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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Scheibenwischer.
    »Ich glaube an die in der Bibel erwähnten Wunder, ja«, erklärte der Priester und hielt den Blick auf die Straße gerichtet. »Ich bin davon überzeugt, daß sie sich wirklich zutrugen. Aber ich bezweifle, ob irgendeine Statue der Jungfrau Maria in einer Kirche von Cincinnati, Peoria oder Teaneck nach den Bingospielen am vergangenen Mittwoch echte Tränen weinte, die nur von zwei Jugendlichen und der Putzfrau beobachtet wurden. Es erscheint mir lächerlich, daß ein von Glühwürmchen an eine Garagenwand projizierter Jesusschatten die drohende Apokalypse ankündigt. Gottes Wege sind unerfindlich, aber für gewöhnlich verzichtet er darauf, Seine Botschaften mit dem Licht von Leuchtkäfern auf Garagenwänden zu übermitteln.«
    Der Priester schwieg wieder. Jim wartete und fragte sich, worauf er hinauswollte.
    »Als ich Sie vor dem Altargeländer in der Kirche fand«, fuhr Geary fort, und seine Stimme klang fast gepreßt, »wies Ihr Körper die Wundmale Jesu Christ! auf. In jeder Hand gab es ein Nagelloch …«
    Jim starrte auf seine Hände hinab und sah keine Wunden.
    »Ihre Stirn war so zerkratzt, als hätten Sie eine Dornenkrone getragen.«
    Ironhearts Gesicht war noch immer in einem so verheerenden Zustand, daß ein Blick in den Rückspiegel sinnlos blieb. Wenn die von dem Priester erwähnten geringfügigen Wunden tatsächlich existierten, so verloren sie sich in der Vielzahl schorfiger Blasen, die an den Sonnenbrand erinnerten.
    »Ich … fürchtete mich«, gestand Geary ein. »Und gleichzeitig war ich fasziniert.«
    Sie erreichten eine mehr als zehn Meter lange Betonbrücke, und Jim beobachtete braune Fluten, die den tiefen Arroyo vollkommen füllten. Ein See hatte sich geformt und schwappte über den Straßenrand. Geary fuhr einfach weiter. Wasser spritzte, reflektierte das Licht der Scheinwerfer und bildete kurzlebige Bugwellen auf beiden Seiten.
    »Ich habe noch nie zuvor Stigmata gesehen«, sagte der Priester, als sie den überschwemmten Bereich hinter sich zurückließen. »Ich kenne das Phänomen nur aus Berichten. Nun, ich knüpfte Ihr Hemd auf … betrachtete die Seite - und fand die entzündete Narbe einer Speerwunde.«
    Die Ereignisse der vergangenen Monate waren so voller Überraschungen und Rätsel gewesen, daß sich Jim kaum mehr über etwas wunderte. Doch die Worte des Priesters berührten den Kern seines Selbst, und er schauderte unwillkürlich.
    Geary flüsterte jetzt nur noch: »Die Male verschwanden, als ich Sie in die Pfarrei brachte und ins Bett legte. Aber ich weiß, daß ich sie mir nicht eingebildet habe. Es gab sie wirklich, und ich sah sie als Zeichen dafür, daß Sie etwas Besonderes sind.«
    Es flackerten längst keine Blitze mehr. Am dunklen Himmel fehlte der Schmuck aus greller Elektrizität, die spinnwebartige Muster bildete. Der Regen ließ nun ebenfalls nach.
    Pater Geary gab Gas und schaltete die Scheibenwischer eine Stufe herunter.
    Eine Zeitlang herrschte neuerliche Stille im Wagen. Schließlich räusperte sich der Priester. »Haben Sie so etwas schon einmal erlebt? Die Stigmata, meine ich.«
    »Nein. Ich glaube nicht. Andererseits - auch diesmal weiß ich nur davon, weil Sie mich darauf hinwiesen.«
    »Die Male an den Händen fielen Ihnen nicht auf, als Sie vor dem Altargeländer das Bewußtsein verloren?«
    »Nein.«
    »Aber ich nehme an, dies ist nicht Ihre einzige ungewöhnliche Erfahrung in der letzten Zeit.«
    Das leise Lachen Jims gründete sich nicht etwa auf Erheiterung, sondern auf humorlose Ironie. »Nein, ganz sicher nicht.«
    »Möchten Sie mir davon erzählen?«
    Ironheart dachte darüber nach, bevor er antwortete: »Ich möchte schon. Aber ich kann nicht.«
    »Ich bin Priester. Sie dürfen mir vertrauen. Selbst die Polizei kann mich nicht zwingen, Auskunft zu geben.«
    »Oh, ich weiß, Pater. Meine Sorge gilt keineswegs der Polizei.«
    »Wem oder was dann?«
    »Wenn ich Ihnen alles erzähle … kommt der Feind«, sagte Jim und runzelte die Stirn, als er diese Worte hörte. Jemand anders schien sie mit Hilfe seiner Zunge zu formulieren.
    »Welcher Feind?«
    Jim starrte in die dunkle Wüste. »Ich weiß es nicht.«
    »Der Feind, den Sie während der letzten Nacht im Schlaf erwähnten?«
    »Vielleicht.«
    »Sie meinten, er würde uns alle töten.«
    »Ja, das stimmt.« Jim holte tief Luft, er war noch mehr an seinen Antworten interessiert als der Priester, die ihm erst dann klar wurden, wenn er sie aussprach. »Wenn er mich entdeckt, wenn er

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