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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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Explosion grollte in der Ferne, und ein riesiger Steinblock wurde himmelwärts geschleudert. Aber noch stürzte der uralte Wall nicht ein. Er war dicker als die Mauern Amenkors und hatte Tausenden von Angriffen standgehalten. Gegen die Chorl allerdings würde er nicht bestehen. Diesmal würde er fallen. Denn die Chorl hatten gelernt, sich zu verbinden.
    Verwirrung breitete sich in der Menge aus und wogte durch das benommene Schweigen. Unruhe machte sich breit. Angst schlich sich in die Verwirrung, dunkel und heimtückisch.
    »Seht!«, rief der als Ibis verkleidete Mann, der auf Stelzen ging. Sein gefiederter Arm deutete nach Norden, über den Wall hinaus. »Jemand greift die Stadt an!«
    Sorrenti warf dem Vogelmann einen grimmigen Blick zu; dann wirbelte er zu mir herum und wollte etwas sagen …
    In diesem Moment rissen sich die Chorl – eine ganze Phalanx blauhäutiger Krieger, gehüllt in Festgewänder – die Masken von den Gesichtern und schleuderten ihre bunte Kleider von sich, unter denen gekrümmte, in Scheiden steckende Schwerterzum Vorschein kamen. Die mehr als hundert Chorl-Krieger füllten die Mitte des Steingartens aus.
    Als ihr Anführer sein Schwert zog, brach die Menge in Panik aus.
    Binnen eines Atemzugs geriet der ganze Platz in Bewegung. Der Vogelmann schrie gellend auf, als die Festgäste die Flucht vor den Chorl ergriffen und seine Stelzen rammten. Mit fuchtelnden Armen kippte er zur Seite und verschwand in der Menge. Lose Federn schwebten hinter ihm her zu Boden. Über das schrille Kreischen der Flüchtenden hinweg hörte ich Erick einen Befehl brüllen. Ich spürte, wie Panik durch den Fluss schwappte, eine überwältigende Woge reiner Gefühlsausbrüche. Ich konnte fühlen, wie Fürst Sorrenti, dicht gefolgt von Brandan, einen Schritt auf mich zukam.
    Dann umringten mich die Gardisten Amenkors mit Erick und den anderen an der Außenseite – einen Lidschlag bevor die panischen Festbesucher den Ring von Sorrentis Wachen durchbrachen und uns überrannten.
    Sie prallten mit solcher Wucht gegen uns, dass meine Gardisten zurückgestoßen wurden. Einer der Männer rammte mir seinen Ellbogen mit voller Wucht gegen die Wange. Ich zischte vor Schmerz und verspürte ein Stechen in der Brust, wo der Pfeil des Meuchlers mich getroffen hatte. Dann wurde ich mit solcher Kraft gegen den Gardisten hinter mir geschleudert, dass es mir für einen Moment den Atem raubte und meine Arme taub wurden, sodass ich meinen Dolch nicht ziehen konnte. Währenddessen schob die Menschenmasse uns bald hierhin, bald dorthin. Im Gedränge der Leiber wurde es heiß und erstickend, und es stank nach Schweiß. Einer der Soldaten brüllte eine Warnung, und mir wurde klar, dass die Schwerter bereits gezogen und mit blanken Klingen gezückt waren, doch niemand in der Menge hörte auf ihn. Die Gesichter der Menschen waren kreidebleich, die Augen vor Furcht weit aufgerissen.
    Binnen weniger Atemzüge schmeckte ich in nächster NäheBlut im Fluss. Ich spürte, wie etwas Weiches unter meine Füße rollte, als ich zur Seite gestoßen wurde, und hörte einen Gardisten fluchen. Durch das Gedränge der Arme und Rüstungen spähte ich zu Boden und erhaschte einen flüchtigen Blick auf ein Frauengesicht mit langem dunklem Haar und leichenblasser Haut. Eine schief sitzende, halb eingerissene Katzenmaske bedeckte die Hälfte des toten Gesichts …
    Dann rempelte jemand mich heftig von links und schleuderte mich zur Seite. Ich verlor das Gleichgewicht und geriet zwischen die Körper der Gardisten. Ich schrie, denn ich wusste, dass die Männer mich auf dem Steinpflaster zertrampeln würden wie die Frau mit der Katzenmaske …
    Dann packte jemand meinen Arm und riss mich hoch.
    »Da hast du noch mal Glück gehabt«, sagte Erick.
    »Wir müssen zu den Toren!«, rief ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Das schaffen wir nie. Auf den Straßen wimmelte es von Menschen, und die Menge ist in Panik.«
    Ich fluchte, zuckte zusammen, als mich ein weiterer Ellbogen in die Seite traf, und dachte krampfhaft nach.
    Erneutes Kreischen aus Richtung der Chorl ließ mich zusammenschrecken. Es war ein grausiges Geräusch. Ich hörte, wie Klingen durch die Luft zischten, und spürte das Schaudern, als Metall in Fleisch drang und Knochen zerschmetterte. Blut trübte den Fluss, und der Geschmack von Kupfer wurde so durchdringend, dass ich würgen musste.
    Die Chorl schlachteten die Menschen auf dem Platz regelrecht ab.
    »Wo ist Sorrenti? Wo sind die anderen? Avrell?

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