Die Kälte in dir (German Edition)
konnte sie sich den Vormittag über damit beschäftigen.
»Hast du die relevanten Fakten auch in Kurzfassung?«, fragte sie daher.
Sampo spitzte die Lippen, als hätte er das erwartet. »Auch wenn noch keine hundertprozentige Gewissheit besteht, gehe ich davon aus, dass alle drei Morde von derselben Person begangen wurden, auch wenn keiner der Tatorte eindeutige Spuren aufweist. Eine Identifikation über DNA -Material wäre, selbst wenn wir eine Vergleichsprobe hätten, nicht hieb- und stichfest. So gesehen hatte der Mörder unverschämtes Glück. Am Ort des ersten Verbrechens waren es die Wetterkapriolen und der lange Zeitraum bis zur Auffindung des Opfers, die keine verwertbaren Spuren übrig ließen. Beim zweiten Tatort haben das Feuer und die Löscharbeiten alles Brauchbare vertilgt. Und beim letzten der Fluss.« Er zuckte mit den Schultern. »Trotzdem gehe ich persönlich nicht davon aus, dass unser Mörder diese Vorgehensweise beabsichtigt hatte. Abgesehen von der Brandlegung. Vielleicht ist das der Knackpunkt. Bei Carola Walz hielt er es nicht einmal für notwendig, ihre Brieftasche an sich zu nehmen. Beim zweiten Opfer hat der Täter dem Zufall nachgeholfen. Gut, ein Brand legt sich nicht von allein, und der Obduktionsbericht schließt nicht aus, dass der zerstörte Kiefer von einem Sturz kommt. Trotzdem würde ich mich fragen, warum der Architekt eine andere Behandlung erfahren hat als Osswald oder die Frau.«
Kristina nickte. Das war ein berechtigter Einwand. Sollte ihnen die Identifikation von Schwarz erschwert werden?
»Der Täter kannte sich zweifelsohne aus, zumindest was den Wertstoffhof und die örtlichen Gegebenheiten in der Talaue anging«, fuhr Sampo fort. »Leider haben sich immer noch keine verlässlichen Zeugen gemeldet«, warf er ein. »Er hat es verstanden, nicht nur unerkannt, sondern auch ungesehen zu bleiben. Das ist schon äußerst ungewöhnlich, gerade in Bezug auf den letzten Mord, der tagsüber am belebten Remsufer geschehen ist.«
»Die Zeitungsmeldung ist erst heute zu lesen. Ich gehe davon aus, dass im Laufe des Tages eine Menge Anrufe reinkommen«, entgegnete Kristina, und dann fiel ihr Blick auf die Schlagzeile des Schmierblatts auf ihrem Schreibtisch.
»Ich hab’s gesehen«, nickte Sampo. »Hast du eine Ahnung, wer das war?«
»Du doch auch, oder?«, erwiderte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Ich kenne ihn kaum. Das zu beurteilen bleibt allein dir überlassen.«
Thorwald Decher hatte die Ermittler versammelt und hielt das Boulevardblatt anklagend in die Höhe.
»Der Remstalschlächter! Das hier beschert uns einen zusätzlichen Berg Arbeit. Die Kolleginnen und Kollegen in der Telefonzentrale sind bereits am Stöhnen. Das Aussieben wirklich relevanter Informationen und Aussagen ist praktisch nicht mehr effektiv zu leisten. Ich setze mich umgehend mit dem Staatsanwalt und dem Pressesprecher zusammen, um den bereits entstandenen Schaden mit einer objektiven Darstellung unserer Ermittlungsergebnisse so weit wie möglich zu entschärfen. Wobei ich nicht viel Hoffnung hege, die Bevölkerung jetzt noch beruhigen zu können. Oberkommissarin Reitmeier und ihr Team werden sich heute, und wenn nötig in den nächsten Tagen, ausschließlich auf die Auswertung der eingehenden Anrufe konzentrieren. Nach dem unglücklichen Ausgang der Pressekonferenz gestern ist es sicher auch in Ihrem eigenen Interesse, wenn ich Sie etwas aus der Schusslinie nehme. Der Rest von Ihnen weiß, was zu tun ist. Halten Sie mich auf dem Laufenden!«
Damit waren sie aus der Besprechung entlassen.
Das hat er sich ja schön ausgedacht.
Ralf und Sonja sahen ebenfalls nicht sonderlich entzückt über das aus, was ihnen der Hauptkommissar aufgebrummt hatte. Kristina begleitete die beiden in ihr Büro.
»Es tut mir leid, ich nehme das auf meine Kappe«, begann sie.
Zwar schüttelten beide gleichzeitig die Köpfe, die vorwurfsvollen Blicke sagten aber das Gegenteil.
»Ich kläre das«, versprach sie, ohne jedoch zuversichtlich zu klingen.
Was konnte sie groß ausrichten? Falls Daniel die Schlagzeile zu verantworten hatte, musste sie ihn rausschmeißen. Die Folge war bekannt, und das wussten auch Lachenmeier und Winkler. Kristina war niemand, der acht Stunden auf dem Hintern hocken konnte, um Ermittlungsakten zu sondieren. Dass die beiden wegen ihrer Chefin nun selbst Innendienst schieben mussten, war schlimm genug. Sollte rauskommen, dass der Maulwurf in ihrer Abteilung saß, würde man sie schlimmstenfalls
Weitere Kostenlose Bücher