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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er das Dorf erreichte, war die Häuslerswohnung bereits ganz niedergebrannt. Nur einzelne kleine Flämmchen leckten noch an der stehen gebliebenen Umfassungsmauer. Die beiden Nachbarhäuser hatte man unversehrt erhalten. Da hier nichts mehr zu befürchten war, so hatten sich weitaus die meisten Dorfbewohner nach dem Schlosse begeben, und es waren nur wenige Leute zu sehen.
    Er fragte einen jeden, den er traf, nach der Vermißten, aber Niemand konnte ihm Auskunft ertheilen. Er ging von Haus zu Haus, von Gut zu Gut und fand hier oder da einen alten Mann, ein schwaches Mütterchen oder eine Kranke, die er ausforschen konnte, aber er mußte unverrichteter Sache wieder zurückkehren.
    Erst wieder draußen vor dem Dorfe stieß er auf eine Frau, die vom Schlosse zurückkehrte, um nach ihren zurückgelassenen Kindern zu sehen.
    »Halt, Frau! Haben Sie heut Abend etwa das gnädige Fräulein bemerkt?«
    »Fräulein Magda?«
    »Ja.«
    »Sie war erst im Dorfe und rannte dann mit uns dem Schlosse zu, als dieses brannte.«
    »Wissen Sie dies genau?«
    »Ja. Sie ging gerade vor mir, und weil wir einander stießen, bog sie dort rechts nach der Wiese ab.«
    »Ich danke!«
    Er eilte weiter. Er fand, da jede Arbeit zur Dämpfung des Brandes vergeblich gewesen wäre, alle Bewohner des Schlosses und ihre Gäste bei einander versammelt.
    »Gefunden?« frug ihn der General.
    »Dann würde ich nicht ohne sie zurückkehren.«
    »Also fort! Herrgott, wo mag sie sich befinden?«
    »Sie ist aus dem Dorfe zum Schlosse zurückgekehrt, und da Unten bei den Büschen über die Wiese gegangen, wie mir eine Frau sagte, die es ganz genau gesehen hat.«
    »Sie ist den Andern vorangeeilt und im Schlosse eingedrungen.«
    »Sie ist verbrannt!« jammerte Freya.
    »Elend verglüht!« schluchzte Wanka.
    »Jämmerlich verkohlt!« weinte Zilla.
    »Beruhigen Sie sich!« bat Kurt. »Eine Dame kann nicht so schnell gehen wie ich mit Papa gelaufen bin. Wir Beide kamen als die Ersten hier an und müßten sie gesehen haben.«
    »Vielleicht ist sie unterwegs in Ohnmacht gefallen und liegt nun irgendwo,« meinte der General. »Kommt und laßt uns nach ihr suchen!«
    In diesem Augenblicke kam der Kutscher, welcher den Bowie-Pater gefahren hatte, auf dem Platze an. Bei der hellen Beleuchtung, welche der Brand verbreitete, sah man, daß er blutete.
    »Was ist mit Dir geschehen?« frug der Pater.
    »Ich wurde gestochen.«
    »Von wem?«
    »Von einem Manne, der mir in einer Kutsche begegnete.«
    »Wie kam das?«
    »Auf der halben Höhe da oben kam mir eine Kutsche entgegen, und weil die Straße schmal und abschüssig war, stieg ich und der andere Fuhrmann vom Bocke, um die Pferde zu führen. Gerade als ich vorüber wollte, rief jemand in dem andern Wagen um Hilfe – – –«
    »Alle Teufel!« rief der Pater. »Wis war es für eine Stimme? Eine männliche oder eine weibliche?«
    »Eine weibliche, wie ich glaube. Aber ich konnte das nicht genau unterscheiden, weil die Stimme in einem Röcheln erstarb. Der Mund der Rufenden wurde vielleicht zugehalten oder verstopft.«
    »Was thatest Du?«
    »Ich gebot dem Kutscher Halt. Als er nicht gehorchte, hielt ich ihn fest. Wir rangen mit einander. Er stach mich mit einem Messer in den Arm, und dann öffnete sich die Kutsche und ein Zweiter stieg aus, der mir von hinten einen Schlag versetzte, daß ich besinnungslos zusammenbrach. Als ich erwachte, waren sie fort.«
    »Wie lange hast Du gelegen?«
    »Ich weiß es nicht. Es muß lange gewesen sein.«
    Die Zuhörer starrten einander an.
    »Eine Entführung!« rief Wanka.
    »Nein, sondern ein Menschenraub!« erklärte Zilla.
    »Wir müssen sofort nach!« gebot der General.
    »Halt, übereilen wir uns nicht!« bat der Pater. »In solchen Dingen ist Kaltblütigkeit besser als Aufregung. Die Last, welche ich gesehen habe, kann allerdings ein menschlicher Körper gewesen sein, aber eine solche That wäre hier zu Lande ja etwas ganz und gar Unerhörtes. Wer sollte es sein, der die Dame raubte?«
    »Ja, wer?« frug auch der General.
    »Ein gewöhnlicher Mann jedenfalls nicht,« meinte der Pater. »Haben Sie einen Feind hier in der Gegend, Excellenz?«
    »Nicht daß ich wüßte. Ich habe Niemand beleidigt.«
    »Aber ich,« fiel Kurt ein. »Doch halte ich eine solche Rache geradezu für eine Unmöglichkeit. Er kann es nicht gewesen sein.«
    »Wer?«
    »Der Prinz.«
    »Welcher Prinz?«
    »Der tolle.«
    Da fuhr der Pater empor.
    »Der tolle Prinz war hier?« frug er

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