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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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über die schwarzen Wellen des Meeres geblickt hatte, in Richtung der Inseln der Chorl und auf das, was dahinterliegen mochte. Und ich dachte an die Schiffe, die Borund in Amenkors Hafen baute. Stärkere Schiffe. Größere Schiffe.
    Ein Meer, das wir nicht überqueren konnten … noch nicht.

    »Sind wir bereit?« Garus wandte sich mir mit angespannter Miene zu. Sein Mund bildete eine schmale Linie. Hinter ihm stand Seth, auf dessen Gesicht derselbe Ausdruck lag. Als sie den Raum betraten, hatten sie noch gezankt. Sie stritten nach wie vor darüber, ob die Throne erschaffen werden sollten. »Bist du bereit, Cerrin? Du bist derjenige, der dies hier leitet.«
    »Ich finde immer noch, dass es unnötig ist«, murrte Alleryn. »Die Chorl haben sich weit aufs Meer hinaus zurückgezogen.«
    »Und du hast die Hälfte der Begabten auf deine Seite gezogen«, spie Liviann hervor, »obwohl wir vereinbart hatten, dass dies nicht mit ihnen zu besprechen sei. Es gab keinen Grund, sie einzuweihen, bevor die Throne erschaffen werden.«
    Alleryn kochte vor Zorn. »Ich habe das anders gesehen. Genau wie Seth und Atreus.«
    »Also hast du den Wünschen des Rates der Sieben zuwidergehandelt«, sagte Liviann in höhnischem Tonfall.
    »Nein. Ich habe deinen Wünschen zuwidergehandelt. Du verkörperst nicht den ganzen Rat, Liviann.«
    Liviann errötete vor Wut und hob eine Hand. Ich wusste nicht, was sie vorhatte, konnte aber spüren, wie ihre Macht sich ballte.
    Doch ehe der Streit ausufern konnte, rief Garus: »Genug!«
    Atreus und ich zuckten zusammen; Silicia krümmte sich. Seine Stimme hallte mit solcher Kraft durch die Ratskammer, dass das kalte, weiße Licht der Feuer flackerte.
    Liviann erstarrte. Ihr Arm blieb ausgestreckt. Ich sah, wie er zitterte, und sah den inneren Kampf auf ihrem Gesicht, als sie versuchte, sich zusammenzureißen. Ihre Macht pulsierte rings um sie her, bereit, entfesselt zu werden. Alleryn stand mit steifem Rücken da, die Hände in die Ärmel ihres Gewandes gesteckt. Sie hatte ihre Macht nicht aufgerufen; dennoch konnte ich sie unterschwellig spüren, stets in Reichweite.
    Der Augenblick dehnte sich, und die Anspannung wuchs. Niemand wagte zu atmen.
    Dann ließ Liviann den Arm sinken.
    »Gut«, sagte Garus, wobei eine unverhohlene Warnung in seiner Stimme mitschwang. Er wandte sich mir zu, wie alle anderen auch. »Was müssen wir tun, Cerrin?«
    Zweifel überkamen mich, doch ich verdrängte sie: Ich war der Erschaffer und stand im Begriff, etwas Neues, Mächtiges hervorzubringen, ob es nun gegen die Chorl eingesetzt wurde oder nicht.
    Ich holte tief Luft, richtete den Blick auf die Throne, die in der Mitte der Obsidiankammer standen, und sagte: »Wir müssen uns um die Throne verteilen.«
    Garus nickte. Die Sieben traten zurück. Liviann und Alleryn trennten sich mit einem finsteren Blick voneinander. Ich hatte die sieben Sitze des Rates von den Begabten an die Ränder des Raumes zurückschieben lassen, sodass nur die beiden Throne in der Mitte der Kammer blieben: zwei Throne, jeder aus Granit gehauen, grob, schmucklos und rein zweckmäßig. Die Steinarbeit zeigte keine Feinheit; es gab keine geglätteten Oberflächen, kein Zierwerk, denn es war nutzlos, da es nichts zum eigentlichen Gebilde hinzufügte und keine Macht besaß.
    Und letzten Endes würde es keine Rolle spielen. Die Throne würden jede Gestalt annehmen, die sie annehmen wollten.
    Jede Gestalt, die ich wollte.
    In der Mitte der Obsidiankammer streckte ich den Arm aus und fuhr mit der Hand über den rauen Granit.
    »Du solltest schnell machen«, raunte Garus leise neben mir. »Ich bin nicht sicher, wie lange die Einigkeit währt.«
    »Es wird nicht lange dauern«, erwiderte ich und zog die Hand zurück.
    Garus entging der Beiklang der Endgültigkeit, der in meiner Stimme mitschwang. Oder vielleicht hörte er ihn, wollte aber lieber nicht darauf achten, so wie alle Sieben in den vergangenen Monaten nicht darauf geachtet hatten.
    Er trat zurück und nahm mir gegenüber neben Seth, seinemPartner, seinen Platz ein. Sie sprachen nicht miteinander, nahmen einander nicht einmal zur Kenntnis.
    Dann stand ich in der Mitte der Kammer, umgeben von den anderen. Ich begegnete ihren Blicken und nickte Atreus zu, die verhalten zurücklächelte. Silicia wirkte gelangweilt. Alleryn mied meinen Blick, während Liviann lächelte, den Kopf gesenkt. Doch der Ausdruck in ihren Augen, die Glut darin, die Gier, ließ mich schaudern. Ihr Hunger nach den Thronen und ihrer

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