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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist ohnmächtig, und wenn dies auch nicht der Fall sein sollte, mit einem Weibe wird man fertig.«
    »So!« meinte der saubere Gehilfe. »Das wäre gethan. Soll ich sie tragen?«
    »Ja. Komm!«
    Hartig nahm die Besinnungslose auf und folgte seinem Herrn, der quer über die Felder und Wiesen nach dem Walde zuschritt. Sie waren zu einem ziemlich weiten Umweg gezwungen, da die Flammen des brennenden Schlosses einen weithin leuchtenden Schein über die Umgebung warfen, so daß man in dem Umkreis von einer Viertelstunde jeden Gegenstand zu erblicken vermochte.
    Hinter dem Schlosse und auf der dem Dorfe entgegengesetzten Seite desselben breitete sich der Wald erst eine kurze Strecke eben aus, dann aber erstieg er die Seiten eines hier steil abfallenden Höhenzuges, von dessen Kamme die Vizinalstraße in mehreren sehr ausgezogenen Windungen zu Thale führte. Für Fußgänger war es möglich, die Höhe auf einem grade aufwärts steigenden und gut ausgetretenen Fußwege zu erreichen, der eine jede dieser Windungen durchschnitt und ebenso wie die Fahrstraße zu beiden Seiten mit dichtem Buschwerk bestanden war.
    Auf der andern Seite des Passes fuhr ein von zwei müden Pferden gezogener offener Wagen langsam dem Kamme entgegen. Er enthielt außer dem Kutscher nur einen einzigen Passagier, welcher, in einen weiten Reisemantel gehüllt, sich in die Lehne seines Sitzes zurückgelegt hatte und in dieser bequemen Stellung zu schlafen schien. Zuweilen nur, wenn die Räder auf einen Stein stießen und der Wagen in Folge dessen einen derben Ruck bekam, erhob der Fahrgast den Kopf, um ihn nach einem kurzen Umblick wieder sinken zu lassen. Auf einmal stand das Gefährt ganz still und der Reisende fuhr empor.
    »Was ists?« frug er.
    »Wir sind oben.«
    »Nun – und?«
    »Herr, lassen Sie die Pferde ein wenig verschnaufen! Der Weg hier herauf ist wirklich zu abscheulich.«
    »Meinetwegen! Ich komme nun doch bereits zu spät, um wecken zu dürfen. Du bist da unten bekannt?«
    »Ja.«
    »Wie lange fahren wir von hier nach Helbigsdorf?«
    »Eine gute halbe Stunde.«
    »Ist ein Gasthof da?«
    »Ja.«
    »So steigen wir dort ab. Ich will nicht so unhöflich sein die Bewohner des Schlosses im Schlafe zu stören. Nach welcher Richtung liegt dasselbe von hier.«
    »Grad aus, da wo man den Schein über den Bäumen bemerkt.«
    Auch auf dem Plateau stand der Wald mit einem so dichten, kräftigen Baumwuchse, daß man nicht zu Thale zu blicken vermochte. Der Brand war in Folge dessen von dieser Stelle aus nicht zu bemerken, aber über den Gipfeln der Bäume zeigte sich eine ungewisse Helle, ungefähr so, als ob der Morgen sich im Anzuge befinde. Der Reisende musterte den Himmel.
    »Hm! Wir kommen von Osten, und es ist erst kurz nach Mitternacht. Das ist also weder der Ort noch die Zeit dazu, den Anbruch des Tages vor sich zu haben. Es muß da unten irgendwo ein Feuer sein.«
    »Fast sieht es so aus, Herr. Sehen Sie die kleine Wolke, die sich da über den Bäumen erhebt.«
    »Ja. Sie sieht schwarz aus, aber ihr unterer Rand glüht wie Gold. Es brennt. Wo wird das sein?«
    »Der Schein eines Feuers pflegt bei Nacht zu täuschen, aber wenn wir an die erste Straßenkrümmung kommen, können wir das Thal vollständig überblicken. Soll ich weiterfahren?«
    »Natürlich, und zwar schnell!«
    Der Wagen rollte im Trabe über das ebene Plateau hinweg und erreichte bald den Punkt, an welchem sich die Straße abwärts senkte. Hier hielt der Kutscher ganz unwillkürlich an, deutete mit der Peitsche nach unten und rief erschrocken: »Herr, sehen Sie?«
    »Ja. Zwei Feuer, ein kleines und ein großes. Wo ist es?«
    »Das ist Schloß Helbigsdorf, und das kleinere Feuer brennt im Orte.«
    »Fahr zu! Schnell, schnell, im Galoppe!«
    »Das geht nicht.«
    »Warum?«
    »Die Straße ist steil und gefährlich, und meine Pferde sind todtmüde.«
    »Ich bezahle sie Dir, wenn sie stürzen!«
    »Aber das Leben können Sie mir nicht bezahlen! Es zweigen hier tiefe Schluchten von der Straße ab. Wenn wir in eine solche gerathen, so sind wir verloren.«
    »Gibt es keine Barrieren?«
    »Sie sind alt und verwittert.«
    »Aber ich muß eiligst hinab.«
    »Das können Sie, wenn Sie aussteigen wollen.«
    »Wie so? Die Straße im Sturmschritt hinabrennen?«
    »Nein.«
    »Wie sonst? Geht vielleicht ein Richtweg ab?«
    »Ja. Gar nicht weit von hier führt er rechts hinab.«
    »Ist er gefährlich?«
    »Gar nicht.«
    »Aber bei Nacht?«
    »Er ist sehr gut gehalten und führt immer zwar

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