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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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hatte?
    Hatte sich Jakub auf eine andere Art von Geschäft spezialisiert, die so bizarr war, dass er selbst seinen Freund Alfred Hilger nicht einzuweihen wagte?
    Es gab einen florierenden Markt für Leichenteile. Augäpfel von Toten waren auf dem Schwarzmarkt wegen der Hornhäute äußerst gefragt. Diese ließen sich problemlos transplantieren und wurden gegen erkranktes Hornhautgewebe ausgetauscht. In Krankenhäusern standen deshalb vermehrt Mitarbeiter der Pathologie unter dem Verdacht, sich damit ihr Gehalt aufzubessern.
    Doch gab es tatsächlich einen Markt für Körperfett? Zumindest im Bereich der plastischen Chirurgie schien ja offenbar kein Bedarf zu bestehen.
    Kristina musste noch einmal mit Arthur Lorenz reden.
    Selbst wenn dieses Fett einen Abnehmer fand – warum musste Piecek dafür töten, wenn man das Zeug aus der Abfalltonne einer Schönheitsklinik holen konnte? Oder war Fett nicht gleich Fett? Erfüllte das Zeug aus den Reiterhosen von cellulitisgeplagten Damen nicht die Qualitätsstandards für eine medizinische Weiterverwendung? Manövrierte sie sich mit diesen Überlegungen in eine Sackgasse?
    Vor ihrem Fenster tauchte die sinkende Sonne den Stadtpark in leuchtende Rottöne. Es war spät. Durch das Glas in der Trennwand der Büros sah Kristina, dass auch Sonja Lachenmeier noch an ihrem Schreibtisch saß. Nach dem überraschenden Führungswechsel hatte sich noch keine Gelegenheit ergeben, sich mit ihr auszutauschen.
    Kristina erhob sich und ging ins Nachbarzimmer. Sonja blickte auf und lächelte. Sie sah mitgenommen aus. Ihr braunes, schulterlanges Haar hatte sie lieblos hinter die Ohren geklemmt.
    »Besser, du machst Feierabend«, empfahl Kristina.
    »Würde dir auch nicht schaden«, erwiderte die Kommissaranwärterin, nahm die Brille ab und rieb sich die roten Stellen rechts und links des Nasenrückens.
    »Ich habe nur noch die aktuellen Berichte gelesen.«
    »Und ich habe meinen letzten für heute gerade abgespeichert«, entgegnete Sonja.
    Kristina zeigte Interesse. »Wozu hat Decher dich verdonnert?«
    »Ich habe mich erneut mit dem Galeristen unterhalten. Er konnte leider auch diesmal nicht mehr dazu beitragen, Klarheit in Bruno Schwarz’ letzte Nacht zu bringen. Der Architekt kam allein, hielt sich im Hintergrund oder, besser gesagt, hauptsächlich in der Nähe des Buffets auf und verschwand gleich nach dem offiziellen Teil.«
    »Wer hatte ihn eingeladen?«
    »Der Veranstalter selbst. Schwarz scheint ein angesagter Vertreter seiner Zunft gewesen zu sein. Der Galerist wirkte ernsthaft betroffen, auch wenn er den Architekten persönlich nicht kannte. Es war herauszuhören, dass er es bedauerlich fand, dass Schwarz sein Talent mit dem Bau von Ferienanlagen verschwendete. Wie beliebte er sich auszudrücken?
Die moderne, anspruchsvolle Architektur hat einen Meister verloren.
«
    Da war etwas in Sonjas Bericht, das Kristinas Aufmerksamkeit erregte. Aber der Gedanke war zu schnell, um ihn fassen zu können. Im selben Moment fiel ihr ein, dass sie einen erneuten Anruf bei Louise Osswald tätigen musste. Außerdem spukte Daniels Bild in ihrem Kopf herum. Sie hoffte, sie hatte ihm keinen Floh ins Ohr gesetzt …
    Der Rotschopf ging zu Fuß durch die in spätabendliches Licht getauchten Straßen und die Treppen hinauf auf die Halbhöhen des Stuttgarter Nordens. Damit entstieg er dem aufgeheizten Kessel, ohne seinen Verfolger zu bemerken.
    Dr. Arthur Lorenz bewohnte ein Haus in der Nähe des Chinesischen Gartens. Beste Wohnlage, mit Blick über die Stadt und rüber nach Degerloch, wo über allem der Fernsehturm als goldglänzende Nadel in den dunkelroten Abendhimmel ragte.
    Eine Observierung würde Kristina aufgrund der Faktenlage nicht genehmigt bekommen, aber was Daniel in seiner Freizeit anstellte, war natürlich seine Sache. Gestern war es noch undenkbar gewesen, dass er ihr einen Gefallen tat, aber jetzt sah die Sache anders aus. Er wusste, wie es sich anfühlte, wenn einem niemand mehr etwas zutraute. Deshalb rannte er Lorenz hinterher.
    Allerdings musste er sich eingestehen, dass er sich beschissen fühlte. Mittlerweile hatte er eine komplette Blisterpackung Aspirin intus und dadurch einen schmerzlich übersäuerten Magen. Und das Adrenalin, das seit Beginn der Beschattung von Lorenz durch ihn hindurchraste, unterdrückte die Symptome einer möglichen Gehirnerschütterung. Das Stresshormon trieb ihn voran und hinterließ ein Gefühl, als hätte er Kokain in der Blutbahn.
    Er war nicht stolz

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