Die Kälte in dir (German Edition)
von Ihrem Kumpel hören!«
Thorwald Decher war nicht im Präsidium. Er war auf der Jagd, wie man Kristina ausrichtete. Nach wem, konnte niemand sagen.
Sie setzte sich an ihren Computer und rief sich die neuesten Berichte auf. Ralf Winkler hatte ein Gespräch mit Doreen Mezgers Vater geführt. Der Mann machte keinen Hehl daraus, dass er wusste, wer in seiner Nachbarschaft gewohnt hatte. Vermochte jedoch auch glaubhaft zu belegen, dass er zuerst in die Gegend gezogen war. Außerdem litt er mit seinen achtundsechzig Jahren an starker Arthritis und konnte sich nur noch sehr eingeschränkt bewegen. Er schied als Täter aus, worüber Kristina froh war. Sie empfand Sympathie für die Bäuerin und hätte es bedauert, die Frau und ihre Familie noch tiefer in diese Ermittlungen hineinziehen zu müssen.
Ralf hatte endlich auch Daten von Osswalds Bank erhalten. Laut seinem Bericht waren in den letzten Wochen keine auffälligen Aus- und Eingänge zu verzeichnen. Auch die Abrechnungen der Kreditkarten zeigten nichts Ungewöhnliches. Tanken, Einkäufe via Internet, vorwiegend Lebensmittel, die per Lieferservice bestellt wurden. Nichts Spektakuläres, abgesehen von einer Position auf dem ersten Kontoauszug.
Kristina blätterte weiter und stellte fest, dass diese vierstelligen Beträge in relativ regelmäßigen Abständen an eine Detektei in Stuttgart gegangen waren. Falls Osswald nicht noch weitere Geheimnisse verborgen gehalten hatte, war das vermutlich die Quelle gewesen, mit deren Hilfe er seine Liste auf dem Laufenden gehalten hatte. Es gab keinen Vermerk, ob schon jemand mit dem Privatermittler gesprochen hatte. Kristina vermutete jedoch, dass das der Grund für die Abwesenheit des SoKo-Leiters war. Das verschaffte ihr Zeit.
Im Vergleich zu den Bankauszügen des pensionierten Managers sahen die von Carola Walz äußerst trostlos aus. Man gestand ihr nicht einmal einen Dispo zu, und zum Monatsende war das Konto jedes Mal leer geräumt. Wie hatte diese Frau über eine teure Schönheitsoperation auch nur nachdenken können?
Kristina war drauf und dran, bei Sampo nachzuhaken, wie weit er mit dem ominösen Schlüssel war. Aber sie wusste, dass er sich umgehend melden würde, wenn er etwas herausbekommen hatte, und sie wollte ihn nicht nerven.
Auch Schwarz war durchaus vermögend. Er hatte an seinen Bauprojekten sehr gut verdient und allem Anschein nach nicht auf großem Fuß gelebt. Durchaus ebenfalls ein Kandidat, bei dem sich eine Erpressung lohnte, immer vorausgesetzt, dem Täter waren die Besitzverhältnisse bekannt, und es gab etwas, womit er sich erpressen ließ. Schwarz hatte in jüngster Zeit keine auffälligen Summen von seinen Konten abgehoben. Ins Auge sprang nur eine Transaktion von 5 0 000 Euro, vor etwa zwei Monaten, die an einen Hannes Achterberg ging.
Kristina klickte weiter zur nächsten Akte und bekam das Fahndungsfoto von Jakub Piecek auf den Bildschirm, das sie von seiner Frau ausgehändigt bekommen hatte. Im Gegensatz zu seiner Frau war er stämmig. Hatte der Pole gleichfalls ein Stoffwechselproblem?
Nach der Unterhaltung mit Hilger wurde die Behauptung von Ilona Piecek zunehmend glaubwürdiger. Hatte Jakub, ähnlich wie Carola Walz, begonnen, hinter dem Rücken seiner engsten Vertrauten ein neues Leben zu planen? Durch eine Erpressung? Hatte Piecek neben Schwarz auch Osswald erpresst? Waren dafür die 9 0 000 Euro in seinem Safe gewesen? Wofür sollte der Alte zahlen? Wofür der Architekt? Es gab bislang keine Indizien, die die beiden Männer mit illegalem Müllhandel in Verbindung brachten. Und warum endeten beide Übergaben mit dem Tod? Weshalb musste Walz sterben?
Weil sie den Täter kannte.
Kristina kam nicht umhin, Hilger vorzuladen, um seine Aussage zu Protokoll zu bringen. Sie hatte nur noch keine Ahnung, wie sie das Aufspüren des Mechanikers erklären sollte, ohne Daniel hineinzuziehen.
Die Probleme wurden nicht weniger. Selbst wenn eine Erpressung der Auslöser für die Morde war, was hatte es mit den Verstümmelungen auf sich?
Damit war sie wieder zu dem Thema gelangt, das für sie immer mehr in den Mittelpunkt dieser Morduntersuchung rückte. Kristina betrachtete das Foto, auf dem Piecek weder verschlagen noch gefährlich aussah. Das mochte daran liegen, dass er in die Kamera seiner Frau gelächelt hatte. Eine Feststellung, die Kristina ein wenig enttäuschte. Doch wie sollte sie wissen, was sich hinter der Fassade dieses Mannes abspielte, solange sie nur dieses digitale Abbild vor sich
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