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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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werden, wie ich mir denke, Sahib.«
    »Natürlich; aber wer sind sie, und wie kommt man auf die eigenthümliche Idee, diese Leichen mittelst eines Flosses gerade hier auf diesem Strome zu verbrennen?«
    »Ich weiß es nicht. Befiehlst Du, Herr, daß ich mich erkundige?«
    »Wie?«
    »Ich schwimme hinüber und frage den Mann, welcher die Fackel hält.«
    »Begibst Du Dich dabei nicht in Gefahr?«
    »Nein. Beim Todtenopfer herrscht Friede; ich habe nicht das Mindeste zu befürchten.«
    »So eile, damit ich erfahre, ob nicht irgend ein Verrath hinter dieser Sache steckt!«
    Der Kundschafter sprang von dannen, warf am Ufer seine Kleidung ab, tauchte in die Fluthen und hielt auf das Floß zu. Er hatte es bald erreicht und schwang sich an dem Rande desselben empor. In diesem Augenblicke warf der Mann, welcher ihn erwartet zu haben schien, die Fackel in das Reisig, welches sofort Feuer fing.
    »Von wem bist Du gesendet?« frug er den Kundschafter mit finsterer Stirn.
    »Von dem General der Inglis.«
    »So stehest Du in seinem Dienste?«
    »Ja.«
    »Als was?«
    »Als Kundschaften«
    »Das heißt als Spion.« Er machte eine Bewegung mit der Hand, welche die größeste Verachtung ausdrückte. »Du verräthst also Dein Land, Dein Volk, Dein Weib und Kind, Deinen Gott! Wisse, Verruchter, die Götter werden Dich strafen durch die Hand des Phansegars!«
    Der Andere lachte überlegen.
    »Ich fürchte weder den Thug noch den Phansegar. Aber sage mir, was diese Dschola zu bedeuten hat! Wer ist der Verstorbene, den Du dem Gotte des Todes opfern willst?«
    »Sage mir vorher, warum Du weder den Thug noch den Phansegar fürchtest!«
    »Ich stehe unter einem Schutze, der mächtiger ist als die Gewalt aller Phansegars.«
    »Welchen Schutz meinest Du?«
    »Den der Inglis.«
    »Thor! Blicke hier empor zu diesem Holze! Der Mann mit den lichten Haaren und dem Schnitte in der Kehle war Lord Haftley, der mächtige Sirdar-i-Sirdar 34 der Engländer; der neben ihm hängt hieß Mericourt und war sein Subadar 35 , und die Andern rechts von ihm waren alle Offiziere der Inglis. Die Phansegars aber haben diese Mächtigen mitten aus dem Lager des Feindes herausgeholt und gerichtet. Siehst Du nicht, daß ein jeder den bekannten Schnitt des Phansegar am Halse trägt?«
    »Mensch, so bist Du selbst ein Phansegar!«
    »Ja. Und ich wage mich ganz allein hier unter die Inglis. Bin ich nicht mächtiger als sie, deren höchste Männer ich verbrenne?«
    »Man wird Dich fangen und tödten!«
    »Sorge Dich um Dich und nicht um mich! Siehst Du den Todten auf dem Holze? Das ist der edle Madpur Singh, Maharajah von Augh, den die Verräther getödtet haben. Ich übergebe seine Seele dem Gotte des Himmels. Und siehst Du die beiden Männer neben dem fremden Sirdar links? Das ist der Sultan von Symoore und der Rajah von Kamooh. Wir haben Beide aus der Mitte der Ihrigen herausgelockt. Sie leben noch, aber sie sind gefesselt, daß sie steif sind wie die Leichen. Der gütige und gerechte Madpur Singh ward durch Verrath überfallen und getödtet; die Phansegars werden ihn rächen. Sie fangen die obersten seiner Feinde und verbrennen sie bei getödtetem und bei lebendigem Leibe über seiner Leiche. Und damit alle Welt erkenne, wie kühn und mächtig der Phansegar ist, bringt er den Scheiterhaufen hierher, mitten unter Euch hinein. Siehe dieses Messer! Ich würde Dich tödten, denn Du bist ein Verräther; aber der General hat Dich gesandt, und ich will, daß Du ihm erzählst, was ich Dir gesagt habe. Ich gebe Dir die Erlaubniß zurückzukehren, aber ich verspreche Dir bei unseren heiligen geheimen Gesetzen, daß Du binnen dreien Tagen dieses Messer gekostet haben wirst, magst Du Dich nun in den Himmel oder in die Hölle verkriechen.«
    Bei dieser Drohung sprang er in die Fluth und tauchte unter. Erst eine große Strecke weiter fort kam er wieder empor und strebte mit kräftigen Streichen dem gegenseitigen Ufer zu. Der Kundschafter war ganz erstarrt von dem, was er vernommen hatte, er raffte sich zusammen und ließ sich in die Fluthen nieder, um zum Generale zurückzukehren und der Gluth zu entgehen, welche die Flamme jetzt verbreitete.
    »Nun?« frug der General, als er bei demselben angekommen war.
    »Schnell, Sahib, laß auf diesen Menschen schießen, damit er nicht entkommt!«
    »Warum?«
    »Er ist ein Phansegar.«
    »Alle Teufel! Aber – er ist schon hinüber und aus der Schußweite unserer Gewehre.«
    »So laß ihm schleunigst nachsetzen!«
    »Geht nicht. Dies müßte

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