Die Juweleninsel
ihm.
»Ich kann nicht!« war die stöhnende Antwort.
»Auf mit Dir!«
»Es geht nicht. Ich bin in das Auge getroffen.«
Seine Stimme klang dabei wie im Verlöschen, und seine Glieder fielen schlaff zur Erde zurück.
»So mußt Du sterben, Kerl. Sage, wer Du bist und was Du hier treibst!«
Der Gefragte antwortete nicht, sondern ließ nur ein schmerzliches Wimmern hören.
»Wer bist Du?«
»Ich sage nichts.«
»So trage ich Dich fort!«
»Lassen Sie mich liegen. Ich sterbe.«
»Liegen lassen? Daß Dein Kumpan Dich fortholen kann? Papperlapapp!«
Er hob ihn wie ein Kind empor und warf ihn über seine Schulter. Hartig wehrte sich nicht. Der Kleine trug ihn mit schnellen Schritten durch die Büsche in das freie Feld, wo er den Brand in seiner ganzen erschreckenden Größe vor sich liegen sah. Er eilte darauf zu. Die ersten Bekannten, welche er erblickte, waren Friedrich von Walmy und Bill Holmers. Er warf den Verwundeten vor ihren Füßen zur Erde.
»Good evening, Mesch’schurs!« grüßte er. »Verdammte Ueberraschung das Feuer da!«
»Der Bowie-Pater!« rief Holmers erstaunt.
»Ja, alter Bill, ich bin es. Wollte noch am Tage kommen, konnte es aber nicht fertig bringen. Von da oben erblickte ich das Feuer und bin dem Wagen schnell vorausgesprungen. Brennt es bereits lange Zeit?«
»Eine halbe Stunde.«
»So ist es angelegt. Das Schloß brennt ja an allen Ecken und Enden!«
»So ein Schreck! Wir waren unten im Dorfe mit dem Retten beschäftigt, als es auch hier oben losging.«
»So ist das unten nur die Einleitung gewesen. Gibt es keine Vermuthung, wer der Thäter ist?«
»Keine.«
»Vielleicht vermag dieser hier Licht in die Sache zu bringen.«
»Wer ist es?«
»Traf ihn da drüben in den Büschen. Es war noch ein Anderer dabei, der mir aber entkommen ist. Er trug etwas.«
Holmers bückte sich nieder, um den Gefangenen zu betrachten.
»Donnerwetter, der Mensch ist ja todt!«
»Todt?« frug der Pater gleichmüthig. »Möglich, aber er ist selbst schuld daran.«
»Wie so?«
»Wollte mich erschießen. Der erste Schuß ging fehl und der zweite ihm in das Auge.«
In diesem Augenblicke kam der General in ängstlicher Eile herbeigeschritten.
»Hat jemand hier meine Tochter gesehen?« frug er.
»Nein,« lautete die Antwort.
»Sie ist nicht zu finden.«
»Sie war unten im Dorfe,« meinte Walmy, »und wird dort zurückgeblieben sein. Der Schreck ist für Damen fast stets lähmend.«
»Das tröstet mich einigermaßen. Wer ist dieser Herr?«
»Der, welchen wir erwarten, Excellenz.«
»Willkommen, Herr, obgleich ich Ihnen kein Obdach anbieten kann! Nicht blos mein Haus, sondern auch mein sämmtliches Vermögen wird von den Flammen verzehrt. Ich bin ein ruinirter Mann. Wer liegt hier?«
»Ein Mensch, welcher mir im Busche begegnete.«
»Wie kommt er nach hier?«
»Er kam mir, als ich das Feuer erblickte und meinem Wagen vorauseilte, verdächtig vor. Er schoß nach mir, als ich mit ihm rang und traf sich selbst in das Auge. Er ist todt.«
Der General bückte sich nieder.
»Hartig!« rief er überrascht.
»Sie kennen ihn, Excellenz?«
»Ja. Es ist der Mann meiner Wirtfischafterin. Er kam aus dem Zuchthause zu uns und mußte das Schloß verlassen. Er ist der Thäter! Ich ahne es.«
»Wollen ihn einmal aussuchen!« meinte der Pater.
Er kniete nieder und durchsuchte die Taschen des Todten. Er fand dabei in der Brusttasche des Rockes ein Papierpaket, welches er öffnete.
»Geld! Papiergeld! Excellenz, sehen Sie nach!«
Der General griff hastig zu und sah die Staatsanweisungen durch.
»Dieses Geld gehört mir!« rief er. »Ich pflege an die Ecke eines jeden größeren Kassenscheines meinen Namen zu setzen. Hier lesen Sie! Und auch die Summe stimmt. Der Mensch ist wahrhaftig der Thäter gewesen!«
»Gott sei Dank!« meinte Walmy. »So ist wenigstens Ihr Vermögen gerettet.«
»O nein! Das hier ist nur die laufende Kasse. Alles Uebrige befand sich in der Bibliothek, zu welcher nicht mehr zu kommen war. Herr von Walmy, bitte, eilen Sie in das Dorf und sehen Sie, ob Sie Magda finden können!«
Walmy folgte augenblicklich dieser Bitte. Er begegnete den Spritzen mehrerer Nachbardörfer, welche nun allerdings zu spät kamen. Das Feuer bildete eine einzige gewaltige Lohe, welche empor bis zu den Wolken leckte und den Himmel mit dickem schwarzem Rauche bedeckte. Sie versengte die Kleider der sich ihr Nahenden auf viele hundert Schritte und warf eine förmliche Tageshelle über die ganze Gegend.
Als
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