Die Kälte Des Feuers
sich ein Bier und nahm wieder Platz.
Holly kam zu dem Schluß, daß sie erste Fortschritte erzielte.
Oder bereitete Ironheart eine Falle für sie vor?
War es ein Trick, beim Bier zu plaudern? An seiner Intelligenz konnte kein Zweifel bestehen.
Vielleicht wollte er sie unter den Tisch trinken.
Nun, in dem Fall stand ihre Niederlage bereits fest, Holly würde lange vor ihm unter dem Tisch enden!
»Sie wollten, daß ich Sie finde«, wiederholte sie.
Er schwieg.
»Und wissen Sie, warum Sie wollten, daß ich Sie finde?«
Er blieb still.
»Sie wollten, daß ich Sie finde, weil Sie mich tatsächlich für erfrischend hielten, weil Sie der einsamste und traurigste Mann diesseits von Hardrock, Missouri, sind.«
Ironheart gab keine Antwort. Er war ein ausgezeichneter Schweiger und hatte die einzigartige Fähigkeit, genau zum richtigen Zeitpunkt nichts zu sagen.
»Sie lassen den Wunsch in mir entstehen, Sie zu schlagen«, bemerkte Holly.
Jim schwieg.
Die vom Alkohol geweckte Zuversicht in Holly verflüchtigte sich, und sie spürte, daß sie erneut zu verlieren begann. Einige Runden lang hatte sie nach Punkten gewonnen, doch jetzt drohte ihr ein Knockout durch Ironhearts Schweigen.
»Warum gehen mir diese Box-Metaphern durch den Kopf?« fragte sie. »Ich hasse Boxen.« Jim nippte an seinem Bier und deutete dann auf Hollys noch immer zu zwei Dritteln gefüllte Flasche. »Wollen Sie wirklich alles trinken?«
»Und ob.« Sie spürte bereits eine gewisse Benommenheit, war jedoch noch immer nüchtern genug, um zu begreifen, daß sich ihr jetzt die Möglichkeit bot, Ironhearts psychischen Schild zu durchstoßen. »Wenn Sie mir nicht von jenem Ort erzählen, bleibe ich hier sitzen und trinke, bis ich eine fette, verlotterte alte Alkoholikerin werde. Ich sterbe hier im Alter von zweiundachtzig Jahren, mit einer Leber so groß wie Vermont.«
»Ort?« Jim musterte sie verwirrt. »Was für ein Ort?«
Jetzt. Holly senkte die Stimme und flüsterte, um eine noch größere Wirkung zu erzielen. »Die Windmühle.«
Ironheart fiel nicht vom Stuhl, und es wirbelten ihm auch keine Zeichentricksterne um den Kopf, aber Holly sah deutlich, daß er zutiefst erschüttert war.
»Sie sind in der Windmühle gewesen?« fragte er.
»Nein. Existiert sie wirklich?«
»Wenn Sie das fragen … Wieso wissen Sie dann überhaupt davon?«
»Träume. Ich habe von einer Windmühle geträumt. In jeder der drei letzten Nächte.« Jim erblaßte. Die Glühbirne über dem Tisch brannte nicht; sie saßen im Schatten. Das einzige Licht stammte aus der Küche und von einer Lampe im Wohnzimmer. Trotzdem bemerkte Holly in aller Deutlichkeit, wie Ironheart erbleichte. Sein Gesicht schwebte in der Düsternis vor ihr wie der ovale Flügel einer schneeweißen Motte.
Der Alptraum war nicht nur außergewöhnlich, sondern hatte auch so erschreckend echt gewirkt - ganz zu schweigen davon, daß ihr ein Teil des Grauens nach dem Erwachen ins Motelzimmer gefolgt war -, daß sie eine Verbindung mit Jim Ironheart zu erkennen geglaubt hatte. Zwei Begegnungen mit dem Paranormalen innerhalb derart kurzer Zeit mußten miteinander in Zusammenhang stehen. Trotzdem empfand Holly eine seltsame Erleichterung, als Jims schockierte Reaktion ihre Vermutung bestätigte. »Kalksteinwände«, sagte sie. »Hölzerner Boden. Eine schwere, eisenbeschlagene Holztür, dahinter eine Wendeltreppe mit Kalksteinstufen.
Eine gelbe Kerze auf einem blauen Teller.«
»Schon seit vielen Jahren träume ich davon«, murmelte Jim. »Ein- oder zweimal im Monat.
Bis zu den letzten drei Nächten. Aber wie können wir den gleichen Traum haben!«
»Wo befindet sich die Windmühle?«
»Auf der Farm meiner Großeltern. Im Norden von Santa Barbara. Im Santa Ynez Valley.«
»Haben Sie dort etwas Schreckliches erlebt?« Ironheart schüttelte den Kopf. »Nein, ganz und gar nicht. Ich liebte jenen Ort. Er war wie ein … Refugium für mich.«
»Warum wurden Sie dann blaß, als ich ihn erwähnte?«
»Bin ich das?«
»Stellen Sie sich eine Albinokatze vor, die eine Maus verfolgt und sich hinter der nächsten Ecke plötzlich einem Dobermann gegenübersieht. So blaß.«
»Nun, wenn ich von der Windmühle träume, so ist damit immer irgend etwas Grauenhaftes verbunden …«
»Darauf brauchen Sie mich nicht extra hinzuweisen. Aber wenn sich bei Ihnen angenehme Erinnerungen auf die Mühle beziehen - warum erscheint sie dann in Alpträumen?«
»Keine Ahnung.«
»Geht das schon wieder los?«
»Ich weiß
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