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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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trauert auch Viola. Sie wirkt wie die glücklichste Frau auf der ganzen Welt, aber sie verlor ihren Mann in Vietnam, und darüber kam sie nicht hinweg. Pater Geary - der Geistliche, von dem ich dir erzählt habe - sieht aus wie der fromme Priester eines sentimentalen katholischen Films aus den dreißiger oder vierziger Jahren, aber als ich ihm begegnete, war er müde und zweifelte an seiner Berufung. Und du … Nun, du bist hübsch und amüsant, scheinst außerordentlich tüchtig zu sein, aber ich hätte nicht geglaubt, daß du so unerbittlich sein kannst. Du erweckst den Eindruck einer Frau, die problemlos durchs Leben schreitet, sich nicht nur für ihre Arbeit interessiert, sondern auch für alles andere, jedoch immer darauf achtet, mit dem Strom zu schwimmen, nie dagegen. Meine Güte, wenn du Blut geleckt hast, bist du wie ein hungriger Wolf.«
    Holly betrachtete das fleckenartige Muster aus Licht und Schatten an der Decke, sie hielt Jims starke Hand. Eine Zeitlang dachte sie über seine letzten Bemerkungen nach. »Worauf willst du hinaus?« fragte sie.
    »Menschen sind immer viel … komplexer, als man zunächst glaubt.«
    »Ist das eine Beobachtung - oder eine Warnung?«
    Diese Frage schien Jim zu verwirren. »Warnung?«
    »Vielleicht gibst du mir zu verstehen, daß du nicht das bist, was du zu sein scheinst.«
    Nach einer langen Pause erwiderte er: »Ja, vielleicht.«
    Holly schwieg ebenfalls. »Ich glaube, es ist mir gleich«, sagte sie dann.
    Jim wandte sich ihr zu, mit einer Scheu, die sie schon seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. Sein erster Kuß war sanft und berauschender als drei Flaschen oder gar drei Kisten Corona.
    Holly begriff erst jetzt, daß sie sich selbst etwas vorgemacht hatte. Sie brauchte das Bier nicht, um ihre Nerven zu beruhigen und einen langen, tiefen Schlaf zu gewährleisten, sondern um genug Mut aufzubringen: Sie wollte Jim verführen oder von ihm verführt werden. Sie fühlte seine tiefe Einsamkeit und hatte ihn auch darauf hingewiesen, doch jetzt merkte sie, daß sie vielleicht noch einsamer war als er; nur ein Teil ihrer Trostlosigkeit ging auf den Umstand zurück, daß der Journalismus überhaupt keinen Reiz mehr aus sie ausübte. Während meines Lebens als Erwachsene bin ich praktisch immer allein gewesen, dachte sie. Daran liegt es.
    Zwei Pyjamahosen und ein Oberteil verschwanden, lösten sich auf wie Kleidung in einem erotischen Traum. Mit wachsender Erregung glitten Hollys Hände über Jims Leib, erstaunt darüber, daß der Tastsinn so intensive Gefühle vermitteln, eine derartige Sehnsucht wecken konnte.
    Sie hatte geradezu lächerlich romantische Vorstellungen in Hinsicht auf den ersten Geschlechtsakt mit Jim. Eine verklärte, mädchenhafte Fantasie zeigte ihr einmalige Leidenschaft, sanfte Zärtlichkeit und heißen Sex in perfekter Balance, Muskeln, die einmal in sublimer Harmonie zitterten, dann einen atemberaubenden Kontrapunkt bildeten; die Bewegungen der Lenden kündeten von gegenseitiger Hingabe; zwei Menschen, die eins wurden, die jene äußere Welt aus Vernunft und Ratio verließen, um durch eine innere zu gleiten, die nur aus Empfindungen bestand; kein falsches Wort erklang, und jedes Seufzen ertönte genau zum richtigen Zeitpunkt; die beiden Körper schienen miteinander zu verschmelzen, paßten sich dem mysteriösen Rhythmus jener Gezeitenkräfte an, die Ebbe und Flut des Universums bestimmten; die Vereinigung ging über alles Biologische hinaus, wurde zu einer mystischen Erfahrung.
    Hollys Erwartungen fanden natürlich keine Entsprechungen in der Wirklichkeit. Die Realität war zärtlicher, feuriger und weitaus besser als ihre Fantasie.
    Sie schliefen wie Löffel in der Schublade: Hollys Bauch an Jims Rücken, ihre Lenden an seinem warmen Po. Stunden später, in den Sphären der Nacht, die für gewöhnlich - aber jetzt nicht mehr - besondere Einsamkeit brachten, erwachten sie gleichzeitig, als sie den Ruf erneuerten Verlangens hörten. Jim drehte sich zu ihr um, und sie hieß ihn willkommen. Diesmal bewegten sie sich noch hektischer, als sei ihre Lust nicht geringer geworden, sondern stärker und intensiver. Das erste Mal war wie eine Dosis Heroin gewesen, die im Süchtigen nur den Wunsch nach mehr weckte.
    Als Holly in Jims wundervolle Augen sah, hatte sie zunächst den Eindruck, in das Feuer seiner Seele zu blicken. Dann ergriff er sie an den Seiten, hob sie halb von der Matratze und glitt tief in sie hinein. Sie spürte ein heftiges Brennen und dachte an die

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