Die Kälte in dir (German Edition)
Trennung von Louise verstärkte diese Wesensänderung gravierend. Bruno fand keine Freude mehr, egal was er tat, beruflich oder privat.«
Er hielt inne. Betrachtete Kristina eine Weile, während er etwas abwog, was ihm durch den Kopf ging.
»Sie kommen aus Waiblingen«, stellte er fest und schmunzelte. »Kurz bevor das mit Brunos privaten Schwierigkeiten begann, hatten wir dort unser bislang größtes Projekt abgeschlossen. Ich wette, Sie kennen es!«
Worauf will er hinaus?
Kristina konnte diese Art der Theatralik nicht leiden, aber sie stellte fest, dass sie bei Gentner darüber hinwegsehen konnte.
»Sie arbeiten darin«, löste er das Rätsel auf, und das war allerdings eine Überraschung.
»Sie und Schwarz haben unser Präsidium entworfen?«
»Ja, unglaublich, nicht wahr? Die Pläne sind von uns, wir bekamen nach der Ausschreibung damals den Zuschlag. Bruno war immens stolz darauf.«
Sie überlegte, wie gehaltvoll diese Information für den Fall war. Kannte Schwarz einen Weg, über den er ungesehen ins Präsidium gelangte? Vorbei an all den Kameras und Sicherheitsschleusen.
Das ist doch absurd, oder?
Sie schüttelte den Kopf und forderte den Architekten auf, mit seinem Bericht über Schwarz fortzufahren. »Ihr Kompagnon begann sich zu verändern«, half sie ihm, den Faden wieder aufzunehmen.
»Ja. Er wurde immer unzugänglicher. Hinzu kam die Appetitlosigkeit, die ein gebrochenes Herz eben mit sich bringt. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich dabei zusehen, wie er jeden Tag magerer wurde.« Betroffenheit legte sich bei diesen Worten über die Züge des Architekten.
»Sagt Ihnen der Name Hannes Achterberg etwas?«
»Hannes, ja, auch einer, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe … Ihm ist doch nicht auch etwas passiert?«
Ich versetze ihn in ein Auf und Ab der Gefühle
, dachte sie und schüttelte den Kopf. Die Tatsache, dass der Architekt den Biologen kannte, überraschte sie kaum noch. »Woher kennen Sie sich?«
Erneut kramte er in seiner Erinnerung und bekam dabei dieses Leuchten in den Augen. »Wir spielten zusammen Fußball, und dann hatten wir damals diese Pokerrunde. Ich glaube sogar, dass das Hannes’ Idee war. Er meinte, man würde beim Kartenspiel weniger schwitzen als beim Kicken, und die Schienbeine sind hinterher auch weniger blau. Na ja, das war auch so eine Sache, die mit Brunos Abgang auseinanderfiel.«
»Sie haben Achterberg in letzter Zeit nicht getroffen?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie machen mir ein schlechtes Gewissen. Ich weiß, er hat ein Labor in der Innenstadt. Es wäre ein Einfaches gewesen, mal vorbeizuschauen«, resümierte er.
Kristina musste daran denken, wie sträflich sie ihre eigenen Freunde und Bekannten in den letzten Monaten vernachlässigt hatte.
»Die Arbeit nimmt zu viel Raum im Leben ein. Das wird einem nur viel zu selten bewusst«, sprach er ihre Gedanken aus.
Kristina ertappte sich dabei, wie sie ihm nickend zustimmte. Für sie gab es nichts anderes mehr. Jetzt, da sie sich nicht einmal mehr in ihr Auto setzen konnte, um dem kleinen Rest Freiheit entgegenzurasen. Weg von ihrem Job, ihrem Leben als Kommissarin, den Regeln und Konventionen, bestenfalls hinein in andere Universen. Sobald der Serientäter gefasst war, würde sie Urlaub nehmen. Egal, was kam. Vielleicht sollte sie Nikolaus Gentner vorschlagen, es ihr gleichzutun. Ihn fragen, ob auch er die Berge mochte.
Sie strich sich über die Stirn, als könne sie mit dieser Geste den verführerischen Gedanken fortwischen, der ohnehin nur ein pubertärer Einfall war.
Nach zwei tiefen Atemzügen nahm sie den Faden ihrer Befragung wieder auf. »Kennen Sie auch Dr. Arthur Lorenz?«
Diesmal verneinte der Architekt. Es sah nicht so aus, als litte er unter Schilddrüsenüberfunktion oder auch an einer anderen Krankheit. Wahrscheinlich nicht einmal an Einsamkeit, so wie sie es tat. Gerne wäre sie noch etwas geblieben. Doch sie hatte genug gehört und keinen rationellen Grund mehr, den Mann noch länger von der Arbeit abzuhalten. Sie trank das Glas aus und ging zur Tür. Eine Bewegung, die den Architekten aus seiner nachdenklichen Pose riss.
Kristina verabschiedete sich unter dem Vorbehalt, sich nochmals zu melden, falls weitere Fragen auftauchten. Der übliche Sermon, dem eine letztes aufmunterndes Augenzwinkern von Gentner folgte.
Den Kopf voller Hinweise und neuer Rätsel trat sie hinaus auf die Straße.
Der Mann, der immer dünner wurde.
Einer verschmähten Liebe wegen, die ihn letztlich in die
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