Die Juweleninsel
habe ich Ihnen aufrichtig mitgetheilt; das ist Alles. Geben Sie meine Hand frei!«
»Dieses Händchen soll ich freigeben? Fällt mir nicht ein. Sie sind das schönste, das herrlichste Wesen, welches mir jemals begegnet ist, und nun ich diesen Engel vor mir habe, soll ich mich freiwillig aus seiner Nähe verbannen? Das ist zu viel verlangt.«
»Sie werden es thun!«
»Wer will mich zwingen?«
»Ich.«
»Womit? Sie wollen rufen?«
»Rufen? Pah!« antwortete sie verächtlich.
»Was sonst?«
»Das werden Sie erfahren, sobald Sie fortfahren, zudringlich zu sein. Ich ersuche Sie zum letzten Male, meine Hand loszulassen!«
»Ich halte sie fest.«
»Nun denn. Sie wollen es nicht anders!«
Sie holte mit der Rechten blitzschnell aus und schlug ihm damit so kräftig in das Angesicht, daß er zurückwich und ihre Hand fahren ließ. Im nächsten Augenblicke aber trat er wieder auf sie zu und schlang die Arme um sie.
»Ah, Du kleiner süßer Teufel; das sollst Du mir bezahlen!«
Sie versuchte von ihm loszukommen, aber ihre Kraft reichte der seinigen gegenüber nicht aus. Schon spitzte er die Lippen zum Kusse, als er einen Schlag gegen den Kopf erhielt, unter welchem er zu Boden taumelte.
»Kurt!« rief das Mädchen, ihm die Hände entgegenstreckend. »Du bist es!«
»Ich bin es, Magda,« antwortete er ruhig. »Ich stand hinter dieser Eiche und habe Alles gehört.«
Der Prinz hatte sich schleunigst wieder erhoben. Er glühte vor Scham und Wuth.
»Mensch, wer sind Sie?« frug er bebend.
»Fragen Sie einen der Diener, er wird Ihnen meinen Namen sagen. Er ist zu gut und zu ehrlich, als daß ich ihn einem Unverschämten gegenüber nennen sollte.«
»Kerl, was wagst Du!«
»Herr, Sie sehen, ich bin Offizier!«
»Ich ebenso!«
»Das erkenne ich weder an Ihrer Kleidung noch an Ihrem Betragen. Das letztere ist ganz dasjenige eines Schurken.«
»Herr, wissen Sie, wer ich bin?«
»Möglich!«
»Ich bin ein königlicher Prinz von Süderland!«
»Möglich! Wenigstens soll es dort einen Prinzen geben, welcher wie ein Bube lebt und jedenfalls auch wie ein Bube enden wird.«
»Bursche, ich zermalme Dich!«
Er wollte den Lieutenant fassen, aber dieser wich ihm aus.
»Prinz, sehen Sie sich vor. Ein Seemann greift anders zu als eine Landspinne!«
»Das werden wir sehen. Ich fordere Genugthuung!«
»Doch nicht von mir? Ich schlage mich nur mit Ehrenmännern!«
»Auch das noch? Da, nimm!«
Er holte aus, schon aber hatte Kurt ihn gepackt, hob ihn empor und schmetterte ihn zu Boden, daß er liegen blieb.
»Komm, Magda; er hat genug!«
Sie blickte mit leuchtenden Augen auf das schöne ruhige Gesicht des jungen Mannes.
»Kurt, fürchtest Du ihn nicht?«
»Nein. Für Dich kenne ich keine Furcht!«
»Wird es ihm schaden?«
»Das laß seine Sache sein. Komm! Wo ist Papa?«
»Er wird in seiner Stube sein. Er hat in letzter Zeit sehr viel korrespondirt und scheint sehr zahlreiche Geheimnisse zu haben.«
»Du wußtest, daß er mich erwartet?«
»Ich wußte es. Darum bin ich ja auch –«
Sie schwieg, während ein tiefes Roth ihr schönes Antlitz überflog.
»Darum bist Du ja auch – nun, was denn?«
»Das darf ich Dir nicht sagen.«
»Wirklich nicht, Magda? Auch nicht, wenn ich Dich recht herzlich bitte?«
»Vielleicht, Kurt.«
»Bitte, bitte, Magda!«
»Ich wollte sagen, daß ich darum ja auch bereits ausgeritten war.«
»Ich danke Dir! Du wolltest den Weg sehen, der mich zu Dir bringen würde?«
»Ja, obgleich ich wußte, daß Du erst nach Stunden kommen konntest.«
»Ja, es scheint, ich habe ein recht ungeduldiges Schwesterchen! Herr von Uhle ist mit den Tanten im Garten?«
»Hast Du sie gesehen? Er brachte den Prinzen nach Helbigsdorf.«
»Was will er hier?«
»Frage Kunz; er wird es Dir sagen!«
»Du weißt es wohl nicht?«
»Doch!«
»Warum kannst Du es mir nicht sagen?«
»Weil es mich selbst betrifft.«
Er blieb erschrocken stehen und starrte sie an.
»Dich selbst?! Ah, doch nicht – nein, das ist ja unmöglich!«
Sie erglühte bis zum Nacken herab.
»Kurt, ich weiß nicht, was Du meinst!«
»Ich meine – ich denke – Magda, sollst Du von hier fort?«
»Nein, bewahre. Frage nur Kunz. Du kannst ganz ruhig sein!«
Jetzt bekam sein erbleichtes Gesicht wieder Farbe.
»Also war es nur ein roher Angriff! Ah, er soll es noch einmal wagen; dann werde ich diesen Schurken zu züchtigen wissen!«
Sie hatten das Schloß erreicht. Er führte Magda nach ihrem Zimmer und ging dann, den General
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