann von Nöthen, der selbstständig zu handeln weiß und nicht blos tapfer, sondern auch klug genug ist, ihre Feinde von ihr fern zu halten. Wie wolltest Du dies beginnen?«
»Ich fliehe mit ihr.«
»Wohin?«
»Fort aus diesem Lande, nach irgend einer Besitzung der Holländer.«
»Das ist gut, denn die Hollandi sind Feinde der Ingli. Aber Du hast einen sehr weiten Weg zu machen, der Dich durch sämmtliche Provinzen führt, in denen sich die Ingli festgesetzt haben. Du würdest mit der Begum bald in ihre Hände fallen.«
»So rathe uns!«
»Ihr werdet noch heute fliehen. Der Wald von Koleah, in dem wir uns befinden, liegt so nahe an Augh, daß die Engländer bald hier sein werden. Es werden Viele von ihnen fallen, denn der Phansegar wird in ihren Reihen wüthen, ehe er ihnen die Ruinen der Tempel übergibt: aber wenn der Kampf beginnt, müßt Ihr bereits fort von hier sein. Darf ich meinen Vorschlag aussprechen?«
»Sprich!« gebot die Begum.
»Meine Verbindungen gehen durch das ganze Land. Es kostet mich nur einen Wink, so steht ein Gangesschiff für Euch bereit, welches Euch sicher nach Kalkutta bringen wird. Die Schiffer sind treue Leute, auf die Ihr Euch verlassen könnt, und werden Euch in Kalkutta zu einem Manne bringen, welcher bereit ist, mir mit seinem Leben dafür zu bürgen, daß Ihr sicher aus dem Lande und auf ein Schiff kommt, welches Euch zu den Hollandi bringen wird. Soll ich diesen Wink geben?«
Die Begum blickte Maletti fragend an, und da sie seine zustimmende Miene bemerkte, antwortete sie:
»Thue es. Aber sage mir vorher, wann das Schiff bereit sein wird?«
»Heute in der Nacht.«
»Das ist zu früh.«
»Das ist eher zu spät als zu früh, denn Du bist auf dem Schiffe sicherer als hier.«
»Aber ich muß zuvor nach Augh.«
»Was willst Du dort?«
»Es befindet sich dort etwas, was ich lieber verderben als zurücklassen werde.«
Er nickte lächelnd.
»Ich weiß, was Du meinst.«
»Was vermuthest Du?«
»Habe ich Dir nicht bereits gesagt, daß der Phansegar Alles weiß? Was Du mitnehmen willst, liegt unter Deinem Kiosk verborgen, nach dem
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