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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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gewinnen. In einem unendlichen Universum kam daher das Leben im wesentlichen einem Traum gleich. Wenn man in einer Situation, die mit unmittelbarem Tod drohte, über so etwas nachzudenken begann, versetzte man seiner psychischen Stabilität einen harten Schlag.
    Bumm-Bumm-BUMM, Bumm-Bumm-BUMM …
    Holly konnte sich nicht von der Stelle rühren.
    Sie wartete.
    Das dreifache Pochen verklang wieder.
    Holly ließ den angehaltenen Atem entweichen und preßte sich neben dem Fenster an die Wand. Ihre Furcht galt jetzt nicht mehr dem Kalkstein, sondern in erster Linie Jim Ironheart. Sollte sie ihn wecken, wenn der sonderbare Herzschlag nicht zu hören war? Vielleicht weilte der Feind nur in seinem Traum - und damit in ihm -, wenn das Pochen erklang?
    Innerlich hin und her gerissen, starrte sie auf den Block in ihren Händen. Einige Blätter waren zurückgerutscht und verdeckten den Blick auf die ER LIEBT DICH HOLLY / ER WIRD DICH TÖTEN HOLLY-Litanei. Statt dessen sah sie die Liste der Geretteten, daneben die prahlerischen Erklärungen des Freundes, mit denen er ihre Bedeutung beschrieb.
    Sie las >Steven Aimes< und dachte daran, daß der Freund während ihrer Gespräche nicht auf die Frage geantwortet hatte, warum dieser Mann vor dem Tod bewahrt worden war. Holly erinnerte sich deshalb an ihn, weil sein Alter siebenundfünfzig - weit über das der anderen Personen hinausging. Die Worte unter dem Namen richteten ihr nicht nur die Nackenhaare auf, sondern formten eine Lanze aus Eis, die sie durchbohrte.
    Jim - beziehungsweise die Wesenheit - hatte Steven Aimes nicht gerettet, weil ihm eine Zukunft als großer Diplomat, großer Künstler oder großer Arzt bevorstand. Er war nicht gerettet worden, weil er wichtige Beiträge für das Wohlergehen der Menschheit leisten würde. Die Erklärung bestand aus elf Worten, aus den schrecklichsten elf Worten, die Holly jemals gelesen hatte: WEIL ER WIE MEIN VATER AUSSIEHT, DEN ICH NICHT GERETTET HABE. NICHT >wie Jims Vater< oder >den er nicht gerettet hat<, wie es die Wesenheit ausgedrückt hätte. MEIN VATER. DEN ICH NICHT GERETTET HABE.
    Das unendliche Universum dehnte sich weiter aus, und nun entstand eine ganz neue Möglichkeit, offenbarte sich in den bedeutungsvollen Worten, die Steven Aimes Rettung kommentierten. Es ruhte kein Raumschiff auf dem Grund des Teichs. Es verbarg sich kein Außerirdischer auf der Farm, weder seit zehntausend Jahren noch seit zehn Tagen. Der Freund und der Feind existierten wirklich, aber sie waren nicht die Hälften, sondern jeweils das Drittel einer gespaltenen Persönlichkeit. Drei Teile, die eine Wesenheit bildeten, eine Wesenheit mit enormer, wundervoller und erschreckender Macht, eine Wesenheit, die einerseits göttlich anmutete und andererseits ebenso menschlich war wie Holly. Jim Ironheart. Jim, der als Zehnjähriger eine entsetzliche Tragödie erlebte. Jim, der das Trauma überwand, indem er Fantasievorstellungen von raumfahrenden Göttern entwickelte. Ein verrückter und gefährlicher Jim - der gleichzeitig gesund und liebevoll sein konnte.
    Holly wußte nicht, woher die Macht stammte, die er zweifellos besaß, oder warum er sich gegen die Erkenntnis sträubte, daß sie in ihm wohnte und nicht etwa von einer extraterrestrischen Präsenz kam. Sie begriff nun, daß alles von ihm ausging, daß sich das Mysterium in ihm verbarg und nicht etwa im Teich, aber dadurch ergaben sich mehr Fragen als Antworten. Die Gründe dafür blieben ein Rätsel, aber wenigstens kannte Holly jetzt die Wahrheit. Später - wenn sie überlebte - bekam sie vielleicht Gelegenheit, die letzten Schleier von dem Geheimnis zu ziehen.
    Bumm-Bumm-BUMM, Bumm-Bumm-BUMM …
    Näher. Aber nicht nahe.
    Holly versteifte sich unwillkürlich und wartete darauf, daß sich das Pochen wiederholte und lauter wurde.
    Jim bewegte sich im Schlaf. Er schnaufte und schmatzte leise, wie ein ganz gewöhnlicher Schläfer. Aber sein Bewußtsein bildete drei Persönlichkeiten. Mindestens zwei von ihnen verfügten über immense Fähigkeiten, und eine war in höchstem Maße gefährlich. Sie kam nun.
    Bumm-Bumm-BUMM …
    Holly stand noch immer vor der Wand, den Rücken an kühlen Kalkstein gepreßt. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals empor, und irgend etwas schnürte ihr die Kehle zu. Sie konnte kaum mehr schlucken.
    Das dreifache Pochen verklang.
    Stille.
    Vorsichtig schob sich Holly an der gewölbten Mauer entlang. Kleine Schritte. Zur Seite. In Richtung der eisenbeschlagenen Tür. Sie wich nur weit genug

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