Die Juweleninsel
zurück.
»Wann geht der Zug ab, den wir benutzen müssen, um nach Süderland zu kommen?« frug Walmy.
»In vier Stunden,« antwortete Kurt.
»Wer wird zu dem Nachbar gehen?«
»Ich selbst,« meinte der General. »Sie können mich begleiten, Sie und Kurt. Ihr Weg nach dem Städtchen, an welchem sich der Bahnhof befindet, führt dort vorbei, und so wird eine jede Zeitversäumniß vermieden.«
»Ihr wollt uns verlassen?« frug Freya.
»Kunz bleibt doch hier.«
»Kunz? Fi! Er ist kein Beschützer für Damen.«
»Glauben Sie, daß ich Sie fressen werde?« frug der Diener.
»Da hörst Du es!« jammerte Zilla.
»Geht hinab in das Dorf zur Frau Pastorin,« meinte der General. »Dort seit Ihr gut aufgehoben und könnt mich erwarten. Hier kann kein Mensch mehr etwas thun. Wir sind alle überflüssig und müssen das Feuer ruhig brennen lassen.«
Er gab noch einige weitere Befehle an die Umgebung und entfernte sich dann mit Kurt und Walmy. Diese Beiden brauchten sich jetzt um ihre Reiseausrüstung nicht zu sorgen, denn es war ihnen Alles verbrannt, womit sie sich hätten equipiren können.
Der Weg führte sie wohl eine Stunde lang durch den Wald, dann senkte er sich nieder in ein tiefes Thal, auf dessen Sohle die Besitzung des Herrn von Uhle lag. So kam es, daß hier Niemand etwas von dem Feuer bemerkt hatte. Der Tag begann bereits zu grauen, aber es lag noch Alles im tiefen Schlafe, so daß die Ankommenden pochen mußten.
Der Verwalter erhob sich und öffnete, als er den General erkannte.
»Herr von Uhle schläft noch?« frug dieser.
»Ja.«
»Bitte, wecken Sie ihn.«
»Sogleich! Treten Sie in das Sprechzimmer, Excellenz.«
»Haben Sie nichts von dem Feuer bemerkt?«
»Nein. Wo brennt es?«
»Bei mir. Sie hatten gestern einen Gast?«
»Ja.«
»Wer war es?«
»Ich weiß nicht, ob ich den Namen nennen darf.«
»Es ist gut! Ist er noch hier?«
»Nein.«
»Wann ging er fort?«
»Gestern Abend.«
»Wecken Sie den Baron.«
»Aber Excellenz sagen, daß es bei Ihnen brennt. Ich werde stürmen lassen.«
»Ist nicht mehr nöthig.«
»Das Feuer ist bereits wieder erloschen?«
»Bitte, wecken Sie den Baron! Ich habe keine Zeit.«
Der Mann ging und bald trat Uhle ein, erstaunt über diesen so überraschenden Besuch.
»Verzeihung, daß wir Sie stören,« begann der General nach der ersten Begrüßung. »Ist der Prinz bereits fort?«
»Ja.«
»Wann?«
»Noch am Abend.«
»Er wollte doch bleiben.«
»Er hatte sich, wie er sagte, plötzlich anders entschlossen.«
»Er fuhr natürlich?«
»Ja.«
»Wie viel Uhr?«
»Zehn Uhr ungefähr.«
»Sie begleiteten ihn?«
»Nein. Er hatte sich das verbeten.«
»Wer war bei ihm?«
»Nur sein Kutscher.«
»So gehörte der Wagen ihm?«
»Ja.«
»Sie waren mit ihm bei mir. Kehrte er in Ihrer Begleitung nach hier zurück?«
»Nein.«
»Ah!«
»Wir gingen nur eine Strecke zusammen. Dann blieb er zurück.«
»Warum?«
»Wir trafen einen Menschen, einen Bettler, bei dem er verweilte.«
»Er schickte Sie fort?«
»Ja.«
»Welche Zeit später kam er wieder?«
»Gegen drei Stunden.«
»Mit diesem Bettler?«
»Ohne ihn.«
»Bitte, beschreiben Sie mir den Mann!«
»Er konnte fünfzig Jahre zählen und sah angegriffen aus. Er trug eine graue Hose, einen zerrissenen schwarzen Rock und eine braune Mütze mit breitem Deckel. Sein Gesicht – –«
»Es ist genug. Ich danke! Es stimmt.«
»Was?«
»Dieser Mensch hat mein Schloß und vorher bereits die Wohnung eines Häuslers in Helbigsdorf in Brand gesteckt.«
»Nicht möglich!«
»O, wirklich!«
»Ich erschrecke. Aber Ihre Gegenwart sagt mir, daß die Gefahr bereits vorüber ist.«
»Meine Gegenwart mag Ihnen im Gegentheile sagen, daß Alles verloren ist.«
»Um Gottes willen, General, was soll das heißen?«
»Daß mein Schloß noch brennt. Ich habe nichts gerettet als zwei Pferde.«
»Erlauben Sie, daß ich sofort anspannen lasse!«
»Thun Sie das, aber bitte, besorgen Sie zwei Wagen: einen für Sie und mich und einen für diese Herren, welche zur Station fahren müssen.«
»Sind Menschenleben zu beklagen?«
»Nein. Aber meine Tochter ist verschwunden.«
»Ah!« Er erschrak. »Spurlos?«
»Nein. Wir haben ihre Spur.«
»Wohin führt sie?«
»Dahin, wo diese Herren sich per Bahn begeben werden.«
Der General schien kein volles Vertrauen zu dem Baron zu haben, da er ihn so unvollständig unterrichtete.
»Ich werde Alarm schlagen lassen!« sagte Uhle.
»Bitte, thun Sie auch das. Zwar kann
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