Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
Vom Netzwerk:
anvertraut. Das Mordopfer hatte eine drastische Veränderung seines Lebens geplant. Wollte wieder schlank sein, sich bewegen, ausbrechen aus der Trostlosigkeit, die sie seit dem Tod ihrer Familie gefangen hielt. Alles deutete darauf hin, dass sie auf einem guten Weg gewesen war, bevor ihr Mörder dieser Euphorie ein jähes Ende gesetzt hatte.
    »Kennen Sie Egon Osswald oder Bruno Schwarz? War einer dieser beiden wegen einer vergleichbaren Stoffwechselstörung bei Ihnen in Behandlung?«
    Lorenz schüttelte den Kopf.
    Wenn man bedachte, wie viele Leute draußen in seinem Wartezimmer ausharrten, und dies aufs Jahr hochrechnete, dann musste er die Namen seiner unzähligen Patienten erstaunlich gut im Gedächtnis haben, um so schnell zu verneinen.
    »Sind Sie sicher?«, hakte sie nach.
    »Die beiden sind doch nicht auch …?«
    »Darüber kann ich nun wiederum nicht sprechen«, gab Kristina zurück.
    »Ich kann in den Krankenakten nachsehen«, bot er an und gab über eine Gegensprechanlage die Namen an seine Arzthelferin weiter. »Ein klein wenig Geduld«, entschuldigte er sich, wohl in der Hoffnung, er hätte damit seine Pflicht erfüllt.
    »Sie könnten in der Zwischenzeit meinem Kollegen ein frisches Pflaster verpassen«, schlug Kristina vor.
    Dr. Lorenz sah sie überrascht an, zögerte kurz, stand dann aber auf und bat Daniel, sich auf die Pritsche zu setzen. Der wirkte nicht minder überrumpelt und befolgte die Anweisung des Arztes.
    Lorenz zitterte, als er das Pflaster über Daniels Braue entfernte. »Warum wurde das nicht geklammert?«, fragte er kopfschüttelnd, ohne dass er eine Antwort bekam.
    »Das muss gemacht werden«, raunte er, machte zwei Schritte in Richtung Schreibtisch, blieb nochmals stehen und nestelte in seinen Kitteltaschen herum. Dann ging er zur Tür und rief seine Arzthelferin zu sich.
    »Ela, nimm den jungen Herrn bitte mit und versorg die Wunde!«
    »Haben Sie Egon Osswald oder Bruno Schwarz in der Patientenkartei gefunden?«, fragte Kristina dazwischen.
    Lorenz wechselte mit seiner Angestellten einen Blick, und sie verneinte. Danach verschwand sie mit Daniel in einem Nebenzimmer. Der Arzt wirkte erleichtert, als sich auch Kristina verabschiedete, um im Gang auf Daniel zu warten. Gemeinsam verließen sie fünf Minuten später die Praxis.
    »Komischer Kauz«, fasste Daniel die Visite bei Dr. Lorenz auf dem Weg zurück zum Wagen zusammen.
    »Ja. Für meinen Geschmack ein bisschen zu nervös und schnell mit der Antwort. Hat die Arzthelferin noch was gesagt?«
    »Wie kommst du darauf, dass ich sie ausgefragt habe?«
    »Weil ich dich kenne«, antwortete Kristina.
    Daniel seufzte. »Sie wollte wissen, wieso wir den Doc interviewen, und nachdem ich erwähnte, dass es um eine Zeugenbefragung bei einer Mordermittlung geht, waren ihre Hände auch nicht mehr die ruhigsten, während sie meine Wunde reinigte. Klar, dass einen so was aufbringt, aber als sie mich konkret fragte, was Schwarz damit zu tun hat, kam mir das schon so vor, als wüsste sie, wer gemeint war.«
    Kristina sah auf die Uhr. Am liebsten wäre sie noch mal umgekehrt und hätte sich mit der Arzthelferin unterhalten. Wie viel Zeit blieb ihr noch, bis Decher sie vermisste, weil sie nicht im Büro am Computer saß und Personendaten abglich? Sie hätte zumindest Sonja und Ralf einweihen sollen. Noch war kein Anruf auf ihrem Handy.
    »Lorenz verbirgt etwas«, resümierte Daniel.
    Der Wagen parkte in der Nähe des Hauptbahnhofs, und die Großbaustelle im Herzen der Stadt sorgte für das gewohnte nachmittägliche Verkehrschaos. Sie gerieten mitten in den beginnenden Feierabendverkehr.
    »Mag sein«, antwortete sie endlich.
    Aber reichte der Verdacht gegen den Arzt aus, um Decher umzustimmen und ihr eine gründliche Personenüberprüfung oder womöglich gar eine Observation zu genehmigen? Die Faktenlage war äußerst dünn. Und wenn rauskam, wie eigenmächtig sie gehandelt hatte, würde er ihr zu allererst den Chauffeur entziehen.
    Im Wagen roch es immer noch nach Motorschmiere, und die Hitze im Innenraum potenzierte den Gestank zusätzlich. »Bah! Daniel, verflucht, was hast du hier drin gemacht?«
    Er senkte beide Seitenscheiben ab, um für Durchzug zu sorgen, doch die Dunstglocke über dem Stuttgarter Kessel rührte sich keinen Millimeter.
    »Wie machen wir weiter?«, fragte er, statt eine Antwort zu geben.
    Kristina betrachtete ihn aufmerksam. Mit dem ordentlichen Pflaster sah er wieder einigermaßen manierlich aus. Doch da war etwas in seinem

Weitere Kostenlose Bücher