Die Kaempferin
aufgewühlt. Der Thron spürt Euch, nimmt Euch wahr, aber etwas Derartiges ist noch nie geschehen, weil keine Regentin je in der Lage war, nach Venitte zu kommen. Die Verbindung ist nicht stark genug, um Euch ausfindig zu machen, sehr wohl aber, um gespürt zu werden.« Er verstummte und starrte eine Zeit lang über das Wasser des Hafens, ehe er sich wieder mir zuwandte.
»Die Sieben finden, dass ich Euch vertrauen soll. Ich weiß, dass die beiden Throne verbunden waren. Ich konnte den Verlust des Geisterthrones sogar hier in Venitte fühlen; ich habe den Schmerz gespürt, als er zerstört wurde. Wenn das, was Ihr über die Chorl sagt, wahr ist, wenn es stimmt, was Tristan und Brandan über die Schlacht in Amenkor und über das Gefecht auf dem Meer während der Fahrt hierher berichten, werden die Begabten dieser Stadt entscheidend für ihre Verteidigung sein. Ich möchte, dass Ihr uns bei den Vorbereitungen helft. EuerHauptmann kann General Daeriun und seine Männer unterstützen. Ihr könntet mir mit den Begabten helfen.«
Mit ernster Miene blickte ich ihm unverwandt in die blauen Augen. »Selbstverständlich, Fürst Sorrenti.«
Er nickte. Dann scharte er sein Gefolge um sich und verschwand in der Menschenmenge am Kai.
Keven, Avrell und ich standen am Dock und schauten ihm nach.
»Wenigstens wissen wir jetzt mit Sicherheit, dass Fürst March und die anderen die Bedrohung durch die Chorl ernst nehmen und sich darauf vorbereiten«, meinte Keven. Dann verlagerte sich sein Blick. »Sieht so aus, als hätte jemand auf unsere Rückkehr gewartet.«
Ich folgte seinem Blick und sah William am Ende des Docks stehen.
»Lasst uns herausfinden, was er will«, sagte ich.
»Kapitän Bullick hat es vor ein paar Tagen bemerkt und mich darauf aufmerksam gemacht«, erklärte William, als wir den Kai entlang zu dem Dock gingen, das für Bullick und den Rest der Schiffe Amenkors zur Verfügung gestellt worden war. Die Menschenmenge war so dicht, dass wir beschlossen hatten, auf die Kutschen zu verzichten. »Seither behält er das Treiben des Handelsschiffes sorgsam im Auge.«
»Und was hat er dabei beobachtet?«, erkundigte sich Avrell.
»Ein Muster, das keinen Sinn ergibt.« Als er Avrells gereizten Blick sah, fügte er hinzu: »Ich lasse es besser Bullick selbst erklären.«
Mittlerweile hatten wir das Ende des Amenkor-Piers erreicht. Catrell hatte eine Gruppe von Gardisten hiergelassen, die den Zugang zur Trotzig und den umgebauten Chorl-Schiffen überwachten, doch wir kamen ungehindert vorbei. Der Hauptmannder Truppe nickte uns zu und machte das Zeichen des Geisterthrones vor der Brust, als wir vorbeigingen; dann schloss die Linie sich wieder hinter uns.
Wir fanden Bullick in seiner Kabine, einem spärlich ausgestatteten Raum, kaum größer als die Kabine, die sich Marielle, Trielle und ich auf der Reise hierher geteilt hatten. Bullick saß hinter einem Schreibpult, das in die Wand geklappt werden konnte – eigentlich nur ein Brett mit Stützbeinen, die in zwei Einkerbungen im Boden einrasteten. Vor ihm lag ein Logbuch mit einem Federkiel und einem breitbauchigen Tintenfässchen daneben. Das Fässchen stand in einer Vertiefung in der Schreibpultoberfläche, damit es auf See nicht verrutschen konnte. Als ein Matrose unsere Ankunft ankündigte, schloss Bullick das Logbuch und verstaute es in einer bereitstehenden Truhe.
Sobald er William erblickte, befahl er dem Matrosen: »Bring Klappstühle für die Regentin und ihre Gäste, Byron.«
»Ja, Herr.«
Während wir warteten, sagte er: »Ich vermute, es geht um Fürst Demasques Handelsschiffe?«
William nickte verkniffen. »Und um das, was ich bei der Händlergilde herausgefunden habe.«
Byron, der Matrose, kam mit einem weiteren Besatzungsmitglied zurück, und sie stellten die Stühle auf. Bullick holte aus einem Schrank eine Schiffskaraffe voll Rum und Gläser und schenkte uns allen ein.
Bullick teilte die Gläser aus und setzte sich. »Ich weiß nicht, ob es überhaupt von Bedeutung ist, aber da wir nach der Ankunft gezwungen waren, an Bord zu bleiben, gab es nicht viel zu tun, außer das Kommen und Gehen der Schiffe zu beobachten.«
»Und was habt Ihr dabei festgestellt?«, fragte ich.
Bullick zögerte, als wäre er immer noch unsicher, ob er überhaupt etwas sagen sollte. Dann trank er einen Schluck Rum und beugte sich mit entschlossener Miene vor. »In jedem Hafengibt es einen bestimmten Ablauf, einen Takt, in dem Schiffe ankommen, ihre Fracht entladen, neue
Weitere Kostenlose Bücher